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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Rassistische Hetze in Wuppertaler Schwimmbad

Um mit „aggressiven Jugendlichen“ einen Umgang zu finden, will ein Schwimmbad in Wuppertal seine Sicherheitsmaßnahmen verschärfen. Ob Rauswurf zur Tageshälfte oder mehr Sicherheitskräfte: rassistische Hetze gegen migrantische Jugendliche ist Kern der Debatte. – Ein Kommentar von Harald Funke.

Ein städtisches Hallenbad in Wuppertal soll mittags für eine Stunde von 13:00-14:00 Uhr geschlossen werden. Damit sollen Jugendliche davon abgehalten werden, den ganzen Tag in dem Hallenbad zu verbringen und dort durch „Pöbeleien, Beleidigung und aggressives Verhalten“ für Unruhe zu sorgen.

Das würde bedeuten, dass neben neuen Öffnungszeiten alle Besucher:innen nun zweimal am Tag eine Tageskarte kaufen müssten. Die Maßnahme richtet sich faktisch vor allem gegen migrantische Jugendliche, die – so die Rechnung – dann nicht mehr wiederkämen. Betreffen würde es alle Besucher:innen, helfen würde es niemandem.

Gegen den Mittagsrausschmiss, dafür mehr Sicherheitskräfte

Der Sportdezernent Matthias Nocke erklärte dann jedoch am vergangenen Samstag gemeinsam im Interview mit der Leiterin des Wuppertaler Sport- und Bäderamts, Alexandra Szlagowski, dass dieser Ansatz nicht weiter verfolgt werde. Stattdessen sollen jetzt in einem Testversuch bis zum Ende des Jahres zusätzliche Sicherheitskräfte engagiert werden, um in der Schwimmoper den geregelten Betrieb sicherzustellen.

Jedoch rührt dieser Umschwung nicht daher, Migrant:innen vor Diskriminierung bewahren zu wollen, sondern daher, dass bei der Durchsetzung der „Mittagspause“ man den Wuppertaler Behörden zu Recht vorwerfen würde, Freizeitaktivitäten für Jugendliche unzugänglich zu machen und andere Besucher:innen ebenfalls zu schikanieren. Um trotzdem migrantische Jugendliche im Zaum zu halten und die „friedliche“ Bevölkerung vor ihnen zu schützen, sollen nun die Sicherheitsmaßnahmen eingeführt werden.

„Sicherheitmaßnahmen“ nach Solingen gelangen bis in die Schwimmbäder

Die Hetze in den Schwimmbädern kommt jetzt nicht aus dem luftleeren Raum: Schon letztes Jahr im Sommer gab es rassistische Passkontrollen in Berliner Schwimmbädern. Und nach dem Anschlag in Solingen wurde ein neues migrantenfeindliches „Sicherheitspaket“ geschnürt, das u.a. sogar das Recht auf Asyl in Deutschland weiter einstampft. Es räumt den Abschiebebehörden mehr Rechte ein, während die Leistungen für Geflüchtete weiter gekürzt werden. Die Auswirkungen dessen schlagen sich auch lokal in Wuppertal nieder.

Berliner Freibäder: Kaputt gespart aber militarisiert

Seit dem Anschlag in Solingen ist die Verschärfung der Sicherheitskontrollen überall zu beobachten. Ein Beispiel sind die Messerkontrollen, die in Remscheid, Solingen oder auch Wuppertal hauptsächlich an den Hauptbahnhöfen durchgeführt werden. Ein anderes ist die Kampagne der örtlichen Polizei mit den passenden Aktionstagen #BesserOhneMesser, wonach vor allem migrantische Jugendliche noch häufiger durchsucht wurden.

Rechtsruck in der Gesellschaft

Gegen junge migrantische Männer wird zurzeit ganz besondere Hetze betrieben: „Talahon“ (arabisch, ursprünglich:„komm her”) hat mit dem zweiten Platz knapp den „Sieg” und die Krönung zum Jugendwort des Jahres verpasst. Es ist erschreckend zu sehen, dass die blanke Stilisierung von jungen Migrant:innen mit bestimmtem Outfit als gewalttätige pöbelnde Meute so normalisiert wurde.

Dagegen ist Protest notwendig. Ähnlich wie im Freibad in Köln, als die Bundeswehr dort Eigenwerbung platziert hatte, um Jugendliche zu rekrutieren. Damals besetzten Freibadbesucher:innen aus Protest den Sprungturm.

Karrieresprung in den Tod – Protest gegen Kriegspropaganda im Schwimmbad

 

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