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Dienstag, Oktober 15, 2024
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    Niemals vergessen: Die „Trostfrauen“-Statue in Berlin muss bleiben!

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    In Berlin erinnert eine Skulptur an Frauen und Mädchen, die während des Zweiten Weltkriegs von der japanischen Armee versklavt, vergewaltigt und gefoltert wurden. Oberbürgermeister Kai Wegner will das Mahnmal nun entfernen lassen. – Ein Kommentar von Nadia Schuhmann.

    In Berlin Moabit befindet sich die Statue einer koreanischen Frau, die auf einem Stuhl sitzt, die Hände im Schoß geballt. Sie erinnert an etwa 200.000 Frauen und Mädchen, die im zweiten Weltkrieg versklavt, vergewaltigt und gefoltert wurden – die sogenannten „Trostfrauen“.

    Wer waren die Trostfrauen?

    Mehrere hunderttausende Frauen und Mädchen wurden während des Zweiten Weltkriegs von der japanischen Führung und dem japanischen Militär für die Soldaten zwangsprostituiert. Sie wurden mit falschen Versprechungen getäuscht, entführt und verschleppt. Bis heute ist nicht klar, wie viele Frauen und Mädchen auf diese Art misshandelt oder getötet wurden. Von mindestens 200.000 ist auszugehen, aber manche Schätzungen liegen noch deutlich höher.

    Die meisten von ihnen kamen aus China, Korea und auch Japan selbst. Insgesamt stammten sie aber aus mehr als 14 verschiedenen Nationen. Laut Schätzungen überlebten nur etwa 30 Prozent der Betroffenen. Neben Hunger und Krankheiten waren die Vergewaltigungen und die Folter, der die Frauen und Mädchen ausgesetzt waren, die häufigsten Todesursachen.

    Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurden viele der Dokumente, die als Beweis hätten dienen können, vernichtet, damit die beteiligten Männer nicht zur Verantwortung gezogen werden konnten. Von den verbliebenen Frauen wurden viele vom japanischen Militär ermordet oder an der Rückkehr in ihre Heimat gehindert.

    Ungefähr ab Ende der 1980er-Jahre begannen soziale Bewegungen Aufmerksamkeit auf die Thematik zu lenken. Einige der ehemaligen „Trostfrauen“, die überlebt hatten, traten öffentlich auf und schilderten die Gewalt, die ihnen widerfahren war.

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    Bis heute gibt es bei der japanischen Regierung keinen einheitlichen Umgang mit den Kriegsverbrechen. Die aktuelle Regierung leugnet die Verbrechen gegen die Frauen und versucht, sie unter den Teppich zu kehren.

    Die Statue in Berlin

    Im September 2020 wurde dann in Berlin Moabit die Friedensstatue aufgestellt, die an die „Trostfrauen“ und auch allgemein an die Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Kriegszeiten erinnert.

    Im Mai 2024 nun wurde von der Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner eine Pressemitteilung veröffentlicht: Wegner war vorher in Japan zu Besuch gewesen und hatte Gespräche mit der japanischen Außenministerin geführt. In besagter Pressemitteilung wurde angedeutet, dass die Statue entfernt werden solle, da es sich bei ihr um eine „einseitige Darstellung“ handele. Dann wurde bestätigt, dass das Denkmal im September 2024 entfernt werden solle – und das, obwohl zuvor die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Berlin-Mitte in drei verschiedenen Beschlüssen immer wieder für den dauerhaften Erhalt und Verbleib der Friedensstatue gestimmt hatte.

    Am Samstag endete die offizielle Duldung der Statue. In den Wochen zuvor hatte es einen Einwohner-Antrag für den Erhalt der Statue gegeben, der von mehr als 3.000 Berliner:innen unterschrieben worden war. Am 19. September war er in der Bezirksverordnetenversammlung besprochen worden – mit dem Ergebnis, dass sich auch dort erneut für den Verbleib der Statue ausgesprochen wurde. Aber die BVV hat keine wirkliche Entscheidungsmacht, und auch die Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger von den Grünen will die Statue weiterhin entfernen lassen.

    Zudem gab es ein Treffen zwischen dem Korea-Verband – er hatte die Statue dort platziert und sich für ihre Bleiben einsetzt – und Remlinger, in dem diese jedoch weiterhin keinerlei Kompromissbereitschaft zeigte. Hier zeigt sich einmal mehr, wie Beschlüsse, Bürgerbegehren und die Anliegen der Bevölkerung nicht ernst genommen werden und wie schnell sich darüber hinweggesetzt werden kann.

    Die Statue soll bleiben

    Der Vorwurf, dass die Statue eine einseitige Darstellung sei, ist ein schlechter Scherz: Selbstverständlich konzentriert sie sich auf die Frauen, auf die Betroffenen der Gewalt, auf wen denn auch sonst? Aber das passt der japanischen Regierung nicht, die ihre Kriegsverbrechen bis heute leugnet. Wenig überraschend unterwerfen sich deutsche Politiker:innen, für die Japan ein wichtiger Bündnispartner ist.

    Die Verbrechen des faschistischen Japans im zweiten Weltkrieg gegen die „Trostfrauen“ dürfen nicht vergessen werden. Besonders heute, in einer Zeit, in der es wieder zu mehr neuen Kriegen kommt und die imperialistischen Staaten weltweit, auch Deutschland, ihr Militär weiter aufrüsten und sich auf mögliche Kriege vorbereiten, muss immer wieder daran erinnert werden, welche Folgen Kriege für Frauen haben.

    Entführungen, Vergewaltigungen, Zwangsprostitution, Folter und Morde an Frauen und Mädchen sind keine Einzelfälle. Damals wie heute werden diese Mittel als Kriegswaffe gegen uns eingesetzt. Besonders heute müssen wir uns dessen bewusst sein.

    Dass die Statue entfernt werden soll, hat auch über Berlin hinaus Wellen geschlagen. Besonders vor Ort gab es in den letzten Monaten immer wieder Proteste für den Erhalt des Denkmals. Wie es jetzt weitergeht, ist noch ungeklärt. Grundsätzlich gilt nach wie vor formal, dass die Statue entfernt werden soll.

    Die Skulptur steht für den Mut der Überlebenden, für den Kampf von Frauen gegen Krieg und patriarchale Gewalt und passt damit nicht zur Agenda der Regierungen, die lieber feige versuchen, die Verbrechen gegen Frauen verschwinden zu lassen. Die Entfernung der Statue würde nicht nur bedeuten, dass Berlin Beihilfe dazu leistet, dass die japanische Regierung historische Kriegsverbrechen leugnen kann und dass außerdem die Erinnerung an die „Trostfrauen“ völlig aus dem öffentlichen Raum verschwindet, sondern sie bedeutet auch die Entfernung eines mahnenden Denkmals, dessen Thematik heute leider noch genauso aktuell ist wie zuvor.

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