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Mainz 05: Kündigung nach Palästina-Solidarität rechtswidrig

Im November 2023 erhielt der Fußballspieler Anwar El Ghazi wegen pro-palästinensischer Instagram-Beiträge eine fristlose Kündigung vom FSV Mainz 05. Laut Arbeitsgericht ist die Kündigung unwirksam – und legitim schon gar nicht, kommentiert Finn Wittmann.

Im Oktober des vergangenen Jahres geriet der Mainzer Fußballspieler Anwar El Ghazi aufgrund eines Instagram Beitrags in Kritik. In einem Beitrag über den Genozid in Gaza schrieb er: „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina soll frei sein“. Nachdem dieser Beitrag gelöscht wurde, erklärte El Ghazi zu einem späteren Zeitpunkt, dass er sich nicht inhaltlich distanzieren würde. Daraufhin wurde er vom FSV Mainz 05 fristlos gekündigt.

Juristisches Vorgehen gegen die Kündigung

El Ghazi legte Einspruch gegen dieses Urteil ein. Nun erklärte das Arbeitsgericht Mainz die Kündigung als nicht rechtskräftig. Als Grund dafür nannte das Gericht, dass der erste Beitrag, für den El Ghazi in Kritik geraten war, zu weit zurück läge und deshalb für die Beurteilung nicht weiter relevant wäre. Der Beitrag, in dem er erklärte, dass er inhaltlich weiterhin hinter seinen Aussagen stehe, fällt unter die Meinungsfreiheit und ist daher auch kein triftiger Grund, ihn zu kündigen.

Trotz des Urteils ist das Thema damit noch nicht abgeschlossen. Der FSV Mainz 05 möchte nämlich gegen dieses Urteil in Berufung gehen, da sie die getroffenen Aussagen für menschenverachtend halten und nicht verstehen können, warum sie unter die Meinungsfreiheit fallen. Sollte das Urteil bestehen bleiben muss der Verein jedoch 1,7 Millionen Euro an Gehältern und Prämien nachzahlen und den Spieler ab sofort weiter beschäftigen, da sich sein Vertrag durch den Klassenerhalt in der Bundesliga automatisch verlängert hatte.

Mainz 05 kündigte jedoch nach dem Urteil an, weiter zu versuchen, sich von dem Spieler zu trennen. Sie sehen in seinen beiden Instagram Posts eine antisemitische Haltung.

Mediale Hetze gegen pro-palästinensischen Aktivismus

El Ghazi, der sich in seinem zweiten Instagram Post klar von jeglichem Antisemitismus distanzierte, erklärte dort auch, dass er sich verpflichtet fühle, sich zu äußern, da innerhalb weniger Wochen mehrere Tausend Kinder ermordet worden waren. Er äußerte zudem, dass weder eine einzelne Person noch ein ganzer Staat über internationalem Recht stehe und dass er sich weiterhin gegen solche Ungerechtigkeiten positionieren wird.

Neben der BILD hetzen auch Medienportale wie der Spiegel und die Tagesschau gegen El Ghazi. Sie sprechen von „antiisraelischen Instagram-Beiträgen“ oder „israelfeindlichen Kommentaren“. Zusätzlich werfen sie ihm vor, Israel das Existenzrecht abzusprechen so wie die Auslöschung des gesamten Staates zu fordern – und damit antisemitisch zu sein. Diese Argumentation findet sich seit Oktober in der gesamten medialen Berichterstattung in Deutschland.

Zwar hat sich mit der Ausweitung des Genozids und mittlerweile etwa 40.000 Toten die Berichterstattung ein bisschen verändert, die Anschuldigungen hören jedoch nicht auf. Stattdessen erinnern sie stark an die massiven Hetzkampagnen, die es unmittelbar nach dem 7. Oktober gegeben hatte, und jeder, der den israelischen Staat und sein menschenverachtendes Vorgehen kritisierte, als Antisemit oder Terrorunterstützer diffamiert wurde.

Legal und legitim: „From the River to the Sea“

Diese Vorwürfe waren damals, sind es immer noch und werden auch in Zukunft nichts weiter sein als verzweifelte Versuche, von den wahren Verbrechen, die im Gazastreifen geschehen, abzulenken.

Die Parole war auf vielen Demonstrationen zu hören, bis von Seiten der Repressionsbehörden versucht wurde sie zu verbieten. Begründet wurde das unter anderem damit, dass die Parole angeblich ein Slogan der Hamas sei und daher antisemitisch. Dass der Spruch jedoch schon lange Zeit, bevor die Hamas vom israelischen Staat aufgebaut wurde, existierte, schien den deutschen Behörden nicht widersprüchlich vorzukommen.

Auch die Begründung, dass ein freies Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer Israel sein Existenzrecht abspreche und im Prinzip die Auslöschung aller Jüd:innen fordere, ist an den Haaren herbeigezogen.

Doch eigentlich wird hierbei nur die zionistische Vertreibungspolitik auf alle Alternativmodelle projiziert. Ein Staat, in dem verschiedene Religionen friedlich und gleichberechtigt miteinander leben können scheint für die fundamentalistischen Zionist:innen in Israels Regierung keine Option zu sein.

Yariv Oppenheimer von der zionistischen NGO “Peace Now” erklärt: „Sollte Israel den Palästinensern das volle Wahlrecht gewähren, würde der „Staat Israel“ schnell in den „Staat Palästina“ verwandelt werden. […] Das wäre der Todesstoß für die zionistische Bewegung.“

„From the River to the Sea: Palestine will be free!“ – bald strafbar?

Zudem haben mittlerweile mehrere Gerichte bestätigt, dass die Parole „From the river to the sea – Palestine will be free“ von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Zwar geht die Polizei weiterhin mit Repression gegen Menschen vor, die diese Parole nutzen, doch die zahlreichen eingestellten Verfahren zeigen nur die Willkür des deutschen Repressionsapparats.

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