Salvador Illa soll heute zum neuen Regionalpräsidenten von Katalonien gewählt werden. Damit würde das erste Mal nach 40 Jahren eine Person, die gegen die Unabhängigkeit ist, dieses Amt bekleiden. Der ehemalige Amtsinhaber Carles Puigdemont sorgt mit seiner angekündigten Rückkehr nach Spanien bereits vor der Wahl für Turbulenzen.
Am Donnerstag soll im Parlament der Autonomen Region Katalonien der neue katalanische Regionalpräsident gewählt werden. Der Kandidat, der zur Wahl steht, ist der Sozialdemokrat Salvador Illa von der Partit dels Socialistes de Catalunya (PSC). Mit seiner Wahl würde das erste Mal seit 40 Jahren ein Politiker dieses Amt übernehmen, der nicht für die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien eintritt. Knapp drei Monate nach der Parlamentswahl im Mai dieses Jahres bahnt sich damit eine politische Wende an.
Zustimmung gegen Zugeständnisse
Um ihren Kandidaten zum Präsidenten zu machen, ist die PSC auf die Unterstützung der gemäßigt separatistischen Partei ERC (Esquerra Republicana de Catalunya) angewiesen. Deren Zustimmung für Illa wurde im Tausch für einige Zugeständnisse der spanischen Zentralregierung an Katalonien, beispielsweise im Steuerwesen, erzielt.
Ob Illa tatsächlich am vorgesehenen Tag gewählt wird, ist jedoch zweifelhaft. Denn die Teilnahme des ehemaligen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont (Junts per Catalunya), der im Mai ebenfalls zum Abgeordneten gewählt wurde, sorgt bereits im Vorhinein für Wirbel.
Puigdemont kehrt zurück
Puigdemont war 2017 maßgeblich an den Bestrebungen zur Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien beteiligt, die in einer vom katalanischen Parlament angenommenen „Unabhängigkeitserklärung” gipfelten. In deren Folge wurde die katalanische Regionalregierung von der Zentralregierung abgesetzt. Puigdemont floh, um den spanischen Repressionen zu entgehen, ins Exil, wo er die letzten sieben Jahre verbrachte. Am vergangenen Samstag kündigte er seine Rückkehr nach Barcelona an.
Sollte er tatsächlich nach Spanien einreisen, droht ihm trotz des Amnestie-Gesetzes für Personen, die an den Unabhängigkeitsbestrebungen beteiligt waren, die Festnahme durch die Polizei. Ihm wird die Straftat der Veruntreuung zum Vorwurf gemacht. Diese ist von der Amnestie ausgenommen. Der Vorwurf ist juristisch umstritten, da Puigdemont niemals Gelder für sich selbst abgezweigt haben soll. Es wird von der spanischen Justiz vielmehr unterstellt, dass die Verwendung von finanziellen Mitteln für den verfassungswidrigen Zweck der Unabhängigkeit von Spanien auch den Straftatbestand der Veruntreuung erfüllte.
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Zukunft völlig unklar
Welche konkreten Auswirkungen die Rückkehr Puigdemonts auf die Wahl von Illa haben werden, ist noch nicht klar. Eines aber ist jetzt schon gewiss: Der Parlamentspräsident Josep Rull (Junts per Catalunya) wird eine wichtige Rolle spielen: Wenn Puigdemont im Parlament auftauchen sollte, um an der Sitzung für die Wahl teilzunehmen, hat Rull bereits angekündigt, ihm parlamentarische Immunität zu gewähren. Erfolgt die Festnahme des ehemaligen Regionalpräsidenten jedoch bereits vor der Sitzung des Parlaments, dann wird Rull diese wahrscheinlich aussetzen – mit dem Verweis darauf, dass einem Mitglied der Volksvertretung das Recht auf die Teilnahme an einer Abstimmung verwehrt worden sei.
Hieraus könnte eine Kaskade an Unsicherheiten entstehen, die zu immensen Verzögerungen in der Konstituierung der Instanzen der katalanischen Selbstverwaltung führen würde. Sollte bis zum 26. August kein Regionalpräsident gewählt worden sein, werden Neuwahlen angesetzt. Für diesen Fall haben PSC und ERC bereits angekündigt, nicht erneut zusammenarbeiten zu wollen.
*Update 19:55: Charles Puigdemont ist nach der Kundgebung untergetaucht. Eine großangelegte Fahndung durch die spanische Polizei zu seiner Festnahme verlief bisher ohne Erfolg.
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