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Donnerstag, April 25, 2024
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    Es gibt eine Welt zu gewinnen

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    Vor 175 Jahren ging das “Kommunistische Manifest” in Druck. Es ist eines der bekanntesten politischen Werke der Weltgeschichte und ist noch heute aktuell im Kampf für eine andere Gesellschaft. – Ein Kommentar von Julius Strupp

    Vor 175 Jahren, am 21. Februar 1848, ging das Manifest der Kommunistischen Partei in London in Druck. Dabei handelt es sich um das erste ausführliche Grundlagendokument der kommunistischen Weltbewegung. Maßgebliche Urheber waren Karl Marx und Friedrich Engels, zwei der wichtigsten kommunistischen Theoretiker und die damals führenden Figuren der revolutionären Weltbewegung.

    Wohin im Klassenkampf?

    Als das Kommunistische Manifest geschrieben wurde, nahmen die Arbeiter:innenbewegung und überhaupt der Kapitalismus erst ihren Anfang. Zwar gab es Gewerkschaften, Streiks und andere Klassenkämpfe. Jedoch gab es wenige wirkliche Alternativen zur Gesellschaft der Ausbeutung und Unterdrückung.

    Und wenn, bestanden diese meist in utopischen Ansätzen wie der Schaffung von kleineren Kommunen. Andere machten die Maschinen für die Übel dieser Zeit verantwortlich und es sich zum Auftrag, diese zu zerstören.

    Marx und Engels gingen einen anderen Weg: Das Kommunistische Manifest analysiert in kurzer und wissenschaftlicher Form, wie der Kapitalismus entstand und wie er durch den Gegensatz von Kapitalist:innenklasse (Bourgeoisie) und Arbeiter:innenklasse (Proletariat) geprägt ist. Dabei sahen sie im Kampf der Arbeiter:innenklasse den Weg, die Gesellschaft grundlegend zu verändern. Den Weg zu einer klassenlosen Gesellschaft sahen sie also geradezu in einer Ergreifung der Macht durch das Proletariat.

    Dabei definierten sie auch die Rolle der Kommunist:innen und ihre Haltung zur Arbeiter:innenbewegung sowie ihre Ziele und deren Entstehung aus einer wissenschaftlichen Analyse der Gesellschaft heraus:

    „Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.

    Der nächste Zweck der Kommunisten ist derselbe wie der aller übrigen proletarischen Parteien: Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat. Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung.“

    Begann das Werk noch mit den bekannten Worten: „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“, so stehen an seinem Ende eine konkrete Analyse, eine kompakte Vorstellung von Zielen und Auffassungen der Kommunist:innen. Diese bestehen für Marx und Engels nicht etwa in zuckersüßen Träumen. Stattdessen machten sie aus der kommunistischen Weltanschauung eine wissenschaftliche, die tatsächlich zum Erfolg führen kann.

    Ist der Spuk vorbei?

    Das zeigte sich auch schon wenige Jahre später: 1871 wurde mit der Pariser Kommune der erste Anlauf zu einer Herrschaft der Arbeiter:innenklasse gewagt. 1917 folgte mit der russischen Oktoberrevolution in Russland der erste erfolgreiche Versuch. Zur gleichen Zeit kämpften auch die Arbeiter:innen in Deutschland, Ungarn und anderen Ländern für die Revolution.

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    In den 40er-Jahren folgten die erfolgreichen Partisanen-Bewegungen und die Chinesische Revolution, in denen Kommunist:innen zu großen Teilen auch eine führende Rolle einnehmen konnten. Doch spätestens seit dem Untergang der damals schon wieder kapitalistisch gewordenen Sowjetunion scheint der Kommunismus oberflächlich nicht mehr die Anziehungskraft von einst zu entwickeln.

    Oft wird erzählt, er sei zwar eine gute Idee gewesen, die sich in der Praxis aber einfach nicht durchsetzen lasse. Nicht selten wird sogar behauptet, eine Klassengesellschaft gäbe es heute überhaupt nicht mehr.

    Das Gespenst geht noch immer um!

    Tatsächlich leben wir aber auch noch heute in einer kapitalistischen Klassengesellschaft. Das sehen wir jeden Tag, wenn wir uns umschauen: Großkonzerne fahren Rekordprofite ein, während die Löhne nicht steigen, Großmächte streiten global für ihre Unternehmen um neue Absatzmärkte und Produktionsstandorte, noch immer kämpfen die Arbeiter:innen für eine Verbesserung ihrer Lage.

    Und wenn wir uns noch weiter umschauen, können wir sehen, dass nicht wenige von ihnen das alles noch immer unter der roten Fahne des Kommunismus mit dem Ziel der Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft tun. So spielen die Kommunist:innen in der demokratischen Revolution in Nordsyrien (Rojava) eine besonders vorantreibende Rolle und waren auch bei der Organisierung von Solidarität gegen die Folgen des jüngsten Erdbebens ganz vorne mit dabei. Und es sind auch die Kommunist:innen, die sich weigern, im Ukraine-Krieg Partei für die eine oder andere unterdrückerische Großmacht zu nehmen.

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    Für eine sozialistische Alternative!

    Die Ideen von Marx und Engels haben sich natürlich auch weiter entwickelt. Dazu haben insbesondere die Erfahrungen im Klassenkampf des 20. Jahrhunderts beigetragen. Das wäre aber auch ganz in ihrem Sinne gewesen: Selbst am kommunistischen Manifest haben sie nach den Erfahrungen der Pariser Kommune Veränderungen vorgenommen – eben weil ihre Theorie eine sich entwickelnde ist und keine statische Träumerei, wie es in den Schulen hierzulande gelehrt wird.

    Bei alledem bleibt dennoch vieles und vor allem eins immer noch richtig: Die kapitalistische Klassengesellschaft überwindet man nur durch Klassenkampf und den Aufbau einer neuen Gesellschaft: Eine Gesellschaft, in der die Arbeiter:innen die Macht übernehmen und die wir als sozialistisch bezeichnen. Marx und Engels sahen in ihr eine Vorform oder frühere Phase einer kommunistischen Gesellschaft.

    Heute ist es an der Zeit, sich die Ideen von Marx und Engels noch einmal anzuschauen und den Kommunismus nicht allzu schnell abzuschreiben. Denn was soll noch passieren, wenn nicht schon die aktuellen Kriegsvorbereitungen und die Kriegs- und Krisenpolitik der kapitalistischen Regierungen uns bereits zeigen, dass wir dringend einen anderen gesellschaftlichen Weg brauchen? Es ist an der Zeit, einen neuen Anlauf zu wagen! Denn wie es schon im Manifest der Kommunistischen Partei heißt: Wir haben nichts zu verlieren als unsere Ketten! Wir haben eine Welt zu gewinnen!

    • Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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