Der Verkauf des Unternehmens DB-Schenker an den dänischen Konzern DSV wurde nun auch vom DB-Aufsichtsrat bestätigt. Damit ist der Weg frei für die wahrscheinlich größte Übernahme in der Logistikbranche jemals. Für die Arbeiter:innen bei Schenker drohen Entlassungen.
Nach jahrelangem Ringen und Spekulieren wurde es am Mittwoch spannend im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn. Dort stimmten die Mitglieder über den seit Wochen festgezurrten Schenker-Deal mit dem dänischen Logistik-Riesen DSV ab. DSV steht für De Sammensluttede Vognmænd, auf Deutsch „Die Vereinigten Fuhrmänner“. Am Ende hieß es im Aufsichtsrat 10:9 – zehn Mitglieder stimmten für und neun gegen den Verkauf der eigenen Logistiksparte.
Der Verkauf der eigenen Logistiktochter wird der Deutschen Bahn knapp 15 Milliarden Euro einbringen. Der Konzern Deutsche Bahn, an dem der deutsche Staat nach wie vor alle Anteile hält, ist derzeit mit über 30 Milliarden Euro verschuldet und hat angekündigt, den Verkaufserlös zur Schuldentilgung zu nutzen.
Arbeitsplätze in Gefahr
Gegen den Verkauf hatte unter anderen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gestimmt, die mit zwei Sitzen im Aufsichtsrat vertreten ist. Die EVG befürchtet, dass viele der weltweit über 70.000 Schenker-Jobs, vor allem in Deutschland, nun gestrichen werden könnten.
DSV selbst hatte bereits angekündigt, dass es Kürzungen geben werde. Der Konzern, der durch die Übernahme von Schenker voraussichtlich im Konkurrenzkampf mit Deutsche Post DHL und Kühne + Nagel weiter an Land gewinnen wird, hat bereits bei anderen Übernahmen immer wieder durch Arbeitsplatzkürzungen Millionen eingespart.
So strich DSV vor einigen Jahren nach dem Schlucken des schweizerischen Unternehmens Panalpina immer wieder Stellen und setzte Arbeiter:innen auf die Straße. Auch für die Übernahme von Schenker hat DSV bereits die Kürzung von 1.900 Stellen angekündigt.
Die EVG, ver.di und auch die GdL befürchten jedoch allesamt, dass weit mehr Stellen bei der Zusammenlegung von Standorten und dem Streichen von Doppelfunktionen wegfallen könnten.
Sanierungsstau infolge von Privatisierung
Laut eigener Angaben will die Deutsche Bahn sich nach dem Abstoßen der Logistiksparte nun voll auf ihr Kerngeschäft, den Schienenverkehr, konzentrieren. Mit dem Verkauf gewinnt der Konzern nun einige Jahre Zeit und möchte – so die Ankündigung – bald wieder schwarze Zahlen schreiben. Tatsächlich war Schenker jedoch das einzige Unternehmen des Konzerns, das überhaupt Gewinne abgeworfen hat.
Kritik gibt es derzeit vor allem daran, dass die Deutsche Bahn die Milliarden aus dem Verkauf zur Tilgung der Schulden und nicht zur Sanierung des maroden Schienennetzes nutzen will.
Der sogenannte „Investitionsstau” und damit auch die Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn heutzutage ist unter anderem eine Folge der „Bahnreform” ab 1994: Die Anzahl der Arbeiter:innen wurde in den Folgejahren beinahe halbiert und zahlreiche unprofitable Strecken wurden geschlossen. Auch die Annahme, dass sich die Infrastruktur allein durch die Nutzungsgebühren erhalten könnte, ist mittlerweile praktisch widerlegt. Stattdessen sind heute wieder riesige Subventionen – bezahlt aus Steuergeldern – durch den Staat nötig, um die Nutzbarkeit des Schienennetzes überhaupt weiter zu gewährleisten.