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AfD-Verbot: Warum wir uns auf den Staat nicht verlassen können

Ein Gruppenantrag im Bundestag soll das Parteiverbotsverfahren gegen die AfD einleiten. Das Thema ist nicht neu, die Thematik soll jetzt aber neuen Wind bekommen. Währenddessen profitieren die Steigbügelhalter:innen der Regierungsparteien von den Forderungen der Faschist:innen. – Ein Kommentar von Janosch Weiß.

Am Mittwoch veröffentlichte das Bündnis AfD-Prüfen einen Antrag, der den Bundestag verpflichten soll, ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht zu prüfen. Bei dem Bündnis handelt es sich um einen fraktionsübergreifenden Zusammenschluss, dem hauptsächlich Bundestagsmitglieder von der Linken, den Grünen sowie der SPD angehören. Die Forderungen nach einem Parteiverbot gegen die AfD sind jedoch nicht neu. Bereits seit dem vergangenen Jahr wird das Parteiverbot als Mittel der Wahl angepriesen, um den Faschismus in Deutschland zu besiegen.

Dies ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich: Einerseits lässt sich der Faschismus grundlegend nicht einfach in einem gerichtlichen Verfahren verbieten. Andererseits suggeriert das Verfahren, dass der Staat grundsätzlich antifaschistisch sei und diese antifaschistische Arbeit bequem von den Gerichten erledigt werden könne.

Warum ein AfD-Verbot keine Lösung ist

Mehr Hinweise und höhere Erfolgschancen vor Gericht?

Doch was hat sich heute im Gegensatz zu letztem Jahr verändert? Neben dem konkreten Antrag, der jedoch noch nicht in den Bundestag eingebracht wurde, sind im Laufe der Zeit weitere Tatsachen hinzugetreten, welche die Bewertung der AfD durch den Verfassungsschutz verändern könnten. Dabei erwarten die Befürworter:innen des Antrags, dass insbesondere die Hochstufung von „Verdachtsfall“ zu „gesichert rechtsextrem“ den entscheidenden Ausschlag hinsichtlich eines Parteiverbots geben werde.

An Skandalen mangelt es bei der AfD ohnehin nicht. So wurde unter anderem publik, dass der Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah für China Spionage betrieben haben soll. Zudem legte die AfD in Thüringen nach ihrem Wahlerfolg in der ersten konstituierenden Sitzung das Parlament lahm. Deren Landesparteichef Höcke wurde 2024 außerdem gleich zweimal wegen des Verwendens einer verbotenen Parole der SA verurteilt.

Maximilian kräht – für China?!

Zudem hat die Gruppe nun die notwendigen 37 Mitglieder – 5 Prozent des Bundestags – zusammen, um den Antrag in den Bundestag einbringen zu können. Weiter bestehende Vorbehalte in den Fraktionen betreffen einerseits die bessere Beobachtung durch den Staat, solange die Partei nicht verboten ist, andererseits deren Möglichkeit, das Thema Wählerstimmen bringend auszuschlachten. So haben sich Bundeskanzler Scholz (SPD) sowie der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Merz (CDU) schon gegen den Antrag ausgesprochen. Vorbehalte gibt es auch in der FDP und bei den Grünen – das BSW lehnte ein Parteiverbotsverfahren von vornherein kategorisch ab. Damit stehen die Chancen für eine Mehrheit im Bundestag sehr schlecht.

Die Ampel-Regierung auf der rechten Welle

Ein weiterer unausgesprochener Vorbehalt gegen ein Parteiverbot dürfte sein, dass die Ampel-Regierung unter den aktuellen politischen Gegebenheiten von der faschistischen AfD profitiert: Während die AfD bildlich zwei Schritte nach rechts vorangeht, bleibt die Ampel-Koalition mit nur einem Schritt nach rechts hinter ihr als scheinbar moderatere Politik zurück. Ohne den rhetorischen Vorstoß der Faschist:innen wäre die aktuelle, rechtsgerichtete Politik um einiges schwerer zu verkaufen. Ein Beispiel dafür sind die Verschärfungen von Asyl- und Migrationsrecht: Während die AfD schon seit jeher die Festung Europa durch Abschiebungen und Grenzschutz verteidigen möchte, drängt nun auch Bundeskanzler Scholz (SPD) auf Abschiebungen im „großen Stil“. Gleichzeitig hat erst vergangen Monat Innenministerin Faeser (SPD) wieder Grenzkontrollen an deutschen Außengrenzen in Kraft gesetzt.

Festung Deutschland – Geschlossene Grenzen auf Zeit?

Zudem rechtfertigen die Ampel-Parteien ihre rechte Politik damit, dass die Wähler:innen sonst zur AfD überlaufen würden. Rechte Gesetze gegen rechte Parteien? Nicht nur werden solche Wähler:innen erst recht in ihren Gedanken bestätigt, wenn nun sogar schon die sogenannte gemäßigte Mitte die Hetze der AfD in Gesetze gießt. Das Vorgehen signalisiert außerdem, dass die AfD augenscheinlich gar nicht so weit von der Ampel-Koalition entfernt ist, wie letztere selbst so gern behauptet.

Der Ampel nicht vertrauen – Faschismus trotzdem bekämpfen

Der Faschismus und der deutsche Staat sind untrennbar miteinander verwoben. Ein ehrliches Interesse, gegen den Faschismus vorzugehen, hat der Staat nicht – wir hingegen schon. Als Arbeiter:innen sind wir die Leidtragenden von der Verschärfung von Ausbeutung sowie der Militarisierung nach Innen und Außen. Wir sind jedoch nicht auf den Staat oder gerichtliche Verfahren in unseren Kampf gegen den Faschismus angewiesen. Gemeinsam und organisiert können wir diesen Kampf überall dort führen, wo wir mit faschistischem Gedankengut oder Faschist:innen selbst in Kontakt kommen.

Janosch Weiß
Janosch Weiß
Autor bei Perspektive seit 2022. Jurist. Beschäftigt sich mit (Un-)Recht im deutschen Staat und deutscher Wirtschaft. Schreibt aus dem Rhein-Main-Gebiet.

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