Über 40 Jahre lang haben britische Undercover-Agenten Menschen im Vereinigten Königreich und in vielen anderen Ländern ausspioniert. Die Polizei infiltrierte mehr als 1.000 Gruppen, von denen die meisten völlig legal waren. Unter falschen Identitäten gingen sie Beziehungen zu Frauen ein, hatten sexuelle Beziehungen und sogar Kinder miteinander. Auch in Deutschland waren sie aktiv. Ein Film berichtet nun über diesen Skandal. – Ein Interview mit dem Produzenten Jason Kirkpatrick.
Im Dezember zeigst du den Film „Die Spitzel, die unser Leben ruinierten“ in Berlin. Worum geht es und warum sollte man ihn in Deutschland zeigen?
Im Jahr 2010 habe ich herausgefunden, dass jemand, den ich für einen sehr guten aktivistischen Freund gehalten habe, in Wirklichkeit der britische Undercover-Polizist Mark Kennedy war, der mich in fünf Ländern, darunter auch in Deutschland, ausspioniert hat. Wir haben herausgefunden, dass er es vor allem auf Klimaaktivist:innen im Vereinigten Königreich und in ganz Europa abgesehen hatte. Ich bin gerichtlich gegen die deutschen Sicherheitsdienste vorgegangen, die Kennedy angeheuert hatten, und vor ein paar Jahren wurde seine Bespitzelung durch einen Richter für illegal erklärt. Zahlreiche Zeitungsartikel und auch die ARD haben über die Geschichte berichtet.
Wie ist der Film entstanden?
Nachdem diese Geschichte 2011 zum ersten Mal in der Mainstream-Presse aufgetaucht ist, hat die britische Polizei immer wieder behauptet, Mark Kennedy sei nur ein schwarzes Schaf. Ich habe ein langfristiges Filmprojekt begonnen, um aufzudecken, dass nicht nur Mark Kennedy, sondern die gesamte politische Polizeispionageeinheit durch und durch verdorben war. Glücklicherweise hatte die britische Premierministerin Theresa May eine ähnliche Sichtweise und leitete eine Untersuchung der Polizeiarbeit ein, die bis heute andauert. Es wird die längste und teuerste Untersuchung in der britischen Geschichte sein.
Welche Bedeutung hat der Film für die Betroffenen und die antifaschistische Bewegung im Vereinigten Königreich?
Der Film enthüllt die ungeschminkte Wahrheit, zum Beispiel, dass Kennedy und viele andere britische Undercover-Polizisten aktivistische Frauen nur zum Sex benutzten und sie manchmal sogar mit Kindern allein ließen.
Interessanterweise haben diese Undercover-Polizisten oft Antifaschisten ausspioniert, aber vor Gericht gesagt, dass sie Angst hatten, faschistische Gruppen auszuspionieren, weil sie von ihren rechtsextremen Polizeikollegen geoutet werden könnten.
Was können fortschrittliche Menschen in Deutschland aus dieser Erfahrung lernen?
Es wurde immer wieder aufgedeckt, dass Konzerninteressen, in diesem Fall Energieunternehmen, die von schmutziger Energie profitieren wollen, Politiker unter Druck setzen können, um Sicherheitsdienste gegen politische Gegner einzusetzen. Es ist auch eine ekelhafte Entdeckung, dass verdeckte Ermittler auch sexuelle Beziehungen zu Personen haben, die sie ins Visier nehmen, insbesondere zu Frauen. Vor kurzem wurde bekannt, dass auch die deutsche Polizei einige Klimagruppen zur Zielscheibe des Verfassungsschutzes gemacht hat. Man kann also davon ausgehen, dass diese Art der Bespitzelung in Deutschland weitergeht, und die Geschichte zeigt, dass selbst gemäßigte Gruppen wie Fridays for Future diese Probleme berücksichtigen sollten, während sie sich weiter darauf konzentrieren sollten, ihre Ziele zu verfolgen und zu gewinnen.
Eine Aufführung des Films findet am 18. Dezember um 20 Uhr in Berlin im Offenen Raum des KuBiZ in der Bernkasteler Straße 78 statt. Ab 19:30 gibt es Küfa (Küche für alle).