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Freitag, Oktober 4, 2024
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    Rücktritte, Austritte, schlechte Wahlergebnisse – Die Grünen in der Krise

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    Das Vertrauen der Bevölkerung in die Ampelregierung aus SPD, FDP und Grünen ist praktisch nicht mehr vorhanden. Bei den Grünen ist daher nicht nur der Parteivorstand zurück-, sondern auch der Vorstand ihres Jugendverbands aus der Partei ausgetreten. Die Gründe für die Krise der Grünen liegen vor allem in ihrer arbeiterfeindlichen, umweltschädlichen und rechten Politik. – Ein Kommentar von Jens Ackerhof.

    Die Ampelregierung steckt in der Krise: Nur noch drei Prozent der Befragten betrachten die Koalition aus SPD, FDP und Grünen als gut für das Land. Von diesem mangelndem Vertrauen profitiert vor allem die CDU, die 54 Prozent der Befragten gerne in einer führenden Rolle in der nächsten Regierung sehen wollen. Die Koalitionsparteien kämpfen derweil um Zustimmung. Laut der letzten Sonntagsfrage würde die FDP mit 4 Prozent nicht mehr im Parlament vertreten sein. Auch die SPD (16 Prozent) und die Grünen (10 Prozent) sind historisch unbeliebt. Letztere scheinen aus dieser Schlappe sowie den Ergebnissen der letzten Landtagswahlen nun Konsequenzen zu ziehen.

    Parteivorstand der Grünen tritt zurück

    Omid Nouripour und Ricarda Lang, die innerhalb der eigenen Partei eigentlich recht beliebten Co-Vorsitzenden der Grünen, haben ihren Rücktritt angekündigt. Mit ihnen gehen auch die stellvertretenden Vorsitzenden, die Geschäftsführerin und der Bundesschatzmeister. Abgeben werden sie ihre Ämter nach dem Grünen-Parteitag im November. Dort wird dann ein neuer Vorstand gewählt.

    Die Parteichef:innen begründen ihren Rücktritt vor allem mit den schlechten Wahlergebnissen und dem Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr. So spricht Nouripour von „der tiefsten Krise unserer Partei seit einer Dekade“, und Lang erhofft sich von dem Rücktritt einen „Neustart“ und eine „strategische Neuaufstellung der Partei“.

    Vorstand der Grünen Jugend will aus der Partei austreten

    Der Vorstand der Grünen Jugend glaubt indes nicht mehr an eine für sie günstige Neuaufstellung. Ihre Vorsitzenden Svenja Appuhn und Katharina Stolla kündigten in einem Brief nicht nur ihren Rücktritt an, sondern auch ihr Vorhaben, aus der Partei auszusteigen. Die Ursache? Die kontinuierliche Entwicklung der Partei nach rechts: “Wir merken, dass unsere inhaltlichen, aber auch strategischen Vorstellungen von Politik immer weiter auseinander gehen – und glauben, dass es mittelfristig keine Mehrheiten in der Partei für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt”, heißt es in dem Schreiben.

    Austreten wollen sie daher nach dem Bundeskongress der Grünen Jugend im Oktober. Danach lautet das Ziel, eine eigene Organisation bzw. einen „neuen, dezidiert linken Jugendverband zu gründen“. Die alteingesessene Grünen-Politikerin und Abgeordnete Renate Künast weint dem austretendem Jugendvorstand jedoch keine Träne nach. Sie wundere sich nicht über den Rücktritt. Der Jugendvorstand habe einen „Klassensystem-Sozialismus“ aufbauen wollen und sei „nicht realitätstauglich“ gewesen.

    Während Künast dem sogenannten „Realo-Flügel“ der ohnehin schon immer rechter werdenden Partei zuzurechnen ist, lässt sich aus einer linkeren Perspektive die Krise der Partei recht gut nachvollziehen. Denn statt für einen „Klassensystem-Sozialismus“ springt die Parteiführung lieber einfach für ein anderes Klassensystem in die Bresche – nämlich den Kapitalismus. Während Künast diese Politik als „realitätstauglich“ ansieht, übersetzt sich dies für linkere Wähler:innen wohl eher als „kapitalfreundlich“. Hinweise, dass der Parteiführung die Profite deutscher Großkonzerne wichtiger sind als die Sorgen der Arbeiter:innen und Kleinbürger:innen, lassen sich in der bisherigen Politik der Ampelregierung zuhauf finden.

    Politik auf Kosten der Arbeiter:innen

    Im letzten Jahr beschloss die Ampelregierung, „grüne“ Technologien mit mehreren Milliarden Euro zu fördern. Sie wollte sich dafür aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) bedienen. Hierzu hatte sie – für die Corona-Pandemie veranschlagte, aber nicht genutzte Gelder – aus dem Bundeshaushalt 2021 umgeschichtet. Ein Schritt, der sich später als verfassungswidrig herausstellte und so die (heute immer noch ungeklärte) Haushaltskrise weiter befeuerte.

    Wie die Ampel-Regierung im Namen der Umwelt Geld an Konzerne verschenkt

    Der KTF finanziert sich jedoch auch durch ansteigende CO2-Preise für Unternehmen. Diese wälzen die steigenden Kosten auf die Konsument:innen ab, die aufgrund der anhaltenden Inflation ohnehin schon weniger Geld in der Tasche haben. Während Milliarden für die Förderung von Microchip-Fabriken und andere Unternehmen bereitgestellt wurden, bekamen die Bürger:innen keine solchen Geschenke.

