Die Deutsche Bahn erhöht die Preise für mehrere Tickets, darunter das Deutschlandticket und diverse Zeitkarten. Schuld daran sollen die jüngsten Tarifabschlüsse sein. So kann keine sozial gerechte Verkehrswende aussehen! – Ein Kommentar von Thomas Mercy.
Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember erhöht die Deutsche Bahn die Preise von mehreren Tickets: Nach der vor zwei Wochen angekündigten Erhöhung des Deutschlandtickets von 49 auf 58 Euro zum Jahreswechsel wurden nun weitere Teuerungen angekündigt. Sogenannte Flexpreise sowie Zeitkarten werden durchschnittlich um 5,9 Prozent teurer, und der Preis für die BahnCard 100 wird um durchschnittlich 6,6 Prozent angehoben.
Schuld sind mal wieder die Arbeiter:innen
Als Legitimation für die Erhöhungen gibt die Deutsche Bahn verschiedene Gründe an: Extremwetterereignisse, wirtschaftliche Herausforderungen und deutlich gestiegene Kosten – besonders infolge der jüngsten Tarifabschlüsse – sollen für die Preiserhöhungen verantwortlich sein. Diese Faktoren seien auch Gründe für den Verlust von 1,2 Milliarden Euro, welche die Deutsche Bahn im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete. Durch die Preiserhöhungen werden sich wieder schwarze Zahlen erhofft.
Der Konzern hat seitdem außerdem angekündigt, zehntausende von Stellen abzubauen. Dass Vorstandsvorsitzender Richard Lutz gleichzeitig sein eigenes Gehalt letztes Jahr auf ganze 2,24 Millionen Euro verdoppelte, wird dabei verschwiegen. Auch, dass von den im November 2023 versprochenen 40 Milliarden Euro für die Schiene nun doch ein weiteres Mal Milliarden im zweistelligen Bereich abgezogen wurden, findet keine Erwähnung. Stattdessen sieht der neue Haushaltsplan sogar weitere Kürzungen vor – während Milliarden in die Polizei und Bundeswehr gesteckt werden.
Haushaltskürzungen beim Verkehr: Mehr für Autos, weniger für Zug und Rad
Genug Geld ist also da – aber eher für die Konzernchefs und die Bundeswehr. Der Vorstand des Milliardenunternehmens Deutsche Bahn versucht erneut, die Krisen in der Politik und Wirtschaft auf uns abzuwälzen und macht dafür sogar die Arbeiter:innen selbst verantwortlich.
Kommt die Verkehrswende überhaupt noch?
Mit der Verkehrswende geht es also weiterhin nur im Schneckentempo voran – und sozial gerecht und ökologisch ist sie auch nicht: Anfang diesen Jahres stieg die Anzahl an angemeldeten PKW um 0,7 Prozent. Insgesamt gibt es damit in Deutschland knapp 49,1 Millionen angemeldete PKW, und die Fahrzeugdichte steigt auf 580 Autos pro 1.000 Einwohner:innen. Besonders auf dem Land sind die Menschen jedoch auf ein Auto angewiesen, denn häufig gibt es entweder gar keinen oder einen nur sehr schlecht ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr.
Und das alles, obwohl die Bevölkerung in sehr großen Teilen die Verkehrswende befürwortet. Besonders bei Menschen, die in Städten leben und somit besseren Zugang zu Infrastrukturen für alternative Mobilität haben, ist eine positivere Einstellung zur Mobilitätswende zu erkennen. Gleichzeitig geben viele an, die Verkehrswende noch nicht merkbar in ihrem Alltag zu spüren.
Auch klimatechnisch ist die Verkehrswende dringend nötig: Von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind die Treibhausgas-Emissionen Deutschlands mit Abstand am höchsten. Laut dem Umweltbundesamt macht dabei der Verkehrssektor 20 Prozent der gesamten Emissionen aus, von diesen wiederum entstammen etwa 95 Prozent der Ausstöße aus dem Straßenverkehr.
Autoland BRD: Mercedes und Staat Hand in Hand
Es ist kein Zufall, dass trotz einer breiten Unterstützung in der Bevölkerung und der Notwendigkeit zum Klimaschutz die Verkehrswende bisher so schleichend vorangeht. Deutschland ist mit Blick auf vermögensstarke Konzerne im Inland ein einziges Paradies für die Automobilindustrie. Das beweist nicht zuletzt ein Blick auf die „Forbes-Liste” der 2.000 größten börsennotierten Unternehmen der Welt: Auf Platz 43 der Liste befindet sich nämlich Volkswagen, auf Platz 52 Mercedes-Benz und auf Platz 61 BMW. Zusammen haben die drei deutschen Unternehmen letztes Jahr 42,3 Milliarden Euro Profit gemacht und besitzen über eine halbe Billion an Vermögen.
Die Chefs dieser milliardenschweren Automobilkonzerne könnte man ja mal fragen, wie viel Lust sie tatsächlich auf eine sozial und klimapolitisch gerechte Verkehrswende haben. Durch ihr enormes Vermögen haben sie einen großen Einfluss auf die Politik und können ihre eigenen Interessen dadurch konsequent durchsetzen – Korruption und Lobbyismus haben im Autoland BRD Tradition, was sich nicht zuletzt auch in der aktuellen Lage widerspiegelt.