Seit einigen Tagen finden in mehreren Gebieten in Westen von Frankreich große Proteste gegen den Bau von Wasserspeicherbecken statt. Klimaaktivist:innen und Bäuer:innen protestieren schon seit mehreren Jahren gegen die Gefahr einer zunehmenden Privatisierung von Wasserquellen. Die Polizei setzt im Kampf gegen den legitimen Protest auf Tränengas-Granaten und Einschüchterung.
Seit vergangenem Dienstag nehmen die Proteste gegen geplante Stauseen in Westfrankreich an Fahrtwind auf: Klimaaktivist:innen und Bäuer:innen protestieren hier mit mehreren Blockade-Aktionen und Demonstrationen gemeinsam gegen das umweltschädliche und aus ihrer Sicht unsoziale Vorhaben der französischen Regierung.
Die geplanten Stauseen sollen dabei in besonders trockenen Regionen angelegt werden. Die Demonstrierenden sehen hier jedoch die Gefahr, dass damit gleichzeitig eine Privatisierung von den generell knappen Wasserressourcen voran getrieben werden soll. Die Proteste stehen in einer langen Tradition – immer wieder kommt es dabei zu massiver Polizeigewalt und gezielten Einschüchterungsversuchen durch die französische Gendarmerie und Polizei.
Wie ist die aktuelle Lage?
Aktuell protestieren tausende Demonstrant:innen gegen die 16 geplanten Stauseen, über die Perspektive bereits im vergangenen Jahr berichtete. Sie setzen hierbei auf unterschiedliche Aktionsformen: derzeit finden zahlreiche Großdemonstrationen und Blockaden rund um die Stadt La Rochelle in Westfrankreich statt. Die Demonstrierenden agieren dabei in verschiedenen Aktionseinheiten und Demo-Zügen, um verschiedene Punkte der Bauprojekte zu blockieren.
So berichten einzelne Aktivist:innen auf X von spontanen Blockaden des Unternehmenssitzes des Konzerns „Soufflet”, der aktiv an dem Bauprojekt der Stauseen beteiligt ist. Die spontane Blockade wird hierbei von lokalen Bäuer:innen unterstützt, die mit ihren Traktoren die Wege verstellen.
Gleichzeitig wird zum jetzigen Zeitpunkt der Hafen in La Rochelle blockiert: Tausende Demonstrierende rufen dabei lautstarke Parolen und stellen sich der Beschlagnahmung ihrer Lautsprecherwagen durch die Gendarmerie entgegen. Diese ist dafür bekannt, massive Polizeigewalt gegen Protestierende anzuwenden.
Falschinformationen, Tränengas-Granaten und Schwerverletzte
So kam es bereits in den vergangenen Jahren zum Einsatz von sogenannten „Tränengas-Granaten”, die besonders gefährlich sind und ein erhöhtes Verletzungsrisiko mit sich bringen: allein im vergangenen Jahr wurden laut dem Magazin lundimatin insgesamt 200 Menschen verletzt, 40 davon schwer. Die Tränengas-Granaten bringen hierbei zusätzlich die Gefahr mit sich, die trockenen Felder rund um die Bauprojekte herum in Flammen zu setzen. So berichten einzelne Aktivist:innen auch heute wieder auf X, dass sie den brennenden Feldflächen ausweichen mussten, und filmten dabei auf das Feld, das gerade in Flammen steht.
Im Jahr 2014 war bei den Blockaden sogar ein 21-jähriger Student zu Tode gekommen, weil er gegen den Staudamm in Sivens in Südwestfrankreich protestierte und von einer Granate erfasst wurde. Außerdem wurden bei den Protesten damals sogenannte „Blend-Granaten” eingesetzt, die durch ihren extrem lauten Knall und ihr Licht die umstehenden Personen völlig orientierungslos machen. – In Reaktion auf den Tod des jungen Mannes kam es 2014 zu monatelangen Aufständen.
Im Vorfeld der heutigen Proteste setzte die Polizei auf umfassende Personenkontrollen rund um die Protestregionen herum. Dabei behauptete sie – fälschlicherweise -, man habe bei der Kontrolle von Demonstrierenden Munition gefunden. Die Gendarmerie verbreitete dazu ein Foto mit Munition und einem Dokument mit Personendaten im Hintergrund.
Erst durch die Recherche verschiedener Medienplattformen wurde herausgefunden, dass die betroffene Person über 150km von dem Ort der Proteste entfernt kontrolliert wurde, und dass sie zudem als Jäger tätig ist. Die Gendarmerie hat also bewusst durch die Verbreitung dieser Falschinformation versucht, den legitimen Protest gegen die Stauseen – die im übrigen in der Hand einiger weniger Unternehmen liegen werden – von Beginn an zu kriminalisieren.
Kriminalisierung von legitimem Protest – leider kein Einzelfall
Auch hier in Deutschland lässt sich eine zunehmende Kriminalisierung von legitimen Protesten beobachten. So wurde erst kürzlich eine Aktivistin der „Letzten Generation” zu einer Haftstrafe ohne Bewährung von 1 Jahr und vier Monaten verurteilt. Sie hatte zuvor an verschiedenen Straßenblockaden und Farb-Aktionen teilgenommen. Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, zeigt dies einmal mehr, dass der Staat sich selbst durch harmlose Aktionen bedroht fühlt.