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Sonntag, September 29, 2024
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    Drohende Verfolgung von Kurd:innen: Ampel startet Abschiebeoffensive in die Türkei

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    Im großen Stil sollen derzeit Asylsuchende in die Türkei abgeschoben werden. Davon sind besonders Kurd:innen betroffen, die meist vor politischer Verfolgung fliehen. Möglich macht dies ein neues Migrationsabkommen mit dem Erdogan-Regime. – Ein Gastkommentar.

    Nach einem Besuch von Bundeskanzler Scholz (SPD) beim türkischen Präsidenten Erdogan im November 2023 hatten sich Politiker:innen des faschistischen türkischen Regimes und der deutschen Ampelregierung auf ein neues Migrationsabkommen geeinigt. So sollen jede Woche 500 ausreisepflichtige türkische Staatsbürger:innen aus der BRD in die Türkei abgeschoben werden. Praktisch umgesetzt wird dies seit gestern mit Abschiebeflügen von mindestens 200 ausreisepflichtigen Türk:innen und Kurd:innen.

    Die Ampel und die „Remigration“

    Von besonderer Bedeutung sind diese neuen Abschiebemöglichkeiten für die deutsche Regierung, weil zur Zeit die meisten Asylbewerber:innen – an dritter Stelle nach Syrien und Afghanistan – aus der Türkei kommen. Konkret gibt es in der BRD zurzeit 14.500 ausreisepflichtige türkische Staatsbürger:innen. Bis August 2024 kamen aus der Türkei insgesamt 21.590 Asylsuchende nach Deutschland – die Annahmequote der Asylanträge beträgt gerade ein mal 13 Prozent.

    Damit werden Türk:innen, darunter meist Kurd:innen, die oft vor politischer Verfolgung in ihrer Heimat in Deutschland Schutz suchen, zurück in die Hände des Erdogan-Regimes getrieben. Zynischer kann die faktische Abschaffung des Asylrechts in Deutschland und Scholz’ Abschiebepolitik „im großen Stil“ kaum sein.

    Bundesinnenministerin Faeser (SPD) sieht in den neuen Abschiebungsflügen jedoch einen „großen Fortschritt“ und einen „weiteren Baustein zur Begrenzung der irregulären Migration“ nach Deutschland. Das zeigt, dass die Ampel aber nicht nur die Forderungen der AfD abschreibt, um ihnen deren Wähler:innen abspenstig zu machen, sondern selbst ein Interesse daran hat, unliebsame Migrant:innen loszuwerden.

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    Kurd:innen besonders betroffen

    „Die neue Abschiebevereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Türkei stellt einen weiteren Tiefpunkt in Bezug auf die Menschenrechte dar und offenbart die Ignoranz staatlicher Behörden, die Realität der kurdischen Gesellschaft in der Türkei anzuerkennen. Kurd:innen drohen damit zu Tausenden zum Opfer der bereits im Koalitionsvertrag angekündigten „Abschiebeoffensive“ der Ampel zu werden“, heißt es in einer Stellungnahme des kurdischen Zentrums Civaka Azad.

    Denn über 84 Prozent der im vergangenen Jahr von türkischen Staatsangehörigen in Deutschland gestellten Asylanträge stammen von Kurd:innen. Laut ProAsyl haben Kurd:innen seit Jahren zudem deutlich schlechtere Chancen auf Asylanerkennung als Türk:innen. Während 70 Prozent der Anträge von Türk:innen positiv entschieden werden, waren es bei Kurd:innen 2023 gerade einmal 7 Prozent.

    Dabei sind Kurd:innen in der Türkei einer starken Verfolgung ausgesetzt, besonders dann, wenn sie sich im Asylverfahren als Anhänger:innen der kurdischen Freiheitsbewegung zu erkennen geben. Doch nicht nur in der Türkei müssen sie um ihre Freiheit fürchten. Auch in Deutschland werden sie vom deutschen Staat in Indizien-Prozessen zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt.

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    Für die antifaschistische Bewegung in Deutschland bedeutet das, den Kampf um die letzten Reste des Rechts auf Asyl aufzunehmen. Das bedeutet gleichzeitig, praktische Solidarität mit den von Abschiebung bedrohten Menschen zu organisieren. Neben dem Widerstand gegen Abschiebeflüge sollten alle Antifaschist:innen auch eine offene Tür für die bedrohten Menschen haben.

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