Nach der israelischen Invasion in Südlibanon startete der Iran Angriffe in Richtung Israel. Mehrere Raketen konnten ihre Ziele erreichen, getötet wurde eine Person. Premier Netanjahu plant derweil einen Vergeltungsschlag.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch flogen nach Angaben des israelischen Militärs knapp 180 Raketen aus dem Iran in Richtung der israelischen Großstadt Tel-Aviv. Der aktuelle Vorstoß ist dabei um ein Vielfaches größer als der Angriff im April diesen Jahres, als der Iran und verbündete Kräfte mittels Drohnen und Raketen israelisches Gebiet attackierten.
Ein Großteil der Raketen wurde von israelischen Luftverteidigungssystemen mit US-amerikanischer Unterstützung abgefangen, im Gegensatz zum iranischen Angriff aus dem Frühjahr wurden aber dennoch vereinzelte Ziele getroffen. Medienberichten zufolge ist infolge des Angriffs eine Person im Westjordanland durch herabfallende Raketentrümmer getötet wurden, mehrere Menschen in Tel-Aviv wurden verletzt. Kurz nach dem Angriff setzte das israelische Militär außerdem unbeirrt die eigenen Raketenangriffe auf die libanesische Hauptstadt Beirut fort.
Israelische Angriffe auf Libanon halten an – Iran im Zwiespalt
Hintergrund des iranischen Angriffs war die gezielte Tötung des Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah durch Israel vergangene Woche. Im Zuge der israelischen Invasion im Libanon wurden nach UN-Angaben in den letzten zwei Wochen knapp 700 Menschen getötet, mehr als 700.000 Libanes:innen mussten seit der Intensivierung des Kriegs in Westasien im Oktober 2023 bereits ihre Heimat verlassen.
Israelischer Vergeltungsschlag geplant
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spricht nach dem Angriff davon, dass „der Iran … heute Abend einen großen Fehler gemacht” hat und dafür bezahlen werde. Westliche Staaten wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland taten bereits ihre Solidarität kund und sicherten Israel weitere militärische Unterstützung zu.
Wie genau eine israelische Offensive auf den Iran aussehen könnte, ist bislang unklar. Ehemalige israelische Militärs sprechen in der New York Times aber bereits davon, dass unter anderem die nukleare Infrastruktur des Irans potentielle Angriffsflächen bieten würde.
Während die USA weiterhin kein Interesse an einer Eskalation des Krieges zeigen, sind dennoch Truppenverlagerungen des US-Militärs nach Israel im Gespräch. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte an, vermehrt Truppen in Westasien zu stationieren.
Ex-Premier Bennett: “Die größte Möglichkeit der letzten 50 Jahre” für israelischen Krieg
Der ehemalige Premier Israels, Naftali Bennett, sprach auf X indes davon, dass „Israel … jetzt die größte Chance seit 50 Jahren [hat], das Gesicht des Nahen Ostens zu verändern.” Bennett selbst gründete 2018 die zionistische und rechtsradikale Partei Die Neue Rechte. Der jordanische Außenminister Ayman Safadi sicherte hingegen die Sicherheit Israels nur dann zu, wenn die Besetzung der palästinensischen Gebiete aufhöre. Laut ihm ziele das „endgame” Israels lediglich darauf ab, Krieg zu führen.
Wem gilt unsere Solidarität im Krieg zwischen Israel und der Hisbollah?
Nach der Schwächung der durch den Iran unterstützen Hisbollah-Miliz im Libanon sind sich die führenden Kräfte im Iran weiterhin uneins über ihr weiteres Vorgehen. Zuletzt betonten amtstragende Mitglieder der Iranischen Revolutionsgarden, dass derzeit das primäre Ziel sei, der Hisbollah wieder auf die Beine zu helfen.
Doch durch die Tötung des des Hisbollah-Anführers – und damit der einflussreichsten Einzelperson im Libanon – Nasrallah hat sich der schwelende Konflikt zwischen Israel einerseits und dem Libanon – mit den mit ihm verbundenen Kräften wie dem Iran oder den Huthis in Jemen – andererseits, massiv zugespitzt. Sollte nun ein israelischer Angriff auf iranisches Gebiet erfolgen, ist davon auszugehen, dass sich Israel knapp ein Jahr nach der palästinensischen Offensive vom 7. Oktober 2023 in einen Mehrfrontenkrieg in Westasien verwickelt.