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Geldstrafen gegen Antifaschist:innen wegen Hakenkreuz-Karikatur

Mehrere antifaschistische Personen, die eine politische Karikatur im Internet geteilt haben, sind ins Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft geraten. Eine der Personen war von einer Hausdurchsuchung durch die Polizei betroffen. Der Künstler selbst reagierte.

Eine Karikatur von Guido Kühn zeigt den Schriftzug „Deutsche*r“ in Frakturschrift. Das Brisante dabei: Der Genderstern (*) wurde durch ein Hakenkreuz ersetzt. Die Karikatur trägt den Untertitel: „Durchbruch im Sprachstreit: Umfragen ergeben Form des Gendersternchens, mit dem die Mehrheit der Deutschen einverstanden wäre.“

Dabei bezieht sich der Künstler auf die Hetze gegen trans Personen. Diese gelte als Feindbild der faschistischen Bewegung in Deutschland. Wegen des Rechtsrucks würden inzwischen mehr Deutsche eine gegenderte Schreibweise mit einem Hakenkreuz an Stelle eines Gendersterns akzeptieren, so die provokante These.

Guido Kühn zeichnet regelmäßig Karikaturen zu politischen Themen und veröffentlicht sie auf seiner Website. Viele der Karikaturen kritisieren den zunehmenden Rechtsruck in Deutschland aus einer antifaschistischen Perspektive.

Das Hakenkreuz, ein wiederkehrendes Symbol bei Kühn, ist nach deutschem Recht ein verfassungswidriges Symbol und damit verboten. Den Künstler selbst schützt dabei die Kunstfreiheit vor strafrechtlichen Maßnahmen, so die juristische Auslegung. Die Verbreitung durch andere Personen wird jedoch strafrechtlich verfolgt. Daran ändert auch der Kontext nichts. Lediglich durchgestrichene oder beispielsweise in den Mülleimer geworfene Hakenkreuze dürften geteilt werden.

Angeklagt trotz oder wegen Antifaschismus?

Einer der Angeklagten, der das Bild auf Facebook teilte, erlebt Anfang Januar 2024 eine Hausdurchsuchung, obwohl hinter dem Teilen der Karikatur ein antifaschistisches Motiv stand. Die Polizei beschlagnahmt das Gerät der Person. Gegen die Zahlung von 300 Euro Strafe wird das Verfahren schließlich eingestellt.

Eine zweite Betroffene, die den Beitrag geteilt hatte, erhielt eine Geldstrafe über 750 Euro. „Ich war verzweifelt, entsetzt und eingeschüchtert“, berichtet sie. Nach einem Schreiben, in dem sie sich dem Richter erklärt, und einem darauffolgenden Gerichtstermin wurde ihr die Einstellung des Verfahrens gegen eine Strafzahlung von nun 600 Euro angeboten.

Sie findet den Vorgang vollkommen unangemessen, da sie sich ja gerade gegen Rechtsradikalismus engagiert. Deswegen mache es ihr zu schaffen, dass ausgerechnet sie nun des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen schuldig sein soll, berichtet sie netzpolitik.org.

Guido Kühn selbst sieht die Verfahren als strategisch motiviert: Das Ziel sei „formal legitime Meinungen und Haltungen zu unterdrücken, indem man Beklagte durch zum Teil bis ins Groteske laufende Drohkulissen, Hausdurchsuchungen und ähnliche Maßnahmen, vor allem aber finanziell und menschlich, unter erheblichen Druck setzt“.

Als Reaktion auf die repressiven Maßnahmen veröffentlichte er im Anschluss eine neue Karikatur mit folgender Textunterschrift: „Will man Hakenkreuze straffrei im Netz posten, sollte man Mitglied einer Polizeichatgruppe sein.“ Auf dem Bild ist ein Polizist abgebildet, der Adolf Hitler ähnlich sieht und ein Handy hält, auf dem ein Hakenkreuz und daneben ein grüner Haken angezeigt wird.“

Auf seiner Website erklärt er die Intention: „Für das Teilen eindeutig antifaschistischer Illustrationen, die das Hakenkreuz verwenden, schleifen Staatsanwälte Menschen vor Gericht. Im Teilen von Hakenkreuzen als Witze unter gleichgesinnten Nazis in Polizeichatgruppen hingegen erkennt die Justiz keine Strafwürdigkeit“, und verweist auf Quellen, die seine These bestätigen. Immer wieder sind rechte Chats in Polizeikreisen an die Öffentlichkeit gekommen, wie zuletzt eine Chatgruppe von Polizist:innen in einem Revier in Frankfurt am Main.

67 rechte Chatgruppen bei der Polizei in Hessen aufgeflogen

Fragwürdige Gerichtsentscheidungen und Hausdurchsuchungen mehren sich

Repressionen durch Verbote von nationalsozialistischen Symbolen treffen nicht das erste Mal überzeugte Antifaschist:innen, die mit kritischem Bezug ein solches Symbol verwenden. In der Vergangenheit gab es deswegen bereits Hausdurchsuchungen sowie für kritische Posts gegenüber Politiker:innen in den sozialen Medien.

Ein 64-Jähriger soll auf X (ehemals Twitter) ein Bild geteilt haben, das Wirtschaftsminister Habeck als Schwachkopf bezeichnet, woraufhin es zu einer Hausdurchsuchung wegen Beleidigung kam. Zuvor soll er ein Bild geteilt haben, auf dem ein Mann mit einer SS oder SA-Uniform zu sehen ist, der vor einem Plakat mit der nationalsozialistischen, antisemitischen Parole: „Deutsche kauft nicht bei Juden“ steht. Das Bild hat er ironisch mit „Wahre Demokraten! Hatten wir alles schon mal!“ kommentiert. Dafür, dass er mutmaßlich vor dem aufsteigenden Faschismus gewarnt hatte, wurde ihm Volksverhetzung vorgeworfen.

Eine andere Person soll 2021 Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote als „Pimmel“ bezeichnet haben, woraufhin eine Hausdurchsuchung erfolgte. Der Senator hatte unter den verschärften Bedingungen der Corona-Pandemie eine Party veranstaltet.

Faschistische Morddrohung strafrechtlich nicht relevant – #Pimmelgate schon

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