Vom 3. bis 8. September hat in Kiel ein Protescamp des Bündnisses „Rheinmetall entwaffnen” stattgefunden. Ziel der Aktivist:innen war es, die Rüstungsindustrie zu blockieren bzw. einzuschränken und gegen die Aufrüstung in Deutschland zu demonstrieren. Dafür haben vielfältige Aktionen stattgefunden.
„Widerstand gegen die neue Normalität von Aufrüstung, tausendfachen Tod, Flucht und Vertreibung ist das Gebot der Gegenwart. Wir werden uns gemeinsam mit vielen hundert Aktivist:innen vom Dienstag, 3. bis Sonntag, 8. September zu einem Aktionscamp in Kiel – einem der Rüstungs- und Militär-Hotspots in Deutschland – versammeln“, so hatte es das Bündnis Rheinmetall Entwaffnen in seinem Aufruf zu seinem Protestcamp geschrieben. Dort wolle man „direkte Aktionen gegen Militär und Rüstungsindustrie“ organisieren.
„Rheinmetall Entwaffnen“ – Antimilitaristisches Aktionscamp im September in Kiel
Widerstand von verschiedenen Akteur:innen
Hintergrund des Vorhabens sind die massive Aufrüstung in allen imperialistischen Ländern, insbesondere in Deutschland, und die wichtige Position Kiels in dieser deutschen Kriegsmaschinerie. Dem Aufruf folgten mehrere hundert Aktivist:innen aus verschiedenen Strömungen der politischen Linken.
So gab es auch ein „revolutionäres Barrio“ auf dem Camp, an dem sich verschiedene kommunistische Organisationen wie Perspektive Kommunismus, Rote Jugend Deutschland oder der Kommunistische Aufbau beteiligten. „Der Hauptfeind der Arbeiter:innenklasse steht im eigenen Land! Ohne die Konfrontation der Kriegstreiber vor unserer Haustüre wird eine sozialistische Gesellschaft des Friedens und der Solidarität nicht zu machen sein“, heißt es in dem Aufruf.
Aktionen gegen Kriegsprofiteure
Die ganze Woche über wurden verschiedene Aktionen gegen die Rüstungsindustrie und andere Kriegsprofiteur:innen organisiert. So wurde am Donnerstag eine Filiale der Deutschen Bank mit Plakaten und einer Tapete mit der Parole „Siemens, Daimler, Deutsche Bank – Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ plakatiert.
Ihre Aktion begründen die Aktivist:innen mit der wichtigen Rolle der Deutschen Bank in der Geschichte des deutschen Imperialismus. So würde sie die Rüstungsindustrie finanzieren und „Partnerschaften mit mörderischen Staaten“ wie der Türkei pflegen.
Ebenfalls am Donnerstag organisierten Jugendliche ein „Die-In” vor dem Karrierezentrum der Bundeswehr. Darüber hinaus fanden Flyer-Aktionen vor Werkstoren und Schulen statt.
Außerdem wurden im Zeitraum des Camps bzw. in den Wochen zuvor eine Bundeswehr-Kaserne in Eckernförde und eine Rheinmetall-Drohnenfabrik im bayrischen Iffeldorf mit Farbe markiert.
Polizeigewalt gegen Großaktionen
Die größten Aktionen fanden jedoch am Ende der Woche statt: Für den Freitag war eine Blockade-Aktion angekündigt, bei der konkret die Rüstungsproduktion gestört werden sollte. Dafür machten sich die Aktivist:innen gegen 2:30 Uhr vom Camp auf in Richtung der Anschütz GmbH – ein international agierender Rüstungskonzern. Dabei kam es unter der Gablenzbrücke in der Innenstadt zu einem äußerst gewalttätigen Einschreiten der Polizei, das zu einer unbekannten Zahl an Verletzten führte. Mindestens zwei Demonstrierende mussten zeitweise ins Krankenhaus, eine musste operiert werden.
Bereits in den Tagen zuvor hatte die Polizei eine massive Präsenz in der Stadt gezeigt und jegliche Bewegung größerer Menschengruppen aus dem Protestcamp verfolgt. Auch die von ihr geschützten Rüstungskonzerne zeigten sich verängstigt, schickten Belegschaften ins Homeoffice oder veränderten ihre Anfahrtswege. Nach Bündnisangaben etwa sei am Aktionstag bei Rheinmetall gar nicht produziert worden. Die Blockade-Aktion konnte dennoch ihr Ziel nicht erreichen und zog sich in den frühen Morgenstunden zurück. Dabei kam es noch zu einer weiteren Festnahme.
Auf der Demonstration am Folgetag, dem Samstag, setzte die Polizei ihre Linie fort: Über 1.000 Menschen waren gekommen, über 300 davon fanden sich im revolutionären Block ein. Die Polizei griff hierbei vor allem den hinteren Teil der Demonstration wegen vermeintlich verbotener Fahnen an. Ob diese tatsächlich verboten seien oder der Einsatz verhältnismäßig war, müsse aber noch geprüft werden, wie die Polizei dem NDR gegenüber selbst einräumt. „Die Gewalteskalation geht ganz klar von der Polizei hier aus“, so Bündnissprecher Jonah Fischer, der die Angriffe als Einschüchterungsversuch bewertet. Während der Demonstration wurden verschiedene Reden gegen die Rüstungsindustrie und Krieg gehalten und auch kreative Akzente gesetzt: So wurden eine Drohne und ein Panzer aus Pappe verbrannt, wiederholt Pyrotechnik angezündet und ein Revier der Polizei, welche die Demonstrant:innen gegen Krieg und Aufrüstung immer wieder drangsaliert und verletzt hatte, mit Farbe markiert.
Von den Aktionstagen bleibt vor allem der Eindruck, dass auch heute in Deutschland ein vielfältiger und gemeinsamer Widerstand gegen Rüstungsindustrie und Aufrüstung möglich ist und notwendiger denn je.