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Freitag, Oktober 4, 2024
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    Prozess wegen Hörsaalbesetzung: Wie die Antikriegsbewegung an Berliner Unis kriminalisiert wird

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    Weltweit haben Studierende ihre Universitäten besetzt, um gegen den Genozid in Gaza zu protestieren. In Berlin kommt nun eine Welle an Gerichtsverfahren auf die Studierenden zu. Doch die Betroffenen kündigen an, vereint gegen die Repressionen zu stehen und sich nicht von ihren Zielen ablenken zu lassen. – Ein Kommentar.

    Seit Oktober 2023 gibt es massive Proteste gegen den Genozid in Palästina und die deutsche Beteiligung daran. Diese Antikriegsbewegung hat auch vor den Toren der Universitäten nicht halt gemacht. Studierende, die im Dezember 2023 einen Hörsaal an der „Freien“ Universität Berlin (FU) „besetzt” haben sollen, werden nun durch die deutsche Justiz verfolgt.

    Am Montag fand der erste Prozess wegen Hausfriedensbruchs am Amtsgericht Tiergarten statt. Die Kampagne Hands off Student Rights und Palestine at the Forefront organisierten eine Kundgebung und riefen zur solidarischen Begleitung des Prozesses auf. Laut Angaben der Veranstalter:innen beteiligten sich 100 Teilnehmer:innen an der Kundgebung.

    Einstellung des Verfahrens

    Ein Großteil der Öffentlichkeit wurde durch ungewöhnlich langsame Einlasskontrollen davon abgehalten, den Prozess zu begleiten. Die Angeklagte verlas vor Gericht eine Erklärung, in der sie darlegte, dass sie mit ihrem Protest auf den Genozid in Gaza und vor allem auf die Mitschuld Deutschlands aufmerksam machen wollte. Außerdem prangerte sie die Zusammenarbeit der Freien Universität mit den Repressionsbehörden gegen die eigenen Studierenden an.

    Die Richterin stellte das Verfahren sodann ein. Der Verteidiger machte deutlich, dass die Angeklagte die Universität als öffentliches Forum nutzte und ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrnahm. Darauf ging die Richterin jedoch nicht ein und begründete die Einstellung des Verfahrens allein damit, dass die Angeklagte jung sei, bei den Eltern wohne, sich in der Ausbildung befinde und keine Vorstrafen habe. Die individuell begründete Entscheidung gibt daher kein klares Zeichen für all die vielen anderen, die unsere Universitäten als Raum für die freie Meinungsäußerung und den politischen Diskurs über Veränderungen und durchaus auch für Protest verstehen.

    Hörsaalbesetzung an der „Freien“ Universität Berlin

    Weil die FU seit Oktober 2023 ihre einseitige Solidarität mit Israel bekundete, „besetzten” im Dezember Studierende einen nicht belegten (!) Hörsaal. Sie organisierten dort Vorträge und den Austausch über Gaza und den Genozid.

    Die Studierenden formulierten dort konkrete Forderungen an ihre Uni-Leitung: Sie solle offiziell zum Waffenstillstand aufrufen, einen wissenschaftlichen Diskurs über den Krieg in Palästina/Israel ermöglichen und die IHRA-Definition von Antisemitismus ablehnen, da sie jegliche Kritik am Staat Israel als antisemitisch definiere. Vor Gericht wiederholte die Angeklagte diese Forderungen und zeigte damit, dass sie weiterhin hinter der Besetzung des leeren Hörsaals steht.

    „Viva, Viva, Palästina!“- Hörsaalbesetzung an der Freien Universität Berlin

    Die Uni-Leitung ging damals auf keine der Forderungen ein und ließ die Besetzung am selben Tag durch über 100 Polizist:innen brutal räumen. Nun verfolgt sie die Beteiligten mithilfe der Strafjustiz.

    Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit

    Auch im Mai 2024 ließ die Leitung der FU eine erneute Besetzung auf dem Campus durch die Polizei räumen. In einem öffentlichen Brief prangerten daraufhin auch viele Lehrende an, dass die FU-Leitung ihre Studierenden massiver Polizeigewalt aussetze und das Recht auf friedlichen Protest in der Universität einschränke. Die Bild-Zeitung reagierte prompt mit einen verleumderischen Artikel, in dem sie die Demonstrierenden als „Universitäter“ bezeichnete, die Unterzeichner:innen des öffentlichen Briefs mit Portrait und Namen abbildete und als „Unterstützer für den Israelhasser-Mob“ diffamierte. Es folgte der „Fördergeld-Skandal”, mit dem die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) prüfen ließ, ob den Unterzeichner:innen Fördermittel entzogen werden könnten.

    Bei der darauf folgenden Besetzung des Jabalia-Instituts an der Humboldt Universität Berlin (HU) im Mai ordnete der Berliner Senat die Räumung gar über die Köpfe der Uni-Leitung hinweg an.

    Diese Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit sind im Kontext der Wiedereinführung des Ordungsrechts an Berliner Universitäten zu sehen. Die neu geschaffene Möglichkeit der sogenannten „Zwangsexmatrikulation” ebnet den Weg für willkürliche Maßnahmen gegen politisch aktive, aber unliebsame Studierende. Zudem wird sie diejenigen besonders hart treffen, deren Aufenthalt oder BAföG-Anspruch an der Immatriulation hängen.

    Vor diesem Hintergrund ist es umso besorgniserregender, dass die Leitung der FU nun die Verfolgung der eigenen Studierenden aktiv vorantreibt.

    Gemeinsam für die Befreiung Palästinas – Gemeinsam gegen die Repression

    Bei den kommenden Gerichtsprozessen gegen die Besetzer:innen mag es juristisch um Haus- oder Landfriedensbruch gehen. Jedoch handelt es sich eigentlich um politische Prozesse. Sie zielen darauf ab, den politischen Willen zu brechen, die Bewegung zu spalten und zu zermürben.

    CDU und SPD planen drastischste Verschärfung des Berliner Hochschulgesetzes

    Karl Liebknecht schrieb schon vor über 100 Jahren zutreffend: „Der wirkliche Grund der Anklage ist klar. Dieser Grund ist nicht juristisch, und darum ist es so schwer, diese Anklage juristisch anzufassen. Sie ist kurzweg ein Akt der Staatsräson, nicht ein Akt der Justiz.“

    Wichtig ist es daher, die Repression als Teil einer verallgemeinernden Kriminalisierung von Protesten gegen den Genozid in Gaza, gegen Militarisierung und Krieg zu erkennen. Deswegen darf niemand alleine vor Gericht stehen: Sowohl im Kampf gegen Krieg, als auch bei der Repression des Staats gegen uns stehen wir Schulter an Schulter.
    Hier
    kann für die Kosten unseres Kampfs gegen die Repression gespendet werden.

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