Minister:innen der EU sind im Gespräch, um die Flüchtlingspolitik der EU zu vereinheitlichen. De facto heißt das: Die Minister:innen planen, die `Fortress Europe` noch stärker abzuschotten und Asylsuchenden gar nicht erst ein Verfahren in der EU zu ermöglichen.
Innenministerin Nancy Faeser lotete vergangene Woche im Gespräch mit fünf anderen europäischen Ministerinnen und Ministern Möglichkeiten für „Kompromisse“ zur Vereinheitlichung der Flüchtlingspolitik der EU aus. Bei diesem Anlass nannte sie auch „hohe Zäune und Mauern“ als Lösung für die aktuellen Fluchtbewegungen. Wir erinnern uns: Sie hatte ihr Amt angetreten mit dem Versprechen, eine humanere Flüchtlingspolitik durchzusetzen.
In der Realität liegt jetzt ihr Fokus auf einer europäischen Flüchtlingspolitik, in der es darum geht, Migranten fernzuhalten – und dafür soll vor allem die EU-Kommission sorgen. Druck bekam sie unter anderem von ihrem Amtskollegen Söder, der ihr drohte, sollte sie nicht bald konkrete Lösungen vorschlagen.
Imperialismus als Ursache für die Fluchtbewegung
Der „Freundeskreis Flüchtlingssolidarität“ schreibt dazu: „Ganz im Sinne dieser Politik wurde trotz Widerspruch die Abschiebung angeordnet von Flüchtlingen nach Afghanistan, wo die Taliban an der Macht das Volk brutal unterdrücken und die Frauenrechte mit Füßen treten. Wer mit Taliban kollaboriert, kann keine Fluchtprobleme lösen!
Mauern und Zäune können die Menschen nicht davon abhalten, zu fliehen, auch nicht aus Nordafrika übers Mittelmeer nach Italien! Italiens faschistische Regierungschefin Giorgia Meloni fordert – ebenso wie CDU-Vize-Vorsitzender Jens Spahn – Asylverfahren gleich auf afrikanischem Boden abzuwickeln. Die EU gibt Staaten wie Tunesien Geld dafür, die Migration zu stoppen. In Tunesien wird mittlerweile Jagd auf Flüchtlinge gemacht! EU-Präsidentin Ursula von der Leyen hat zwar den Standpunkt der EU verteidigt: Ihre Behörde bezahlt keine Mauern und Zäune. Aber sie zahlt für Wachtürme, Kameras, elektronische Sicherungsanlagen.
Wo bleibt die Verteidigung der Menschenrechte und Achtung der Genfer Konvention? Wir sind für eine Anerkennung aller Flüchtlinge auf antifaschistischer Grundlage und die Bekämpfung der Fluchtursachen, nicht der Flüchtlinge. Imperialismus ist die Ursache der wachsenden Flüchtlingsströme!“
Seenotrettung verhindert
In den vergangenen fünf Tagen sind 6.564 Migrant:innen an Italiens Küste registriert worden, so viele, wie im gesamten ersten Quartal des vorigen Jahres mit 6.543 Menschen. Insgesamt sind seit dem 1. Januar dieses Jahres mehr als 27.000 Menschen angekommen und gleichzeitig gab es viele Tote, die man hätte retten können: „Wir wissen, dass in diesem Moment Dutzende von Booten direkt vor der Insel in Seenot geraten sind, aber wir werden daran gehindert zu helfen. Das ist inakzeptabel!“ schreibt die Besatzung des deutschen Rettungsschiffs LOUISE MICHEL auf Twitter.
Undokumentiert und weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit spielen sich vor Nordafrikas Küste dramatische Szenen ab, wenn Libyens Küstenwache Boote teilweise mit Waffengewalt von der Weiterfahrt abhält. Wie viele von denen, die es auf hohe See schaffen, nicht lebend in Europa ankommen, weiß niemand. „Entweder wacht Europa auf oder es verliert seine Existenz. Europa erlegt den Italienern Opfer auf bei Autos, Wohnungen und Steuern. Es sollte uns jetzt endlich unter die Arme greifen, denn Lampedusa, Triest und Ventimiglia sind italienische und europäische Grenzen.“, hetzt Salvini, heute stellvertretender Regierungschef, der in der vergangenen Regierung als Innenminister traurige Berühmtheit erlangt hat wegen seines Kreuzzugs gegen private Seenotretter-Organisationen.
Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität verurteilt die deutsche und die europäische Flüchtlingspolitik, die vermehrten Abschiebungen in Kriegs-, Krisen- und Erdbebengebiete, das Sterben im Mittelmeer durch EU und Frontex und die Zusammenarbeit mit der faschistischen Regierung Italiens und unterstützt die Forderung einer Bewegung in Italien zum Rücktritt der italienischen Regierung.“