`

Zeitung für Solidarität und Widerstand

Proteste in Spanien: „Wir können die Miete nicht mehr zahlen!“

Tausende Menschen demonstrierten in Barcelona gegen Massentourismus und explodierende Mieten. Auch auf Mallorca wehren sich die Einwohner:innen. Fast war es zur Sperrung der Strände gekommen.

Viele Menschen aus aller Welt kommen nach Spanien, um dort ihren Urlaub zu verbringen. So zählte alleine Barcelona im Jahr 2023 über zwölf Millionen Tourist:innen – im ganzen Land kommt man auf 85 Millionen. Besonders beliebt bei vielen Tourist:innen: Ferienwohnungen und Ferienhäuser. Diese treiben die Mietpreise in den spanischen Städten zusätzlich weiter in die Höhe.

Tourismus und seine Folgen

Insbesondere der Luxustourismus aus aller Welt stellt ein Problem dar. Die Bewohner Mallorcas beklagen eine zunehmende Wasserknappheit, da wohlhabende Touristen aus anderen europäischen Ländern oder den USA mit ihrem hohen Wasserverbrauch durch private Swimmingpools und große Bewässerungsanlagen die Situation verschärfen. In einigen Ferienhaussiedlungen verbraucht eine Person mehr als 2.000 Liter Wasser pro Tag, was dazu führt, dass der Tourismus in manchen Gemeinden bis zu 65 Prozent des verfügbaren Wassers beansprucht.

Zusätzlich werden immer mehr Villen und Ferienhäuser für reiche Tourist:innen errichtet, während der Wohnraum für die Einheimischen unbezahlbar wird. Das Geld, welches durch den Tourismus erwirtschaftet wird, kommt jedoch kaum bei den Arbeiter:innen an. Auf Mallorca leben daher viele Anwohner:innen bereits in Wohnwägen, da sie sich die Mieten nicht leisten können.

Auch auf dem Festland in Barcelona sind die Mieten in den letzten 10 Jahren um rund 68 Prozent gestiegen. Gleichzeitig wird das gesamte Stadtbild immer mehr auf den Tourismus abgestimmt – statt Kultur und Lebensraum für die Arbeiter:innen reihen sich die Einzelhandelsketten und Cafés mit Konsumzwang aneinander. Das Leben in der Stadt wird so immer teurer. Ebenso beklagen die Anwohner:innen die immer größere Umwelt- und Lärmbelastung.

Proteste in Barcelona – Bürgermeister

Daher gingen in Barcelona am Sonntag tausende Menschen unter dem Motto „Genug! Lasst uns dem Tourismus Grenzen setzen“ auf die Straße. Restaurants mit Tourist:innen sperrten sie sinnbildlich mit rot-weißem Absperrband ab, spritzen Wasser auf die Gäste und riefen: „Tourists go home!“

Bürgermeister Jaume Collboni von Barcelona versprach Mitte Juni, die Verbreitung von Ferienwohnungen in der Stadt weiter einzuschränken. In den letzten Jahren wurden bereits keine neuen Ferienwohnungen zugelassen und einige illegale Touristenwohnungen zurück auf den Wohnungsmarkt gebracht. Bis 2029 will er weitere 10.000 Wohnungen für die Anwohner:innen benutzbar machen. Doch Collboni erklärt selbst, dass das die Wohnungsnot nicht lösen wird.

Weitere Proteste sind angekündigt

In den vergangenen Monaten gingen auch auf beliebten Urlaubsinseln wie den Balearen, Malaga und den kanarischen Inseln tausende Menschen auf die Straßen. Am 15. Mai protestierten etwa 15.000 Menschen auf Mallorca gegen den Massentourismus. Auslöser war der Einsturz eines Restaurants gewesen.

„Sagen wir basta!“: Proteste auf Mallorca gegen Massentourismus

Für den 21. Juli rufen auf Mallorca rund 80 Organisatoren wieder zu Großdemonstration auf – unter dem Motto „Lasst uns den Kurs ändern, dem Tourismus Grenzen setzen“. Der Sprecher Jaume Pujol von „Menys Turisme, Més Vida“ (Weniger Tourismus, mehr Leben) erklärte dazu: „Wir wollen mitten in der Hochsaison auf den Tisch hauen.“

Auf Kritik des Hotelunternehmers Gabriel Escarrer, „die Demonstration könnte Urlaubern vermitteln, dass sie nicht mehr willkommen sind“, antwortete Pujol: „Was wir vermitteln wollen, ist die Notwendigkeit eines Kurswechsels, damit wir wieder in Ruhe und unter würdigen Bedingungen leben können. Die Hoteliers mögen denken, dass wir damit die Insel in ein schlechtes Licht rücken. Wir glauben derweil, dass nicht wir es sind, die für ein negatives Image sorgen.“

Zudem hatten Rettungsschwimmer:innen zu einem Streik am 7. Juli aufgerufen. Sie forderten ein Vorgehen gegen den Personalmangel, der nicht nur zu hohem Stress für die Angestellten führe, sondern auch Menschenleben gefährde. Zu dieser Gefahr trage auch die veraltete Ausrüstung bei. Diese Streiks wurden in der Vergangenheit jedoch meist kurz vor dem Stichtag abgewendet, da die Strände ansonsten gesperrt werden müssten. Abgewendet wurde auch der Streik des Flughafenpersonals von Eurowings, das am 1., 5., 7., 10. und 13. Juli für bessere Arbeitsbedingungen die Arbeit niederlegen wollte.

Perspektive Online
Perspektive Onlinehttp://www.perspektive-online.net
Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

Mehr lesen

Perspektive Online
direkt auf dein Handy!