Bei einem digitalen „Autogipfel” hat der Wirtschaftsminister mit führenden Konzernen der Automobilbranche darüber diskutiert, wie der deutsche Staat die schwächelnde Branche fördern soll. – Ein Kommentar von Paul Gerber.
Zumindest, wenn man den öffentlichen Reaktionen Glauben schenken will, stand der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende letzter Woche einberufene „Autogipfel“ von Anfang an unter keinem guten Stern. So beeilte sich der Koalitionspartner FDP mit einer raschen, ganz grundsätzlichen Distanzierung von dem Vorhaben: Man sehe „Misswirtschaft“ und eine zu mächtige Gewerkschaft als ausschlaggebend an für die Krise bei VW.
Trotzdem: Habeck hat gute Gründe, sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass der deutsche Staat selten zögerte, auch Milliardensummen in die Hand zu nehmen, um den Kern der deutschen Industrie „rauszuboxen”, wenn dieser in Schwierigkeiten geraten war. Es scheint undenkbar, dass jetzt, da das Flaggschiff der Autobranche VW mit Werksschließungen und Entlassungen droht, der Staat nur zuschauen wird.
Selbstverständlich erschienen die führenden Manager:innen der deutschen Automobilbranche in so einer Situation zum „Online-Meeting“, um gemeinsam mit dem Minister darüber zu verhandeln, wie genau das Steuergeld in die Hände der Automobilbranche fließen könnte.
Unter anderem in der Diskussion sind Steuervergünstigungen für Unternehmen, die E-Autos als Firmenwagen anschaffen wollen. Der wohl am meisten diskutierte Vorschlag ist aber wohl eine erneute „Abwrackprämie” in verschiedenen Varianten. Das Grundmodell ist letztlich sehr simpel: Es handelt sich um eine Subvention, die Kund:innen beim Kauf von neuen Autos als Zuschuss erhalten, wenn sie dafür ihr altes Auto abgeben. Man könnte auch sagen, der Staat übernimmt mit Steuergeld einige tausend Euro des Kaufpreises. Bereits in der schweren Wirtschaftskrise 2008/2009 hatte man mit dieser Maßnahme die Krisenfolgen für die Automobilbranche abgefedert.
Jetzt ist vor allem diejenige Variante in der Diskussion, bei der Kund:innen diesen Bonus dann erhalten sollen, wenn sie von Verbrenner-PKW auf E-Autos umsteigen. Deren Absatz stockt in Deutschland nämlich nach wie vor, beziehungsweise geht nicht so schnell voran, wie sich beispielsweise VW das erhofft hatte.
Dass eine solche Maßnahme dabei gleichzeitig ein Machtmittel im internationalen Konkurrenzkampf darstellen soll, ist logisch – immerhin ist die Automobilbranche für die deutsche Wirtschaft besonders wichtig, und es ist absehbar, dass vor allem sie von einer solchen Maßnahme profitieren würde.
Zumindest gegen chinesische E-Autos hat die EU ohnehin jüngst Strafzölle beschlossen, um die Konkurrenzsituation der einheimischen Autokonzerne zu verbessern. Angesichts der Diskussionen um den deutschen Autogipfel bemerkenswert ist dabei, dass diese Strafzölle mit Subventionen des chinesischen Staates begründet werden.
Problematisch bei den Verhandlungen dürfte auch gewesen sein, dass die verschiedenen deutschen Autokonzerne durchaus unterschiedlich gelagerte Interessen haben: So ist BMW bisher deutlich erfolgreicher bei der Entwicklung und beim Absatz von E-Autos als zum Beispiel VW oder Daimler-Benz. Das ist auch der Grund, aus dem nach Einschätzungen von Beobachter:innen BMW eher nicht auf eine Subventionierung von E-Autos drängt.