Tausende demonstrierten gestern in mehreren Städten Deutschlands gegen einen geplanten massiven Stellenabbau des Autozulieferers ZF. Auch gegen VW gibt es Protestaktionen gegen die mögliche Schließung eines Audi-Werks. Das VW-Management trifft sich derweil auf Luxus-Tagungen in Schweden.
Der deutsche Autozulieferer ZF fährt seit Anfang des Jahres ein massives Sparprogramm. Ende Juli hat das Unternehmen nun massive Stellenstreichungen angekündigt. In Deutschland sind bei der ZF Friedrichshafen AG insgesamt 54.000 Arbeiter:innen beschäftigt. Der Betrieb plant bis zu 14.000 von ihnen in den kommenden vier Jahren zu entlassen. Dabei sind nicht nur Stellen in der Produktion, sondern in fast allen Bereichen betroffen.
Als Grund dafür wird die hohe Verschuldung des Unternehmens genannt, welche nach eigenen Angaben knapp 10 Milliarden Euro beträgt. Diese abzubauen falle dem Konzern aufgrund der hoher Zinsen schwer. Ebenso wird sich erhofft, durch den Stellenabbau eine höhere Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen. Insgesamt besitzt das Unternehmen 162 Produktionsstandorte in 31 Ländern. Besonders in Deutschland beklagt der Autozulieferer die „hohe[n] Produktionskosten“. In vielen anderen Länder ist die Arbeitskraft billiger.
Bundesweiter Protest gegen Stellenstreichungen
Doch die Arbeiter:innen nehmen dies nicht so einfach hin und gingen in Massen auf die Straße. So gab es zum Beispiel gestern bundesweit große Demonstrationen mit insgesamt über 10.000 Teilnehmer:innen – darunter auch in Mannheim, Saarbrücken und Friedrichshafen, der Stadt des Hauptsitzes von ZF.
Allein in Friedrichshafen beteiligten sich 4.000 Arbeiter:innen an der Demonstration vor Ort, die durch die ganze Stadt zog. In Mannheim gab es einen Autokorso von etwa 170 Fahrzeugen, der lautstark hupend durch die Stadt zog.
VW macht Weg für Kündigungen frei – Management verschwindet in Luxus-Hotel
Nicht nur ZF, sondern die gesamte Automobilindustrie befindet sich in Deutschland aktuell in der Krise. So fährt das Monopolunternehmen VW einen ähnlichen Sparkurs, um die Gewinnmarge wieder zu steigern.
Dagegen gab es nun in einem Brüsseler Audi-Werk eine ungewöhnliche Protestaktion: Insgesamt wurden von Arbeiter:innen des Werks 200 Fahrzeugschlüssel gestohlen, sodass die Neuwagen das Werk nicht verlassen konnten. Die Angestellten erhoffen sich dadurch Klarheit über die Schließung ihres Werks zu erlangen und diese notfalls zu verhindern. Von einer solchen Schließung wären etwa 3.000 Arbeiter:innen betroffen. In Reaktion auf den kreativen Protest hat das Unternehmen mit Anzeigen gedroht.
Ebenso kam es zu Protesten in Städten mit VW-Standorten wie Salzgitter, Wolfsburg oder Emden. In letzterem versammelten sich schon letzte Woche knapp 5.000 Arbeiter:innen, um ihren großen Unmut gegen den VW-Vorstand zu äußern – trotz aller Verhandlungen und dem Widerstand der Belegschaft gab das Unternehmen am Dienstag jedoch bekannt, dass ab Juli 2025 betriebsbedingte Kündigungen möglich sein sollen.
Auch Auszubildende sind von der verschärften Situation betroffen: So soll die Übernahmegarantie bald nicht mehr für alle Azubis gelten. Der Betriebsratschefin der Volkswagen-AG spricht mittlerweile von einem „historischen Angriff” auf Arbeitsplätze – zumal sich erst in den anstehenden Verhandlungen zeigen wird, ob nicht zusätzlich auch Werksschließungen Teil des geplanten Kahlschlags des Konzerns sind.
Darüber hinaus wurde in den letzten Tagen vermehrt Kritik am Verhalten der VW-Chefetage laut: So sei nicht nur der Umgang mit der Belegschaft unangemessen. Ausgerechnet in dieser Krisenzeit meinten die Top-Manager:innen des Konzerns, eine mehrtägige Besprechung in einer Kunsthalle mitsamt Luxus-Hotel in Schweden abhalten zu müssen – und das, während Tausende von Arbeiter:innen um ihre Arbeitsplätze bangen.