Letzten Monat war die Arbeitslosigkeit in einem Oktober die höchste seit zehn Jahren. Langfristig gesehen ist die Beschäftigung trotz stagnierender Wirtschaft immer noch hoch, mittlerweile jedoch rückläufig. Aufgrund des Fachkräftemangels setzen Unternehmen zwar häufig eher auf Arbeitszeitverkürzung als Entlassung. Dennoch steigt das Risiko, arbeitslos zu werden.
Eigentlich nimmt die Zahl der Arbeitslosen im September und Oktober meist ab. Viele beginnen im Herbst mit einer Ausbildung, Lehre oder Studium. Mit dem Weihnachtsgeschäft stellen Unternehmen vermehrt ein, und in einigen Branchen wie der Landwirtschaft wird im Herbst verstärkt gearbeitet. Eine solche „Herbstbelebung“ ist diesen Oktober jedoch weitestgehend ausgeblieben.
Höchste Oktoberarbeitslosigkeit seit zehn Jahren
Letzten Monat waren 2,79 Millionen Menschen arbeitslos, die höchste Arbeitslosigkeit in einem Oktober seit zehn Jahren. Auch hat die Arbeitslosigkeit im Oktober im Vergleich zum September kaum abgenommen. Bereinigt um saisonale Effekte nahm sie sogar um 27.000 zu. Dies ist wiederum die schlechteste Entwicklung in einem Oktober seit rund 20 Jahren.
Auch die Unterbeschäftigung ist im Vergleich zum letzten Jahr um 121.000 gestiegen und betrifft 3,56 Millionen Menschen. Im Gegensatz zu den Arbeitslosenzahlen schließt Unterbeschäftigung auch Menschen ein, die an einer sogenannten Maßnahme der Arbeitsförderung wie Sprachkursen oder Umschulungen teilnehmen, oder die kurzfristig erkrankt sind.
(Noch) hohe Beschäftigung, sinkendes Arbeitsvolumen
Im langfristigen Vergleich kann jedoch immer noch nicht von hoher Arbeitslosigkeit die Rede sein. Im letzten Jahr lag die Beschäftigungsquote mit 45,9 Millionen auf ihrem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Die gestiegene Beschäftigung stand jedoch im Kontrast zu einem um 0,3 Prozent geschrumpften Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die deutsche Wirtschaft befand sich 2023 in der Rezession. Trotz einer leicht gestiegenen Konjunktur im dritten Quartal 2024 wird auch in nächster Zeit noch keine Trendwende in der anhaltenden Stagnation vermutet.
Wirtschaftskrise: Deutschland weiter in schwankender Stagnation
Geht steigende Beschäftigung mit niedrigem Wirtschaftswachstum einher, kann auch die Arbeitsproduktivität nur langsam wachsen. So sind die geleisteten Arbeitsstunden nicht gleichmäßig mit den Beschäftigten gestiegen – pro Kopf wird also weniger gearbeitet. Es ist möglich, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Zumindest laut einer Studie Umfrage des Personaldienstleisters Randstad. will etwas weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen weitere Teilzeitstellen aufbauen. 76% der Befragten beschreiben, dass Teilzeit für sie förderlich sei. Allerdings gibt nur knapp ein Fünftel an, dass sie sich von Teilzeit eine Steigerung der Produktivität erhoffen.
Produktivitätskrise und „Fachkräftemangel“
Neben dem sinkenden Arbeitsvolumen gibt es einen weiteren Grund, dass die steigende Beschäftigung nicht zu schnellerem Wachstum führt. Die Beschäftigung wächst derzeit nämlich vor allem in Bereichen mit schwächerer Produktivität, die besonders personalintensiv sind. Zum einen gehören hierzu Dienstleistungen wie die Betreuung neuer Technologien, die zukünftig die Produktivität erhöhen sollen, aber übergangsweise noch durch Mitarbeiter:innen zusätzlich betreut werden müssen – beispielsweise bei Selbstbedingungskassen. Andere Bereiche mit steigender Beschäftigung aber kaum steigender Produktivität sind Pflege, Erziehung und Gesundheit, die trotz eines immer noch massiven Personalmangels einen Zuwachs an Beschäftigung verzeichnen.
Im Bereich der Pflege ist dieser Zuwachs vor allem der Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland zu verdanken, ohne die der Personalbedarf nicht gedeckt werden könnte. Hier zeigt sich ein wichtiges Element des sogenannten „Fachkräftemangels“ – Berufe in Branchen mit Personalmangel sind aufgrund schlechterer Arbeitsbedingungen und geringen, stagnierenden Löhnen oft einfach nicht attraktiv.
Demografischer Wandel und rückläufige Beschäftigung
Ebenfalls führt der Fachkräftemangel dazu, dass Unternehmen auch während einer schwächelnden Konjunktur oft an ihren Arbeiter:innen festhalten. Um einzusparen, reduzieren sie stattdessen oft die Arbeitszeit. Denn sollte sich die Geschäftslage verbessern, wären ihre Arbeiter:innen schwer wiederzugewinnen. Auch der demografische Wandel wird künftig diese Arbeitsmarktsituation verschärfen. In den nächsten 15 Jahren wird die Zahl der Menschen im Erwerbsalter sinken, sogar bei hoher Zuwanderung.
Während die Regierung die Rechte von Asylsuchenden immer weiter einschränkt und Abschiebungen zunehmen, setzt sie dennoch darauf, vermehrt Fachkräfte aus anderen, oft ökonomisch abhängigen Ländern abzuwerben. Doch mittlerweile läuft auch das Wachstum der Beschäftigung aus. Im dritten Quartal 2024 ging die Zahl der Beschäftigten um 0,1 Prozent zurück. Während einige Unternehmen gerne einstellen würden, bauen andere aufgrund der schlechten Auftragslage Stellen ab. Es steigt dabei nicht nur das Risiko der Arbeitslosigkeit, sondern die Schwierigkeit, wieder einen vergleichbaren Job mit vergleichbarer Bezahlung zu finden.
Scholz und Co. wollen Fachkräfte aus abhängigen Ländern abwerben