Robert Habeck hat Förderbescheide an über 20 Wasserstoff-Projekte verteilt. Die deutschen Steuerzahler:innen kosten die Unternehmensförderungen acht Milliarden. Außerdem werden Deals mit dem ägyptischen Regime geschlossen.
Am Montag hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Förderungen in Höhe von 7,9 Milliarden Euro für 22 deutsche Wasserstoffprojekte genehmigt. Diese Steuerspritzen für (Groß-)Unternehmen werden zu 30 Prozent von den jeweils beteiligten Bundesländern finanziert, den Rest trägt der Bund. Konkret werden Elektrolyseure, welche die Herstellung von „grünem Wasserstoff“ ermöglichen, Wasserstoff-Pipeline-Projekte, Wasserstoffspeicher und Import-Terminals gefördert.
„Eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur spielt eine Schlüsselrolle, um die Dekarbonisierung der Industrie und des Energiesektors zu ermöglichen“, so Habeck zu den Förderbescheiden. Diese erfolgten im Rahmen der IPCEI-Förderbestimmungen. IPCEI steht dabei für „Important Projects of Common European Interest”, also „wichtige Projekte im gemeinsamen europäischen Interesse“.
Fallen Unternehmen in diese Kategorie – wie etwa in den Bereichen Wasserstoff oder Mikrochips – ist den EU-Mitgliedstaaten eine großzügige Förderung erlaubt. Ein Projekt für eine Nordsee-Pipeline wartet noch auf einen endgültigen Förderbescheid. Über die Förderungen dürfen sich beispielsweise Großkonzerne wie EWE und RWE freuen.
Die Bedeutung von Wasserstoff für die „Transformation“ des deutschen Kapitalismus
Aufgrund des Kriegs in der Ukraine und des voranschreitenden Klimawandels ist der deutsche Staat gezwungen, sich nach alternativen Energiequellen umzusehen. Eine dieser möglichen Energiequellen ist der sogenannte „grüne“ Wasserstoff. Dieser wird durch die Verwendung von Solar-, Windkraft oder anderer erneuerbarer Energien produziert und lässt sich in Gestalt von Ammoniak oder Methanol einfach in flüssige Form überführen. Jedoch benötigt die Herstellung dieses Energieträgers seinerseits viel Energie. Zudem ist die Technologie zur Produktion immer noch nicht gänzlich ausgereift. Dies führt dazu, dass Deutschland bis 2030 maximal 30 Prozent des eigenen Wasserstoffbedarfs selbst decken kann, der Rest muss importiert werden.
Gas und Wasserstoff aus Katar und den VAE – Die Doppelstandards des deutschen Imperialismus
Import der neuen Energiequelle
Der deutsche Staat hat hierbei die besondere Rolle, die Beziehungen zwischen den Unternehmen und Staaten auf- bzw. auszubauen. So wurde eine Liste mit möglichen Zielländern erstellt. Diese Länder umfassen Ägypten, Australien, Chile, Indien, Kanada, Namibia, Saudi-Arabien, Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). In diesen Ländern rechnet man sich günstigere Produktionskosten als in Deutschland aus. Dies mag vor allem auch daran liegen, dass die Wetterbedingungen in diesen Ländern wesentlich besser für Solarenergie geignet sind. Die Länderliste kann jedoch auch darin begründet liegenn, dass Arbeiter:innenrechte in vielen dieser Länder schlechter ausgeprägt sind als in Deutschland.
Für die Produktion von „grünem Wasserstoff“ werden Vorprodukte wie Ammoniak benötigt. Zum Ankauf von Wasserstoffprodukten hat die Bundesregierung 2020 die Stiftung „H2 Global” initiiert. Ihr stehen sechs Milliarden Euro zur Verfügung, um die deutsche Wasserstoffindustrie anzukurbeln. Dafür werden Vorprodukte in Auktionen gekauft.
Den ersten Zuschlag in Höhe von 300 Millionen Euro erhielt nun Ägypten für Lieferungen, die ab 2027 erfolgen sollen. Ägypten ist zudem ein Land, mit dem Deutschland immer stärker zusammenarbeitet – sei es bezogen auf Waffenlieferungen oder Flüchtlingsabkommen. Zudem verläuft durch Ägypten auch der geo-strategisch wichtige Suez-Kanal.
Die EU wünscht sich Auffangzentren für Flüchtende in Ägypten
Dabei gilt das von Abdel Fattah al-Sisi regierte Ägypten als Diktatur: „Die Behörden unterdrücken weiterhin jede Form von Kritik und drangsalierten die Zivilgesellschaft“, so Amnesty International in einem Bericht über die Menschenrechtslage im Land im Jahr 2023. Statt mit dem Putin-Regime werden im grünen Wirtschaftsministerium nun also Deals mit dem durchaus umstrittenen ägyptischen Regime für deutsche Konzerne abgewickelt.
Energieunabhängigkeit als Vorbereitung größerer Konflikte
Einer der wichtigsten Faktoren für die schnelle Umstellung auf „grünen“ Wasserstoff liegt auch darin begründet, dass diese Technologie die deutsche Wirtschaft von Erdgas und Kohle unabhängig machen würde. Das lässt sich auch als ein Teilziel der angestrebten „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands betrachten.
Denn die zuvor alltägliche billige Versorgung mit Erdgas aus Russland ist zumindest mittelfristig aus politischen Erwägungen nicht mehr möglich, und die Alternative LNG (Flüssiggas) ist viel teurer. Zudem verfügt Deutschland selbst nicht über solche Ressourcen, die es bräuchte, um sich selbst autark mit Energie versorgen zu können.
Innerhalb der EU war Deutschland bisher Nachzügler bei dieser Schlüsseltechnologie für eine unabhängigere kapitalistische Energiewirtschaft, zieht aber jetzt nach. So gab es beim IPCEI-Verfahren bisher drei Förderungswellen für Wasserstoffprojekte: So stammten in der dritten Förderungswelle 23 geförderte Projekte aus Deutschland, acht aus anderen EU-Staaten. In der ersten Welle stammten vier von 41 Projekten aus Deutschland, in der zweiten kein einziges von 35.