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Wahlen in Georgien und Moldau: Ein imperialistisches Tauziehen

In Georgien und Moldau stehen Wahlen an, die den Kurs der Länder für die nächsten Jahre bestimmen werden. Beide Länder schwanken seit einiger Zeit zwischen den zwei imperialistischen Mächten Russland und der EU. Gleichzeitig zu den Wahlen wurde in Moldau über ein Referendum dafür gestimmt, den Wunsch nach einem EU-Beitritt in die Verfassung zu schreiben. Auch in Georgien gingen Zehntausende auf die Straße, um einen Beitritt zur EU zu fordern.

Nach der jüngsten Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau bekam die Pro-EU-Kandidatin und bisherige Amtsinhaberin Maia Sandu die meisten Stimmen. Aufgrund einer fehlenden absoluten Mehrheit muss sie jedoch erneut in eine Stichwahl mit dem prorussischen Kandidaten Alexandru Stoianoglo treten.

Gleichzeitig zu der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen hat ein Referendum stattgefunden, das darüber entscheiden sollte, ob der Wunsch nach einem EU-Beitritt in die Verfassung aufgenommen werden soll. Bis kurz vor Ende der Stimmauszählung führten die Nein-Stimmen, am Ende wurde das Referendum jedoch mit knappen 50,46 Prozent angenommen.

Milliardenversprechen für Moldau durch EU

Bei einem Besuch kurz vor den Wahlen traf sich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Chișinău, der Hauptstadt Moldaus, mit der Präsidentin Sandu. Bei diesem Besuch versprach sie 1,8 Milliarden Euro an Fördergeldern, sollte die Republik der EU beitreten. Für die EU ist Moldau ein strategisch sehr wichtiges Land aufgrund seiner Nähe zu Russland. Bislang hat der russische Staat einen großen Einfluss auf weite Teile des Landes, vor allem in der separatistischen Region Transnistrien im Osten Moldaus.

Machtkampf um Moldau und Transnistrien

Es gab jedoch auch Vorwürfe der Präsidentin gegenüber Russland, die Wahl des Referendums manipuliert zu haben. Diese Vorwürfe waren besonders laut, als das Referendum noch zugunsten des prorussischen Lagers auszufallen schien. Kremlsprecher Dmitri Peskow fordert nun Beweise für diese Vorwürfe ein.

Massenproteste in Georgien – EU-Beitritt könnte folgen

Auch in Georgien finden diesen Samstag Wahlen statt. Dort regiert seit 2012 die Partei Georgischer Traum, die einen Annäherungskurs an Russland verfolgt. Bei der kommenden Wahl hat die Pro-EU-Opposition jedoch reale Chancen auf einen Wahlsieg.

Letztes Wochenende sind in Georgien anlässlich der Wahlen außerdem zehntausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis unter dem Motto „Georgien wählt die Europäische Union“ auf die Straße gegangen. Zu den Teilnehmer:innen der Demonstration zählte unter verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und der Opposition auch die aktuelle Präsidentin Salome Surabischwili. Sie wurde als unabhängige Kandidatin gewählt und entfernte sich die letzten Jahre immer weiter von der Regierungspartei. Letztes Jahr wurde sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen sie gestartet, das jedoch aufgrund nicht ausreichender Stimmzahl scheiterte.

Ende letzten Jahres wurde Georgien als EU-Beitrittskandidat anerkannt. Der damit begonnene Prozess zur eventuellen Aufnahme wurde jedoch Mitte diesen Jahres vorerst wieder eingestellt. Grund dafür ist der prorussische Kurs der aktuellen Regierung, der sich in mehreren Gesetzen widerspiegelt: zum Beispiel in dem Gesetz zur „ausländischen Einflussnahme“, das trotz Massenprotesten eingeführt wurde. Ebenso wurde ein Gesetz zur Einschränkung der Rechte von sexuellen Minderheiten verabschiedet.

Durch die Wahl einer Pro-EU-Regierung könnten die Verhandlungen jedoch wieder in Gang gebracht werden. Das erhoffen sich zumindest die Oppositionsparteien und Teile der Bevölkerung.

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