    Stattdessen wurden im Bundeshaushalt 2024 verschärfte Sanktionen für das Bürgergeld beschlossen, welche z.B. die Sperrung von Zahlungen an sogenannte „Totalverweigerer“ für bis zu zwei Monate vorsehen. Für den Bundeshaushalt 2025 sind weitere Kürzungen vorgesehen. Ebenfalls kürzen wollten die Grünen mit der Ampel bei den Subventionen für Agrardiesel – eine Entscheidung, die zu den Bäuer:innenprotesten Anfang 2024 führten. Denn erneut sind es nicht die Agrar-Großkonzerne, sondern die Kleinbäuer:innen und Landarbeiter:innen, die unter den Kürzungen und den ohnehin schon ruinösen Lebensmittelpreisen leiden.

    Milliarden für Rüstung statt für Menschen

    Während die Ampel mit den Grünen die steigenden Lebenskosten in Kauf nehmen und vorantreiben, nehmen sie ihre Versprechen an deutsche Rüstungskonzerne jedoch sehr ernst: “Wir haben jetzt ein Gesamtpaket geschnürt, mit dem wir schnell unsere Verpflichtung in der NATO erfüllen können”. Mit diesen Worten freute sich 2022 die damalige Kriegsministerin Annalena Baerbock (Grüne) über die 100 Milliarden, die für die Aufrüstung der Bundeswehr veranschlagt wurden.

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    Der ebenfalls grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck forderte in diesem Bereich auch bereits Abnahmegarantien, also den Zwang für die Regierung, die hergestellten Waffen und Munitionen auch zu kaufen. Zustimmung erhielt Habeck hierfür auch von der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

    Wie grün sind die Grünen noch?

    Da Umweltpolitik und Kampf gegen den Klimawandel wichtiger Teil des „Brandings“ der Grünen ist, hätte man durchaus erwarten können, dass sie zumindest diese in der Ampelkoalition konsequent verfolgen. Stattdessen trug die Partei etliche umweltschädliche Maßnahmen mit: das Vorhaben, Fracking-Gas aus den USA und Katar zu kaufen, die verlängerten Laufzeiten für Kohlekraftwerke und eine Verkehrswende, die lieber auf massive E-Auto-Produktion als auf den Ausbau eines kostenlosen Nahverkehrs setzt.

    Obwohl die Grünen Fridays for Future und die Klimabewegung gerne als Aushängeschild für ihre Partei ansehen, wurde ihre tatsächliche Abneigung gegenüber Klimaaktivist:innen im letzten Jahr besonders deutlich: So sitzt die Partei gemeinsam mit der CDU in NRW in der Landesregierung und beschloss dort z.B. die Räumung des Dorfes Lützerath. Das gewachsene Örtchen wurde trotz bundesweiten Widerstands geräumt, um dem Energiekonzern RWE dort den Abbau von Braunkohle zu ermöglichen. Dieses umweltschädliche aber kapitalfreundliche Ziel setzte die schwarz-grüne Regierung mit massiver Gewalt gegen die und Besetzer:innen in Lützerath durch.

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    Menschenfeindliche Migrationspolitik

    Ein weiteres Thema, das die Spannungen innerhalb der Partei und den Austritt des grünen Jugendvorstands verschärfte, war die Migrationspolitik, welche die Grünen in der Regierung mittrugen und -tragen. So stimmten sie – trotz des Protests ihres Jugendverbands – der Reform des Asylrechts zu. Dieses sieht u.a. vor, Geflüchtete, inklusive Familien mit Kindern, in haftähnlichen Bedingungen an den Grenzen einzusperren, bis ihr Asylantrag entschieden ist.

    Auch jetzt noch tragen die Grünen die jüngsten Verschärfungen der Migrationspolitik mit: So startete letzten Monat der erste Abschiebeflug in das von den Taliban regierte Afghanistan. Die Grünen-Politikerin und zweite Bürgermeisterin Hamburgs, Katharina Fegebank, wird das wohl freuen. Sie forderte bereits im Juni Abschiebungen von Straftätern nach Syrien und Afghanistan.

    Wie geht es weiter mit den Grünen und der Ampel?

    Der Haushaltsentwurf für 2025, in dem noch immer 12 Milliarden Euro ohne Finanzierung sind, könnte zu einem frühzeitigen Ende der Ampelregierung führen, wenn nicht rechtzeitig eine Einigung erzielt wird. Doch so oder so: die Arbeiter:innen haben auch mit Neuwahlen keine Verbesserung ihrer Situation zu erwarten.

    Ob die Grünen wieder an Stimmen gewinnen werden, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: die Widersprüchlichkeit des grünen Liberalismus wird immer deutlicher. Denn wer Sozialismus nicht für „realitätstauglich“ hält und um jeden Preis an der Macht sein will, der wird immer Politik für die Reichen und die Großkonzerne machen. Mit solch einer Politik aber ist ein effektiver Kampf gegen Klimawandel und Umweltzerstörung ebenso undenkbar, wie Entlastungen für Arbeiter:innen oder konsequente Hilfe für Geflüchtete.

    • Perspektive-Autor seit 2023. Wohnort: Hamburg. Kommentare verfasst er häufig über bürgerliche Politiker:innen und deren Propaganda. Seine Lieblings- und Haustiere sind Ratten.

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