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Öcalan-PKK-Deal und Angriff auf kurdische Gebiete

Abdullah Öcalan, Gründer der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) sitzt seit 25 Jahren in türkischer Haft. Seine Freilassung wurde nun im Tausch für die Auflösung der PKK angeboten. Währenddessen greift die Türkei in Rojava und im Nordirak an.

Devlet Bahceli, Vorsitzender der Milliyetçi Hareket Partisi (MHP) und Koalitionspartner des Präsidenten Erdogan (AKP), hat kürzlich einen Deal vorgeschlagen: die Freilassung des seit 25 Jahren inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan gegen die Selbstauflösung der PKK. Er fordert Öcalan auf, vor dem türkischen Parlament zu kapitulieren und das Ende der PKK zu verkünden.

Einige Medienhäuser, wie z.B. ntv, vermuten hinter dem Deal den Versuch der Erdogan-Regierung, sich Unterstützung von anderen Parteien, konkret der kurdischen Partei Halkların Eşitlik ve Demokrasi Partisi (DEM), für ihren Plan einer neuen Verfassung heraus zu handeln. Denn mit den zusätzlichen 60 Sitzen hätte Erdogan die nötigen Stimmen, um über ein Referendum eine Verfassungsänderung zu erwirken. Für diese sogenannte „zivile Verfassung” wirbt Erdogan seit einem Jahr. Sie würde ihm eine weitere Amtszeit ermöglichen – eine Option, die ihm andernfalls bei der nächsten Wahl im Jahr 2028 verwehrt bliebe.

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Kurdische Bewegung für Öcalans Freiheit

Abdullah Öcalan wird von vielen Kurd:innen als Wegbereiter der nationalen Befreiungsbewegung verehrt. Als Gründer und Vordenker der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat er sich die Befreiung des kurdischen Volks in einem selbstverwalteten demokratischen Gebiet zum Ziel gesetzt. Für die Türkei ist er Staatsfeind Nummer Eins. Die PKK ist in der Türkei als Terrororganisation verboten, ebenso in Deutschland.

Seit 1999 ist Öcalan auf der Gefängnisinsel İmralı inhaftiert. Er befindet sich in international rechtswidriger Isolationshaft. Seit drei Jahren hatte er keinen Kontakt zur Außenwelt. Passend zu den Plänen der AKP-Regierung durfte ihn gestern erstmals wieder jemand besuchen: Ömer Öcalan, DEM-Abgeordneter und Neffe Öcalans.

Eine internationale Solidaritätsbewegung fordert indes seine Freiheit. Das zweite Jahr in Folge wurde in den ersten beiden Oktoberwochen eine weltweite Kampagne organisiert, um mit Bildungs- und Kulturveranstaltungen sowie symbolischen Aktionen auf Öcalans Haft und die Befreiung Kurdistans aufmerksam zu machen. Auf Öcalan haben 25 Jahre lange Haft eingewirkt. Sein psychischer Zustand ist ungewiss.

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Der Kontext, in dem über Öcalans Freilassung nach einem viertel Jahrhundert Haft verhandelt wird, veranschaulicht den Charakter des heutigen türkischen Staats.

Zurzeit werden aus weiten Teilen Kurdistans Angriffe durch die türkische Armee und Luftwaffe gemeldet. Betroffen seien vor allem Rojava (Nordostsyrien), aber auch das Kandil-Gebirge und die ezidische Region Şengal im Nordirak. In Rojava würden unter anderem das Stadtzentrum von Kobanê bombardiert, sowie Minbic, Derik, Til Rifat und Til Temir. Auch aus der Großsstadt Qamişlo werden Explosionen gemeldet. Somit ist beinahe die gesamte Grenzregion zwischen Rojava und dem türkischen Staat unter Beschuss.

In Tel Rifat südlich der türkisch besetzten Region Afrin wurden laut Angaben zwei Zivilisten durch Artilleriebeschuss getötet, davon ein Kind. Sechs Menschen sind wohl verletzt. Dort haben auch von der Türkei unterstützte islamistische Milizen mit dem Beschuss begonnen. Zur Stunde halten die Angriffe weiter an, die Opferzahlen könnten daher noch weiter ansteigen. Vielerorts wurde zu Kundgebungen aufgerufen, wie heute in Berlin.

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