In einer Entscheidung des Landgerichts Dresden wurde ein Mann vor kurzem zu drei Jahren und fünf Monaten Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, nachdem er zwei Frauen heimlich K.o.-Tropfen verabreicht hatte. Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nicht rechtens sei.
Vor dem Landesgericht Dresden wurde ein Mann wegen eines sexuellen Übergriffs und gefährlicher Körperverletzung gegen zwei Frauen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt.
Zuvor hatte er die beiden Frauen zu sich nach Hause eingeladen und ihnen heimlich Gamma-Butyrolacton (GBL) verabreicht, um sie gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen zu nötigen. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung widerrufen.
Was sind K.o.-Tropfen?
Das Gamma-Butyrolacton wird im Körper zu Gamma-Hydroxybuttersäure (GBH) umgewandelt. GBH ist auch bekannt als „Liquid-Ecstasy“ und einer der über 100 Stoffe, die als K.o.-Tropfen missbraucht werden können. Je nach Subtanz und Dosis können K.o.-Tropfen bei den Opfern zu Kreislaufproblemen, Erbrechen, Wahrnehmungsschwierigkeiten, Ohnmacht oder einem „benebelten“ Gefühl führen.
Weitere häufige Symptome sind unter anderem Erinnerungslücken und Amnesie. Genutzt werden Stoffe wie GBL eigentlich als Lösungsmittel oder Weichmacher, zum Beispiel in Reinigungsmitteln oder Nagellackentfernern.
Aber immer häufiger kommen sie auch bei patriarchalen Gewalttaten wie Vergewaltigungen und anderen sexuellen Übergriffen zum Einsatz. Wenige Tropfen der weitestgehend geschmacks- und geruchslosen Chemikalie reichen, um die Opfer willenlos, handlungsunfähig oder sogar bewusstlos zu machen. Dabei kann es auch zu Lähmungen und Atemstillstand kommen.
Zahl der Sexualstraftaten mit K.o.-Tropfen steigt
Der Fall der beiden Frauen in Dresden ist dabei nur einer von vielen. Seit Jahren steigt die Zahl der Sexualstraftaten, bei denen auch K.o.-Tropfen zum Einsatz kommen. Während beispielsweise im Jahr 2013 in Berlin 147 Strafanzeigen in diesem Zusammenhang erfasst wurden, waren es 2018 schon 230.
Wie hoch die Dunkelziffer ist, lässt sich nicht sagen. Nicht immer wird eine heimliche Verabreichung erkannt, zur Anzeige gebracht oder nachgewiesen. Wegen der Ähnlichkeit zu einer Alkoholvergiftung wird in einigen Fällen womöglich nicht einmal Verdacht geschöpft. Hinzu kommt, dass GBH im Blut nur sechs bis acht Stunden und im Urin acht bis zwölf Stunden lang nach der Einnahme nachgewiesen werden kann.
K.o.-Tropfen keine gefährliche Körperverletzung?
Trotzdem entschied der BGH nun, bei der heimlichen Verabreichung von K.o.-Tropfen läge keine gefährliche Körperverletzung vor. Da es sich bei den Tropfen um eine Flüssigkeit und somit nicht um einen Gegenstand handele, könnten keine „Werkzeugqualitäten“ nachgewiesen werden.
Damit gefährliche Körperverletzung vorliegt, muss nämlich mit einem „gefährlichen Werkzeug“ agiert worden sein. Auch dass der Täter für das Zuführen der Tropfen eine Pipette nutzte, würde nichts an der Lage ändern, da diese lediglich ein „Mittel der Beibringung eines gesundheitsgefährdenden Stoffes“ sei.
Jetzt wird sich das Landesgericht Dresden erneut mit dem Fall befassen. Ob das Urteil des BGH zu einer Strafminderung für den Täter aus Dresden führt, ist also noch unklar. Womöglich könnte er stattdessen nach Strafgesetzbuch §177 Abs. 8 Nr. 2b, d.h. der Herbeiführung einer konkreten Todesgefahr für das Opfer, verurteilt werden.