Den beiden Schüler:innen Iven und Feli wurde nach antimilitaristischen Protestaktionen an der Humboldtschule Leipzig mit einem Schulverweis gedroht. Nach einer großen öffentlichen Kampagne ist nun klar: Iven und Feli bleiben an ihrer Schule.
Als bekannt wurde, dass die Humboldtschule im Leipziger Osten die Bundeswehr zu sich in den Unterricht einlädt, war Schüler:innen der Humboldt und der Internationalen Jugend Leipzig klar, dass sie das nicht unwidersprochen lassen wollen.
Daraufhin organisierten sie über einen Monat hinweg eine antimilitaristische Kampagne unter dem Motto „Kein Werben fürs Sterben – Keine Bundeswehr an unserer Schule“ und machten mit ihren Aktionen nicht nur an der Humboldtschule die Runde.
„Habt ihr Bock an die Ostfront zu ziehen und dort für Deutschland zu sterben? Ich für meinen Teil hab’ da keinen Bock drauf“, leitete der 16-jährige Schüler Iven eine Die-In Aktion auf dem Schulhof ein. Rund um ihn herum lagen einige seiner Mitschüler:innen tot gestellt auf dem Boden. Denn für sie ist klar, dass die Bundeswehr eben keine „Armee der Demokratie oder Menschenrechte“ ist. Im Gegenteil: „Sie ist eine Armee, wie jede andere, die dazu da ist, um Krieg zu führen […]“, so die Internationale Jugend in ihrem Kampagnenaufruf.
Angedrohter Schulverweis durch die Schulleitung
Einen Tag später dann das Gespräch im Büro der Schulleitung: Iven wird mit einem Schulverweis gedroht. Der Grund? Er soll den Schulfrieden „massiv gestört haben“. Doch die Schüler:innen sowie Unterstützer:innen von außerhalb wollten das nicht auf sich sitzen lassen und reagierten schnell.
Es wurde eine Petition gestartet, welche die sofortige Rücknahme aller Repressionen gegen Iven und eine Änderung der Hausordnung forderte, um Bundeswehrbesuche an der Humboldt in Zukunft zu verbieten. Innerhalb kurzer Zeit kamen mehrere tausend Unterschriften zusammen. Daneben wurden Interviews geführt, Pressemitteilungen verschickt und Artikel geschrieben.
Trotzdem hielt die Schulleitung an ihrer Haltung fest und drohte wenig später auch der Schülerin Feli mit einem Schulverweis.
An der Schule wurde dann eine Lehrer:innenkonferenz einberufen, um über das ,Schicksal‘ der beiden Schüler:innen zu entscheiden. Nach tagelangem Tappen im Dunkeln kamen dann die offiziellen Beschlüsse der Lehrer:innenkonferenz. Die von der Schulleitung immer wieder angedrohte Ordnungsmaßnahme 3, die Androhung eines Schulverweises, sollte ausbleiben. Iven wird lediglich Ordnungsmaßnahme 1 – ein schriftlicher Verweis – auferlegt.
Bei der Schülerin Feli waren die Argumente der Schulleitung anscheinend so weit aus der Luft gegriffen, dass es nicht mal für eine Ordnungsmaßnahme ausgereicht hat. Ihr wurde nur eine mündliche Verwarnung ausgesprochen.
Ein voller Erfolg für die Aktivist:innen. Damit ist die Schulleitung letztendlich sogar einer Forderung der Petition nachgekommen, und zwar die Androhung eines Schulverweises zurückzunehmen.
Nach Protest gegen Bundeswehr: Leipziger Schüler droht Schulverweis
Statement der Schulleitung
Die Schulleitung der Humboldt-Schule hat sich jetzt zu dem antimilitaristischen Protest mit einem kurzen Text auf der Schulwebseite geäußert. Laut der Schulleitung wäre die Bundeswehr nicht eingeladen worden, um zu werben, sondern um mit den Schüler:innen „lehrplanrelevante Inhalte zu diskutieren“.
Dass die Bundeswehr jedoch weniger „neutral“ über ihre Arbeit berichtet, zeigte auch der Protest am Tag des Bundeswehrbesuches. Ausschließlich die Schüler:innen sprachen die unzähligen Fälle sexualisierter Gewalt gegen Frauen und LGBTI+ sowie die Massaker an Zivilist:innen und begangenen Kriegsverbrechen – wie zum Beispiel im Afghanistankrieg – an. Von der Bundeswehr wurde kein Wort darüber verloren. Lieber sprachen sie über die tollen Karrierechancen, die man doch bei ihnen hätte.
Zudem erklärte die Schulleitung in ihrem Statement, dass „Meinungsäußerung und Beteiligung ausdrücklich erwünscht“ sei. Wenige Tage vor dem Bundeswehrbesuch wurde im Deutschunterricht jedoch auch eine Rede desselben Schülers mit antimilitaristischem Inhalt verboten. Das Kundtun der eigenen Meinung scheint also wohl weder im Unterricht, noch auf dem Schulhof erlaubt zu sein.
Und auch die Behauptung, der betroffene Schüler sei nie von einem Schulverweis bedroht gewesen, entspricht laut Aussagen der Betroffenen nicht der Wahrheit. Die Androhung eines Schulausschlusses wurde sogar mehrmals ausgesprochen und die Schüler:innen fühlten sich auf verschiedenen Art und Weise eingeschüchtert.
Protest wirkt – Erfolg soll gefeiert werden
Am Ende haben es die Schüler:innen also nicht nur geschafft, dem Bundeswehrbesuch etwas entgegenzusetzen. Sie haben auch jeglichen Repressionen seitens der Schule getrotzt und ihren Kampf erfolgreich fortgeführt.
In einer Erklärung der Internationalen Jugend heißt es dazu: „Wir haben uns organisiert, zusammengeschlossen und sind aktiv geworden […]. Wir konnten sehen, dass die Repression von allen Seiten auf uns einprasseln kann, wir aber gemeinsam stark sind! […] Werdet aktiv und leistet Widerstand – stört die Bundeswehr, wo auch immer sie ist!“
Als Abschluss ihrer Kampagne und zur Feier ihres erfolgreichen Kampfes veranstaltet die Internationale Jugend gemeinsam mit den Schüler:innen eine Kampagnenfeier am 30.11. um 14 Uhr in der Georg-Schwarz-Straße 44 in Leipzig. Dort soll ein Rückblick auf die Kampagne geworfen und der Sieg an der Humboldt-Schule gefeiert werden.