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Dienstag, Oktober 15, 2024
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    Reportage: Zum Schichtwechsel bei ZF in Nürnberg

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    ZF ist einer der größten Zuliefererbetriebe für die Autoindustrie. Hier sollen rund 12.000 der 50.000 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden, 10.000 davon bis 2028. – In einer Reportage von Perspektive aus dem ZF-Werk in Nürnberg kommen die Kolleg:innen mit ihren aktuellen Sorgen und Nöten zu Wort.

    Die Mittagssonne brennt auf die Straße vor dem ZF-Werk 1 in Nürnberg. Durch die kaputte Drehtür kommen Arbeiter:innen von oder zur Schicht. Die Chipkarte funktioniert nicht, Flüche, Klingeln, dann geht die Tür auf. Die Hitze ist unerträglich, auch im Werk, sagt ein Kollege. Seit sechs Jahren arbeitet er im Werk. Einige Maschinen sollen still stehen, weil Leute fehlen. Auch wegen der Hitze. „Es gibt keine Klimaanlage. Es ist absolut unmenschlich.“

    In den beiden ZF-Werken in der Nürnberger Südstadt werden Teile für Autogetriebe hergestellt. Bei den Metallgussverfahren entstehen Hitze, Dampf und Feinstaub, welche die Gesundheit der Arbeiter:innen belasten.

    Geheimniskrämerei um Stellenabbau

    Im Vordergrund steht aktuell aber ein anderes Thema: ZF ist einer der größten Zulieferer-Betriebe für die Autoindustrie und von den aktuellen Umstrukturierungen ebenfalls betroffen. 12.000 der 50.000 Arbeitsplätze in Deutschland sollen abgebaut werden, 10.000 davon bis 2028. Was das für die Kolleg:innen in den Werken bedeutet, wird von der Geschäftsleitung noch zurückgehalten.

    So gab es im Werk in Nürnberg bei einer Betriebsversammlung die Ankündigung, dass auch hier am Standort Stellen abgebaut würden. Über genaue Zahlen ist den Kolleg:innen nichts bekannt: „Daraus wird ein Geheimnis gemacht“, so ein Kollege, der über eine Leiharbeitsfirma seit einem Jahr im Werk beschäftigt ist. Trotz der Geheimniskrämerei sickern Informationen durch, und es werden Vermutungen angestellt, die ein Bild ergeben.

    Geliehen, befristet, gekündigt?

    „Letztes Jahr wurden knapp 300 Leiharbeiter übernommen mit Festvertrag. Wirkliche Leiharbeiter gibt es nur noch 60 im Betrieb. (…) Die haben nur Einjahresverträge bis zum 31. Dezember. Was dann ist, weiß keiner“, sagt der gleiche Kollege. Von Protestaktionen gegen den Stellenabbau weiß er nichts: „Sowas erfahren wir immer erst eine Woche vorher. Ich habe da eh wenig Hoffnung in die oben, dass die was machen.“

    „Sie wollen die Befristeten rausschmeißen“, antwortet ein weiterer Kollege im Gespräch, ohne zu zögern. Er ist seit drei Jahren im Werk beschäftigt und wäre selber davon betroffen. Die erste Welle des Stellenabbaus sei aufgeteilt für Ende diesen und Mitte nächsten Jahres geplant, so ein Kollege, der seit drei Jahren im Werk arbeitet. Das würde der gängigen Taktik entsprechen: Erst die Leiharbeiter:innen, dann befristete Verträge nicht verlängern und in jedem Fall aufteilen, damit sich weniger Kolleg:innen solidarisieren – in der Hoffnung nicht die Nächsten zu sein.

    Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 90 vom September 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

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