Bei der „Fête de la Musique” können sich Menschen bei freiem Eintritt verschiedenste Konzerte anhören. In diesem Jahr kam es zu Einschränkungen und Verboten durch die Polizei. Gegen die Kürzung von sozialen Angeboten im Kulturbereich regt sich aber auch Widerstand.
Seit 1995 wird in Berlin traditionell am 21. Juni zum Sommeranfang die „Fête de la Musique“ gefeiert. Dieses Festival soll Berufsmusiker:innen, vor allem aber auch Amateur:innen die Möglichkeit geben, öffentlich aufzutreten. Hierfür gibt es Ausnahmeregelungen, die es den Musiker:innen erlauben, zwischen 16 und 22 Uhr in der ganzen Stadt aufzutreten – auch auf Straßen, in Parks oder in klassischen Konzert-Locations.
Doch in Berlin Treptow erlebten am Samstag Bands und Konzertbesucher:innnen eine große Enttäuschung und polizeiliche Repressionen.
Einschränkungen und Einschüchterung durch die Polizei
Bereits um 21 Uhr forderten Polizist:innen beispielsweise eine der Bands auf, das Konzert zu beenden.Die folgenden Auftritte wurden mit der Aufforderung, leiser zu spielen, eingeschränkt. Die Polizei war zuvor wegen Lärmbeschwerden von Anwohner:innen gerufen worden. Die Beschwerden kamen ausgerechnet aus dem gentrifizierten Stadtteil Alt-Stralau in Friedrichshain, in dem vor allem reiche Menschen in Eigentumswohnungen wohnen, die bis zu eine Millionen Euro kosten können.
Musiker:innen der Fête de la Musqiue erklärten dazu gegenüber Perspektive, dass es mitunter sehr schwierig sei, die Konzerte offiziell anzumelden. Hierfür brauche es einen Veranstalter. Für ihr unangemeldetes Konzert sei ihnen nun mit 1.000€ Strafe gedroht worden. Zusätzlich müssten Cover-Songs bei der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) angemeldet werden – eine große Hürde, gerade für kleine Bands.
Im Gespräch mit Zuschauer:innen zeigten sich Enttäuschung und Unmut über das Eingreifen der Polizei in die Veranstaltung und Unverständnis darüber, dass das genau am Tag der Fête de la Musique passiere, an dem in der ganzen Stadt Auftritte stattfinden.
Diese Auflagen und Einschränkungen gegenüber Laien-Musiker:innen und Zuschauer:innen, die kostenlos im Park Musik genießen wollen, muss im Kontext der aktuellen Kürzungspolitik Berlins betrachtet werden. Die Sparmaßnahmen, die auch im großen Maße Jugendklubs und Freizeiteinrichtungen betreffen, machen es kleinen Bands und Musiker:innen immer schwerer, live aufzutreten. Für die Musikfans wird es gleichzeitig schwerer, sich Konzerte zu leisten. Dass gerade am Tag der Fête de la Musqiue Konzerte eingeschränkt werden, erschwert nicht-kommerzielle Musik weiter.
Proteste gegen Kürzungspolitik im Kulturbereich
Dagegen regt sich Widerstand in Berlin. Erst letzte Woche veranstaltete das Solidaritätsnetzwerk Berlin zusammen mit dem selbstverwalteten Jugendzentrum Potse und dem Libero e.V. ein Musik- und Kultur-Festival für die Weiternutzung des Jugendkulturzentrums Linse. Dieses war zum Ende des letzten Jahres geschlossen worden, weil der Träger SozDia damit keinen Gewinn mehr erzielen konnte. Seit 7 Monaten kämfen Jugendliche, Nachbar:innen, Musiker:innen und Nutzer:innen deshalb immer wieder für den Erhalt der Linse.
Die Bezirkspolitik, die sich zu einer Reaktion gezwungen sah, beschloss daraufhin im Januar 2024 auf der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg die Sanierung, sowie die Prüfung einer Zwischennutzung des Gebäudes. Bisher lassen die Entscheidungsträger:innen jedoch auf Taten warten.
In einem offenen Brandbrief der Initiative, den bereits mehrere hundert Nachbar:innen, sowie soziale Einrichtungen aus ganz Berlin unterschrieben haben, heißt es dazu:
„Schon um die Schließung der Linse zu verhindern, gab es für den Protest der Nachbarschaft ein Desinteresse von Seiten der Politik. Wir beobachten weiterhin, dass kein ausreichender Wille vorhanden ist, sich um den lohnenden Erhalt der Linse zu bemühen, und dringend notwendiges Handeln immer weiter in die Zukunft verschoben wird. Währenddessen steht das Gebäude der Linse leer. Das ist für uns ein unhaltbarer Zustand, welcher die Weiterführung der Jugendarbeit in der Linse aufs Spiel setzt.
In einer Zeit, in der Jugendarbeit unterfinanziert ist, immer mehr Jugendeinrichtungen in Berlin schließen und Jugendarbeit durch eine vielleicht bald wieder eingeführte Dienstpflicht ersetzt werden könnte, sehen wir [die Jugendstadträtin] Schuler und das Bezirksamt Lichtenberg in der Verantwortung, ihre eigenen Beschlüsse in unserer Einbeziehung und unserem Interesse als Nachbarschaft, Jugendliche und Unterstützer:innen umzusetzen.“