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Dienstag, Oktober 8, 2024
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    Union fordert Verbot von Sexkauf & Bordellbetrieb

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    Am Montag forderte die Union im Bundestag erneut das Verbot von Prostitution. Die Debatte um die Einführung des „Nordischen Modells” wird dadurch auch in Deutschland erneut angestoßen.

    In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag, 23. September wurde ein Antrag der Union zum Verbot von Sexkauf debattiert. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion umfasst insgesamt 16 Punkte: dort wird unter anderem eine allgemeine Strafbarkeit für die Freier gefordert, sowie die grundsätzliche Strafbarkeit von Zuhälterei. Im Zuge dessen soll der Betrieb von Prostitutionsstätten in Form von Bordellen, Laufhäusern, Verrichtungsboxen oder Wohnwagen verboten werden. Auch die Vermietung von Objekten zum Zweck der Prostitutionsausübung soll dem Antrag zufolge künftig nicht mehr möglich sein.

    Gleichzeitig sollen Prostituierte im Rahmen der Neuregelung jedoch durch die Tatsache der reinen Ausübung ihrer Tätigkeit nicht kriminalisiert werden. Ein Teil der Antragspunkte setzt sich außerdem mit der Schaffung von Austeiger:innenprogrammen auseinander, mit Aufklärungsarbeit und der Ausweitung polizeilicher Kapazitäten in Form von spezialisierten Polizeieinheiten.

    Das „Nordische Modell” – bald in Deutschland?

    Die Begründung des Antrags befasst sich unter anderem kritisch mit dem Prostitutionsgesetz, dass im Jahr 2002 eingeführt wurde: „Bereits die Zwischenevaluation im Jahr 2020 hat gezeigt, dass die eingeführten Schutzvorschriften größtenteils ins Leere laufen und sich die Situation der von Experten geschätzten mindestens 250.000 Prostituierten in Deutschland nicht verbessert hat. Dies belegen auch aktuelle Zahlen: Im Jahr 2022 waren lediglich 28.280 Prostituierte bei den Ordnungsbehörden gemeldet. Darunter gerade einmal 50 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie zehn ausschließlich geringfügig Beschäftigte.“

    In Zukunft soll, so der Vorschlag der Union, ein „Dreisäulenmodell” für Deutschland entwickelt werden, das sich an das Vorbild des sogenannten „Nordischen” oder auch ”Schwedischen Modells” anlehnt. Dieses setzt vor allem auf den Ausbau von Präventions- und Ausstiegsangeboten, auf die Einführung von Strafbarkeit beim Erwerb sexueller Dienstleistungen und den Ausbau der staatlichen Repressionsorgane.

    Die Abstimmung über eine Reform des Gesetzes dürfte jedoch noch in der Zukunft liegen. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN), das als Verein vom Bundesfamilienministerium mit der Evaluation des Gesetzes beauftragt ist, hat angekündigt, den Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes bis zum 1. Juli 2025 vorzulegen. Diese Analyse würde dementsprechend mitten in den kommenden Bundestagswahlkampf fallen. Die Abstimmung einer Reform vor der nächsten Legislatur ist daher unwahrscheinlich.

    Viel Kritik am Unions-Antrag

    Der Vorstoß der CDU/CSU-Fraktion stößt dabei nicht nur auf Zustimmung, sondern auch auf vielfache Kritik, selbst aus prostitutionskritischen Kreisen. Die Kritiken befassen sich in großen Teilen mit dem Vorhaben der Union, das Nordische Modell als Vorbild zu nutzen, wobei man sie sich auf bekannte Vorbehalte diesem gegenüber bezieht.

    Im Wesentlichen behandeln die Einwände das Risiko einer Verschlechterung der Lebenssituation für die Menschen –  in den meisten Fällen Frauen –, die mit der Prostitution ihr Leben bestreiten. Ohne die Schaffung von Alternativen sei der Ausstieg aus der Prostitution für viele Frauen nicht umsetzbar: sie würden dann oft in eine noch prekärere Lage gedrängt – zum Beispiel  dadurch, dass Vermieter:innen gezwungen wären, den Frauen die Wohnung zu kündigen, sollten sie feststellen, dass diese für die Prostitution genutzt werde.

    Eine französische Studie, auf die sich auch die NGO Human Rights Watch bezieht, stellt außerdem fest, dass die Einführung von Sexkauf-Verboten unter anderem zu einer Verlagerung von Prostitution in abgelegene und gefährlichere Gegenden führe. Im Zuge dessen erhöhe sich die Gefahr von sexualisierter Gewalt und Misshandlung – das zeige sich in Frankreich z.B. an einer Häufung von Morden an Prostituierten.

    Eine von Kritiker:innen des Nordischen Modells oft zitierte Metastudie, die im Jahr 2023 veröffentlicht wurde, setzt sich ebenfalls mit den Auswirkungen von Prostitutions- und Sexkauf-Verboten auseinander. Hiernach steige das Risiko, sich mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren oder Opfer von Gewalt zu werden, deutlich an. Dieser Anstieg sei unter anderem auf die Umsetzung der Verbote zurückzuführen, die demnach nicht unbedingt zur Senkung der Prostitution, sondern zur Verschiebung in den illegalen Sektor führe.

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