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Sonntag, November 10, 2024
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    „Mittelfinger für den Frauenfußball“ – Brandbrief an FIFA

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    In einem Brief forderten mehr als 100 Profifußballerinnen aus 24 Ländern den Weltfußballverband FIFA dazu auf, den Sponsorenvertrag mit dem saudi-arabischen Ölkonzern Aramco zu beenden. Sie kritisieren dabei insbesondere die Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen und LGBTI+.

    In einem Brandbrief an den FIFA-Chef Gianni Infantino kritisieren über 100 Profifußballerinnen die Sponsoring-Ppartnerschaft mit dem Konzern Saudi Aramco und fordern den Fußballverband auf, diese zu beenden. Die Fußballspielerinnen prangern die Lage von Frauen und LGBTI+ sowie Saudi-Arabiens Rolle in der Verschärfung der Klimakrise an.

    „Stellen Sie sich vor, wenn von LGBTQ+-Spielerinnen, von denen viele Heldinnen unseres Sports sind, erwartet wird, bei der WM 2027 für den staatlichen Ölkonzern eines Regimes zu werben, das genau die Beziehungen kriminalisiert, in denen sie leben und für die sie stehen“, heißt es unter anderem in dem Brief. Das Land nutze Sport-Sponsoring, um von seinem „brutalen“ Ruf abzulenken. Die Zusammenarbeit sei „wie ein Mittelfinger für den Fußball der Frauen“.

    In der Tat ist Saudi Aramco zurzeit einer der größten Sponsoring-Partner der FIFA. Der Fußballverband verkündete die Partnerschaft im April diesen Jahres. Im Zuge dessen bekam der Konzern nicht nur die Sponsoren-Rechte für die Frauen-WM 2027, sondern auch für die Männer-WM 2026. Aramco ist außerdem der größte Ölkonzern der Welt und gehört zu 98,5 Prozent dem saudi-arabischen Staat.

    Profispielerinnen sehen FIFA in der Verantwortung

    In ihrem offenen Brief nennen die Frauen unter anderem eindrucksvolle Beispiele für Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien in den letzten Jahren: So wurden in dem Land zwar jüngst oberflächliche Reformen im Sinne der Frauenrechte abgeschlossen. Weiterhin bleibt aber der Rechtsrahmen der Vormundschaft omnipräsent, der Frauen rein faktisch auf das rechtliche Niveau von Minderjährigen stellt und sie überdies den Männern unterordnet.

    Saudi-Arabien als Gesicht für Frauenrechte und die Heuchelei des Westens

    In ihren Forderungen an die FIFA schlagen die Sportlerinnen darüber hinaus die Einrichtung eines Überprüfungsausschusses mit Spieler:innenvertretung vor. Dieser soll die ethischen Implikationen zukünftiger Sponsoring-Deals bewerten.

    Auf Nachfrage verschiedener Medien verteidigt die FIFA die Zusammenarbeit zunächst: „Von den Verträgen mit Aramco und mit anderen Unternehmen würde auch der Frauenfußball profitieren“, heißt es. So sollen die Einnahmen aus den Sponsoring-Deals in den Sport zurückfließen.

    Deutsche Nationalmannschaft bezieht bislang keine Stellung

    Während die deutsche Nationalspielerin Paulina Krumbiegel von Juventus Turin den Brief unterzeichnete, scheint er für das deutsche Nationalteam insgesamt zurzeit keine besondere Relevanz zu haben: Die Innenverteidigerin Sara Doorsoun von Eintracht Frankfurt gab in einer Medienrunde an, der Brief sei im Kreis der Nationalmannschaft zur Zeit „kein Thema“.

    Einflussnahme im Sport ist käuflich

    Saudi-Arabien wird oft als Beispiel für „Sportswashing” und Einflussnahme auf den Sport durch finanzielle Mittel genannt. Das Land unterstützt FIFA-Präsident Gianni Infantinos Pläne, den WM-Abstand von vier auf zwei Jahre zu verkürzen und gilt zugleich als potenzieller Investor für neue FIFA-Wettbewerbe wie die erweiterte Klub-WM.

    Durch Sponsoring verschaffte sich der Staat zunehmend Einfluss, darüber hinaus pflegt er die schon genannten engen Beziehungen zu FIFA-Präsident Infantino. In der Vergangenheit besuchte hatte Infantino den Kronprinzen von Saudi-Arabien, Mohammed bin Salman, mehrfach besucht. So ist es auch nicht überraschend, dass mit aller Wahrscheinlichkeit die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2034 in Saudi-Arabien stattfinden wird – schließlich gibt es keine andere Bewerbung.

    Mit der sogenannten „Vision 2030” verfolgt das Land eine Strategie, die in erster Linie viele wirtschaftliche Entwicklungen umfasst, wobei auch der Ölkonzern Saudi Aramco eine wichtige Rolle einnimmt. Aber auch gesellschaftliche Aspekte wie der europäische Klubfußball oder andere Sportarten wie Golf und Formel 1 sind Teil der längerfristigen Strategie, die wohl unter anderem auch das von einer problematischen Menschenrechtslage geprägte Image des Staates aufpolieren soll. So wurden beispielsweise prominente Spieler wie Cristiano Ronaldo und Lionel Messi für hohe Summen verpflichtet, um das Außenbild des Landes weiter zu fördern.

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