Mit dem Ende des Sommers und dem Beginn der Heizperiode steigt auch wieder die Bedeutung der Energiepreise für Privathaushalte. Zuletzt fielen diese relativ deutlich. Ein erneuter Anstieg ist jedoch nicht auszuschließen, denn insbesondere die Preise für Öl und Gas hängen eng mit der weltpolitischen Entwicklung zusammen.
Zuletzt hat sich die Preisentwicklung in Deutschland wieder etwas entspannt. Ein Plus der Warenpreise von 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr meldete das Statistische Bundesamt im August. Damit verbleiben die Preise insgesamt weiter auf dem hohen Niveau, das sie seit der Corona-Pandemie 2020 und dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs 2022 erreicht hatten: zurück gerechnet hatte die offizielle Inflation im August 2023 bei plus 6,1 Prozent gelegen, im August 2022 bei 7,9 Prozent und im August 2021 bei 3,9 Prozent: ergibt insgesamt eine Teuerung von insgesamt über 21 Prozent in vier Jahren.
Energiepreise sinken derzeit
Eine gute Nachricht für Endverbraucher:innen ist immerhin, dass die Energiepreise im Vergleich zu 2023 leicht zurückgegangen sind: Hier melden die Statistiker:innen ein durchschnittliches Minus von 5,1 Prozent. Der Preis für Haushaltsenergie ist dabei mit minus 3,8 Prozent leicht gefallen. Darin eingerechnet sind die Preise für Erdgas (-3,1 %), Strom (-6,8 %) und leichtes Heizöl (-9,3 %). Der Preis für Fernwärme ist dagegen mit plus 31,1 Prozent im Vergleich geradezu explodiert. Es kommt also sehr darauf an, wie Privathaushalte ihre Häuser und Wohnungen beheizen.
Etwas stärker als die Haushaltsenergie ist der Preis für Kraftstoffe gefallen. Hier wurde ein Minus von 6,9 Prozent ermittelt, wobei der Preis für Diesel (-8,7 %) stärker zurückgegangen ist als der für Superbenzin (-6,5%). Einen großen Teil der Preise für Kraftstoffe und Erdgas machen Steuern aus, darunter etwa die staatliche CO2-Abgabe. Für Diesel liegt der Steuer- und Abgabenanteil etwa bei 50 Prozent und für Benzin bei 59 Prozent.
Während sich im Strompreis der wachsende Anteil erneuerbarer Energien niederschlägt, hängen die Preise für Benzin und Diesel ansonsten direkt von der Entwicklung des Ölpreises auf dem Weltmarkt ab. Dieser ist im September wiederum auf ein Dreijahrestief gefallen. Das Handelsblatt sieht als Gründe dafür insbesondere die Wirtschaftskrise in China, sowie eine schwächere Ölnachfrage in den USA und Indien. Das Ölangebot würde demnach die Nachfrage bald übersteigen. Analyst:innen von Großbanken wie Citigroup und JP Morgan rechnen deshalb aktuell eher mit einem weiteren Rückgang des Ölpreises.
Droht eine erneute Preisexplosion?
An der momentanen Entwicklung auf dem Ölmarkt hat auch die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) nichts ändern können. Deren Mitgliedsländer — ihre wichtigsten sind Saudi-Arabien, Irak, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate — hatten Anfang September gemeinsam mit Russland – das ebenfalls zu den größten Ölanbietern auf dem Weltmarkt gehört – freiwillige Produktionskürzungen für weitere zwei Monate beschlossen. Ziel dieser Maßnahme war es, das Angebot-Nachfrage-Ungleichgewicht abzufedern.
Für kaum eine Ware im Kapitalismus ist der Markt historisch von einem so strikten Kartell beherrscht wie dem Staatenkartell der OPEC beim Öl. Dessen Macht erodiert jedoch allmählich: Heute haben die OPEC-Länder noch einen Anteil am Ölmarkt von etwa 28 Prozent, vor zehn Jahren lag dieser noch bei 33 Prozent. Zusammen mit den OPEC-Plus-Staaten Russland, Kasachstan, Mexiko, Oman und Brasilien wächst dieser Anteil immerhin wieder auf 44 Prozent.
Zu den wichtigsten Ölexporteuren, die nicht Teil der OPEC Plus sind, gehören die USA und Kanada. Drehen die OPEC Plus-Staaten ihre Fördermenge zurück und die US-Ölkonzerne ziehen nicht mit, könnten sie ihren Anteil auf dem Weltmarkt weiter ausdehnen — und der Preis für das schwarze Gold würde weiter sinken.
Dies würde jedoch dem US-Verbündeten Saudi-Arabien schaden, der für seinen Staatshaushalt noch immer auf einen stabilen Ölpreis angewiesen ist. Dies wiederum könnte ein Argument für eine baldige Erholung des Ölpreises sein: Denn so kartelliert der Ölmarkt auch ist, hängt der Preis für den Energieträger mit der weltpolitischen Lage und der Geostrategie der kapitalistischen Länder zusammen. Politische Ereignisse schlagen sich daher oft unmittelbar im Ölpreis nieder: Als Israel den Hamas-Führer Ismail Hanija in Teheran tötete und Irans oberster Führer Ajatollah Chamenei mit Vergeltung drohte, schoss der Ölpreis zum Beispiel kurzzeitig um etwa 2 Prozent nach oben. Ein großer Krieg in Westasien zwischen Israel, dem Iran und möglicherweise weiteren arabischen Ländern könnte sich also noch heftiger auf das Öl auswirken als der Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Frühjahr 2022.
Eine erneute Preisexplosion bei Energieprodukten und insbesondere an den Tankstellen ist also keinesfalls ausgeschlossen. Die Krisenherde Westasien und Osteuropa können die Erholung der Preisentwicklung jederzeit wieder beenden.