Zeitung für Solidarität und Widerstand

Angriff auf soziale Zentren und palästinasolidarisches Café in Leipzig

In Leipzig wurden in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober das Soziale Zentrum Clara Zetkin, das Zweieck, Die Ganze Bäckerei und das Café VARY für ihre Solidarität mit Palästina angegriffen. Die Reaktion? Gemeinsames Putzen, „ungebrochene Solidarität“ und „konsequenter Internationalismus“. – Ein Kommentar von Johann Khaldun.

Nach seiner Eröffnungsfeier im vergangenen Juni konnte sich das soziale Zentrum „Clara Zetkin“ (SZ) im Leipziger Stadtteil Lindenau in den letzten Monaten langsam als Anlaufpunkt für ein solidarisches Miteinander in der Nachbarschaft und darüber hinaus entwickeln. Nicht zuletzt das internationalistische Profil ist dabei ein wichtiger Teil dieses Fortschritts.

Aber die gleiche politische Ausrichtung, die das SZ vermehrt zur Anlaufstelle fortschrittlicher Menschen werden lässt, erregt auch den Unmut einiger weniger, dafür aber um so militanterer Leute in der Stadt. Das hat sich in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober gezeigt, als die Fenster, der Rollladen und die Eingangstür des SZ mit Israelfarben und -symbolen besprüht wurden.

Auch das VARY, ein Café auf der Eisenbahnstraße, das Zweieck, ein Nachbarschaftsverein im Leipziger Osten, und Casa/Die Ganze Bäckerei, ein migrantisches Hausprojekt, wurden in der gleichen Nacht Opfer dieses Angriffs. Die Orte wurden dabei mit Parolen und blauer Farbe beschmiert. Spontan fanden sich 20-30 solidarische Menschen zusammen, um diese Schmierereien zu entfernen.

Der Zeitpunkt ist offenbar bewusst gewählt. Denn mit dem 7. Oktober jährt sich der Ausbruchsversuch verschiedener palästinensischer Kräfte – darunter auch Islamist:innen – aus dem Ghetto von Gaza. Seitdem verübt Israel seinen langanhaltenden Völkermord an den Palästinenser:innen offen und mit großer Beschleunigung.

Das SZ Clara Zetkin, VARY, Die Ganze Bäckerei und das Zweieck sind allesamt als Veranstaltungsorte für palästinasolidarische Vorträge, Seminare und ähnliches bekannt.

Ein Projekt mit Zukunft: Das soziale Zentrum „Clara Zetkin“ feiert seine Eröffnung

Angriffe von verschiedenen Seiten

Dieser Angriff ist weder für das Soziale Zentrum Clara Zetkin noch für andere Strukturen in Leipzig oder Deutschland ein Einzelfall. Schon vor einigen Monaten wurde das Türschloss des SZ mit Kleber befüllt, nachdem AfD-Sticker an die Tür geklebt worden waren. In der gleichen Nacht wurde auch Die Ganze Bäckerei, ein migrantisch geprägtes Hausprojekt im Leipziger Westen, Opfer eines Farbangriffs. Und auch dort wurde bereits vorher ein Anschlag verübt, bei dem Schweinefett mit klar rassistischem Motiv durch die Scheiben der Räumlichkeit geschmissen wurde.

Erst vor wenigen Wochen wurden vier Mitglieder der Augsburger Ortsgruppe der sozialistischen Stadtteilorganisation Solidaritätsnetzwerk mit Hausdurchsuchungen belegt. Und auch in dieser Stadt gab es Angriffe auf Die Ganze Bäckerei in Form einer Razzia. Selbst ganze Organisationen wie die palästinensische Gefangenensolidarität Samidoun werden verboten.

Hausdurchsuchungen in Augsburg wegen palästinasolidarischen Aushängen – Spontanaktionen heute

Repression und Faschisierung – nicht nur durch den Staat

Dabei sehen wir, wie Faschist:innen, sogenannte „Antideutsche“ und der deutsche Staat mit vereinten Kräften auf dasselbe Ziel einschlagen. Die sogenannten „Antideutschen“ verstehen sich zwar als radikale Linke. Der imperialistische Staat Israel, der seit nunmehr einem Jahr einen sich schubweise ausweitenden offenen Völkermord an den Palästinenser:innen betreibt, ist jedoch das Maß aller Dinge für sie.

So kann es uns nicht wundern, dass sie selbst immer reaktionärer werden, sich in immer ungebrochenerer Einheit mit den Faschist:innen befinden. Da mag die Selbsttäuschung und das linke Erscheinungsbild auch noch so sehr dagegen sprechen. Ihre Taten beweisen das Gegenteil.

Bei den Angriffen auf das SZ handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Angriff durch diese „Antideutschen“. In Leipzig haben sie eine ihrer schwindenden Rückzugsorte. Dort treten sie umso aggressiver auf, je weniger sie werden.

Solidarität bleibt die Antwort

Das soziale Zentrum „Clara Zetkin“ lässt sich derweil nicht klein kriegen. In einem Post auf seiner Instagram-Seite heißt es: „Aber genau unsere ungebrochene Solidarität, unser konsequenter Internationalismus auch gegen den Druck der bürgerlichen Politik macht uns zum Dorn im Auge des herrschenden Sozialchauvinismus auch unter einigen wenigen Deutschen mit linkem Selbstverständnis. Damit sind die Antideutschen gemeint. Das Zentrum hält „konsequent fest am Internationalismus – auch gegen Angriffe!“ schreibt es.

Dieser Einstellung folgend, veranstaltet das SZ am kommenden Sonntag, dem 13. Oktober, ab 15 Uhr in ihren Räumlichkeiten in der Georg-Schwarz-Straße 44 eine Diskussionsrunde zur Komplizenschaft des deutschen Staates am Genozid in Gaza, bei der auch Spenden für die Kostendeckung der Beseitigung der entstandenen Schäden gesammelt werden.

Diese „ungebrochene Solidarität“ ist es, die auch weiterhin fortschrittliche Menschen anziehen wird und die Kraft spendet, um Angriffen wie diesen – sei es vom deutschen Staat oder von seinen unbewussten Helfer:innen ausgehend – standzuhalten. Dadurch, dass das SZ und andere palästinasolidarische Orte standhaft bleiben, leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Aufbau eines wirklichen Widerstands gegen die kapitalistischen Zustände, die dieses Elend produzieren.

Johann Khaldun
Johann Khaldun
Perspektive-Autor seit 2023. Philosoph deutsch-algerischer Abstammung mit Fokus auf Arbeiter:innengeschichte und deutschem Idealismus. Vom Abstrakten zum Konkreten auf dem Weg der Vermittlung.

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