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Kostenlose Fußballtickets in Düsseldorf: Nichts weiter als eine Marketing-Finte

Der Fußballverein Fortuna Düsseldorf plant einen großen Coup: Tickets für Stadionbesucher:innen sollen kostenlos werden. Das hat jedoch nichts mit Liebe zu den Fans oder gar Antikapitalismus zu tun. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees.

Am vergangenen Mittwoch stellte Fortuna Düsseldorf in einer viel beachteten Pressekonferenz ein neues Ticket-Model vor. Unter dem Namen „Fortuna für alle“ präsentierten die Vereinsverantwortlichen die Idee, künftig bei allen Heimspielen kostenfrei Tickets für alle Stadionbesucher:innen anbieten zu wollen.

Die Herrenmannschaft von Fortuna Düsseldorf spielt momentan in der zweiten Fußball-Bundesliga, zu den Heimspielen kamen in der laufenden Saison knapp 30.000 Zuschauer:innen. Das Düsseldorfer Stadion, die „Merkur Spiel-Arena“ bietet Platz für insgesamt 54.600 Fans. Momentan kostet ein Ticket im freien Verkauf für das kommende Heimspiel gegen Holstein Kiel z.B. je nach Tribünenplatz zwischen 14 und 45 Euro. In der nächsten Saison plant die Fortuna, das neue Modell bei drei Heimspielen zu testen. Schon in der übernächsten Saison könnten dann sogar alle Heimspiele für alle Fans kostenfrei sein.

Das Echo auf diese Vorankündigung war groß: Es wurde von einer „Revolution“ geschrieben und davon, dass das Düsseldorfer Modell den Fußball auf den Kopf stellen würde.

„Fußball für alle“ ist cleveres Marketing

Tatsächlich ist das das neue Ticketing-Modell aber keine Revolution, sondern lediglich eine Weiterentwicklung von gängigen Marketing-Strategien im Fußballkapitalismus. Das Fan-Bündnis „Unsere Kurve“ begrüßte in diesem Zuge zwar den neuen Ticket-Plan, warnte aber auch vor sich so einschleichenden Werbetricks der Sponsoren. Tatsächlich sitzen bei Heimspielen des FC Bayern zum Beispiel schon seit Jahren komplett in weiß gekleidete Fans auf der Tribüne und bilden ein auch in den Fernsehübertragungen gut sichtbares Telekom-Logo inmitten der Menschenmenge auf der Tribüne – im Gegenzug erhalten die Fans kostenlose Tickets.

Auch in den Düsseldorfer Chefetagen ist nun nicht über Nacht die Liebe zu den Fans oder gar Antikapitalismus erwacht: Bereits bei der Pressekonferenz wurde angekündigt, die fehlenden Ticketeinnahmen durch ein breites Netz aus „strategischen Partnern, die gemeinsam mit uns der Überzeugung sind, dass der Fußball vor allem den Fans gehört und unseren neuen Weg langfristig begleiten“ zu kompensieren. Hinter den schönen Worten stecken nichts anderes als kalkulierte Sponsoreneinnahmen. Für den Verein ist das womöglich sogar besser als der Ticketverkauf: Mit Sponsoreneinnahmen lässt sich besser planen, da sie längerfristig fest vereinbart werden. Außerdem ist wahrscheinlich bei jedem Heimspiel ein volles Stadion garantiert.

Und auch für die Sponsoren lohnt sich das Geschäft: Sie können sich als volksnahe Unterstützer des Breitensports Fußball inszenieren, während sie eigentlich Werbung für ihre Produkte machen. Für die Fans selbst mag zwar das Geld für die Tickets vorerst im eigenen Portemonnaie verbleiben. Anderswo entstehen durch das Mehr an Werbung aber neue Bedürfnisse und das Geld findet auf Umwegen dann doch den Weg zu denjenigen, die diese geweckten Bedürfnisse mit ihren Waren befriedigen, nämlich den Konzernen.

Der Fußballverein ist sodann auch Zugpferd für die ganze Stadt – oder besser gesagt: für die Kapitalist:innen Düsseldorfs. Es wird mehr Betrieb sein, mehr Menschen werden in der Region anreisen, durch den „gesparten“ Ticketpreis wird an anderen Orten in der Stadt der Konsum ansteigen.

Was heißt das also schlussendlich für uns alle: Das System Kapitalismus wird im Fußball durch diese Maßnahme nicht etwa unterwandert oder ausgehöhlt, sondern sogar stabilisiert! Das Düsseldorfer Ticket-Model ist also trügerisch, weil es uns scheinbar etwas Gutes – kostenlose Tickets – tut, während hintenrum unsere Ausbeutung und Unterdrückung zementiert wird.

“One Love”? – Rote Karte für das Kapital!

Im Fußballgeschäft und im Kapitalismus gibt es keine „Guten“

Egal ob es um Stadionumbenennungen, Milliarden-Deals, politische Einflussnahme oder generell Ausbeutung geht: Immer wieder sehen wir, wie durchkapitalisiert der Fußball ist. Oft zeigen gerade Menschen hier in Deutschland mit dem Finger auf die englische Premier League oder auf Paris St. Germain – schließlich äußert sich dort doch der Geldwahn ganz besonders. Aber auch in Deutschland, selbst bei Vorzeige-Antikapitalisten wie Union Berlin oder St. Pauli, regiert das Geld. Kleine, scheinbar antikapitalistische Maßnahmen dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass im kapitalistischen System letztlich immer Ausbeutung und Unterdrückung an der Tagesordnung sind. Die Fußball-Shows haben dabei sogar zusätzlich die Funktion, uns von unserer eigenen abzulenken.

Ja, es gibt die Momente in der Kurve oder vor dem Fernseher, in denen wir mitfiebern und vom Alltag der Lohnabhängigkeit abschalten können. Doch wenn wir uns auf Dauer verschaukeln lassen, werden wir an den ausbeuterischen Verhältnissen nie etwas ändern. Einen Fußball für alle erkämpfen wir uns nur gegen die Geschäftemacher und gegen die Konzerne – niemals mit ihnen!

Mohannad Lamees
Mohannad Lamees
Seit 2022 bei Perspektive Online, Teil der Print-Redaktion. Schwerpunkte sind bürgerliche Doppelmoral sowie Klassenkämpfe in Deutschland und auf der ganzen Welt. Liebt Spaziergänge an der Elbe.

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