Während der Zeit der Militärdiktatur in Brasilien beutete VW einheimische Arbeiter:innen unter sklavenähnlichen Bedingungen aus. Entschädigen will man sie nicht. Stattdessen soll die Konzern-Führung nun rund 27 Millionen Euro mehr unter anderem an Boni bekommen.
1964 putschte in Brasilien das Militär mit Unterstützung des amerikanischen Geheimdiensts CIA. Es folgte eine Phase der Militärdiktatur, unter der Arbeiter:innen wie Revolutionär:innen stark zu leiden hatten.
Schläge und Zwangsarbeit
Ähnlich wie mit Pinochets Chile pflegten deutsche Konzerne auch zu diesem Regime gute Kontakte. Einer von ihnen ist natürlich Volkswagen mit seinem lokalen Ableger “VW do Brasil”. Dieser hatte sich in den 70er-Jahren in den Kopf gesetzt, zu einem der größten Rindfleisch-Produzenten vor Ort zu werden.
Dafür wurden zwischen 1974 und 1986 auf der Rinderfarm “Fazenda Rio Cristalino” Arbeiter:innen unter sklavenähnlichen Bedingungen für Rodungsarbeiten eingesetzt. Leiharbeiter:innen sollen verprügelt worden sein oder in Schuldknechtschaft gearbeitet haben. Obwohl diese Zustände bereits 1983 bekannt geworden waren, nahm die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft erst im Mai 2022 ein Ermittlungsverfahren gegen VW auf.
VW will nichts von der Zwangsarbeit wissen
In der mittlerweile dritten Anhörung zum Fall haben die Vertreter:innen von VW in dieser Woche die Sitzung bei der Bundesstaatsanwaltschaft verlassen und deutlich gemacht, keine weitere Beteiligung an dem Verfahren zu wünschen. Im Raum stand die Zahlung von 165 Millionen Real, umgerechnet ungefähr 30 Millionen Euro, an die Opfer des Konzerns, ihre Angehörigen und für einen Fonds, der weitere von ihnen ausfindig machen soll.
Brasilien: Sklavenarbeitsähnliche Zwangsarbeit bei BASF-Lieferkette
VW ist jedoch der Meinung, keine Verantwortung für die Arbeitsbedingungen auf der “Fazenda Rio Cristalino” zu tragen. Großes Interesse bringt man dem Fall nicht entgegen. Eine von 3.000 deutschen Staatsangehörigen unterzeichnete Petition, die eine Entschädigung fordert, ließ der VW-Vorstand für Integrität und Recht, Manfred Döss, am 24. März lediglich durch einen Pressesprecher entgegen nehmen.
Währenddessen ist für den 10. Mai die Jahreshauptversammlung des Konzerns in Berlin geplant. Dort steht ebenfalls eine Zahlung von fast 30 Millionen Euro im Raum. Entschieden werden soll nämlich, ob die Vorstände des Konzerns noch einmal 27 Millionen in Boni und Zuwendungen oben drauf erhalten.
Ein Problem der Vergangenheit?
VW ist nicht der einzige deutsche Konzern, der sich mit Vorwürfen konfrontiert sieht, Arbeiter:innen besonders scharf auszubeuten. Und es ist ebenfalls nicht so, dass diese Vorwürfe sich alle in der Zeit der Militärdiktatur fallen.
Erst im März wurden 82 Arbeiter:innen aus einer Reisfarm im Bundesstaat Rio Grande do Sul befreit, wo sie unter ständigem Flüssigkeits- und Nahrungsmangel arbeiten und ohne angemessene Schutzkleidung Pestizide versprühen mussten. Vom brasilianischen Arbeitsministerium wird hier die BASF als “tatsächlicher” Arbeitgeber benannt.