In der zunehmend eskalierenden Konfrontation zwischen den imperialistischen Blöcken der NATO, sowie Russlands und Chinas, spielt die Ostsee eine entscheidende Rolle. Die Durchtrennung von mehreren Unterseekabeln und damit verbundenen Schuldvorwürfe erzeugen eine angespannte Lage. – Eine Einordnung von Phillipp Nazarenko.
Als zentrales Gewässer zwischen den NATO-Staaten Deutschland, Dänemark, Schweden, den baltischen Staaten, Finnland und Polen auf der einen Seite, sowie dem Konkurrenten Russland auf der anderen Seite, darf die Bedeutung der Ostsee nicht unterschätzt werden.
Einerseits ist da der Handel und die dazugehörige Schifffahrt, wobei hier seit den Sanktionen gegen Russland bereits entsprechende Einbußen zu verzeichnen sind. Militärisch ist offensichtlich die Nähe von einander feindlich gesinnten Staaten und entsprechenden Küsten für etwaige Landungen bei einer Invasion ein wesentlicher Faktor.
Doch ein anderer strategischer Aspekt gerät in letzter Zeit zunehmend ins öffentliche und politische Blickfeld: Durch die Ostsee verlaufen bedeutende Informationskabel und auch unterseeische Gasleitungen – zumindest bis zu ihrer Zerstörung.
China unter Verdacht
Der neuste „Schlag“ in den globalen Kriegsvorbereitungen und dem Säbelrasseln soll nun von China ausgegangen sein: Zu Beginn der Woche sind zwei Unterseedatenkabel beschädigt worden. So einerseits das Kabel C-Lion 1 zwischen Finnland und Deutschland. Doch auch das Kabel BCS-East-West Interlink zwischen Schweden und Litauen wurde unterbrochen. Dies sei z.B. durch einen heruntergelassenen Anker oder durch Schleppnetze möglich.
Ein Verdächtiger ist bereits gefunden: Der chinesische Frachter Yi Peng 3 soll sich zu den entsprechenden Zeiten über den jeweiligen Kabeln aufgehalten haben, wonach diese einen Totalausfall erlitten. Aktuell hat der Frachter in neutralen Gewässern angehalten. Dänische Marineschiffe sollen sich in der Nähe aufhalten, wobei unklar ist, ob diese das chinesische Schiff angehalten haben und befragen.
Auch die Bundesregierung spricht davon, ein Schiff zur Untersuchung entsenden zu wollen. Laut internationaler Medienberichte haben sich wohl sowohl der chinesische als auch der russische Staat von möglichen Sabotageakten distanziert.
Von staatlichen Stellen aus Dänemark, Schweden und Deutschland wird jedoch weiterhin von einer bewussten Sabotage gesprochen. So erklärte Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD): „Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind.“ Auch sprach er davon, dass „etwas im Gange“ sei und brachte die Kabelbeschädigung mit „hybrider Kriegsführung“ in Verbindung. Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich ähnlich, rückte solche Formen der Kriegsführung aber in die Nähe Russlands.
Zwar gab es noch keine offizielle Benennung Chinas (oder Russlands, aus dessen Hafen der chinesische Frachter kam) als Täter, doch zeigt der mediale und politische Fokus hier ganz klar in diese Richtung. Bereits letztes Jahr kam es zu mehreren Durchtrennungen von kommerziellen Kabeln durch einen chinesischen Frachter in der Ostsee, wobei China einerseits die Verantwortung übernahm, eine bewusste und böswillige Sabotage jedoch abstritt. Damals reagierten europäische Behörden eher zurückhaltend. Mit der Umzingelung der Yi Peng 3 scheint sich dies jedoch verändert zu haben.
Was sind die Konsequenzen?
Der mediale Fokus liegt aktuell einseitig auf den geostrategischen bzw. politischen Bedingungen der Ereignisse – über die finanziellen Schäden liegen keine Berichte vor. Sollten die Untersuchungen ergeben, dass das chinesische Schiff für die Beschädigung der Kabel verantwortlich wäre, würde das auf jeden Fall propagandistisch im Sinne der westlichen Kriegsvorbereitungen ausgeschlachtet werden.
Die bereits anlaufende Militarisierung bekäme frisches Futter – bei einem Vorfall so nahe an der „Heimatfront“. Auch die erhitzten Gemüter deutscher Politiker:innen überraschen nicht, zeigt sich durch solche Aktionen einmal mehr, dass im modernen Krieg kein noch so mächtiger Staat unangreifbar ist.
Bemerkenswert sind aber auch die Parallelen zu den berühmt-berüchtigten Sabotageakten der deutsch-russischen Gaspipeline Nord-Stream 2. Die Sprengung dieser Ostsee-Pipeline 2022 war, bzw. ist noch immer ein eigenes Politikum, das sich nicht außerhalb der Blockkonfrontation zwischen NATO und Russland verstehen lässt.
Schon zu Beginn überschwemmten vielerlei gut begründete Vermutungen, aber auch reine Spekulationen den öffentlichen Diskurs. Mittlerweile wird offensichtlicher, dass an der Version von NATO-Kritiker:innen, die Pipeline sei aus pro-ukrainischen Gründen bzw. von solchen Kräften gesprengt wurden, etwas dran ist.
So hat nun der Spiegel eigene Untersuchungen veröffentlicht, wonach der Anschlag durch ukrainische Staatsbürger:innen ausgeführt wurde. Der ukrainische Präsident sei von amerikanischen Geheimdiensten unterrichtet gewesen, habe aber nicht deeskalierend eingewirkt. Die mutmaßlichen Täter:innen seien von Polen aus in die Ukraine ausgereist.
Wenig überraschen sollte im gegenwärtigen Pro-NATO-Klima nicht, dass ein solcher Anschlag auf deutsches Eigentum bzw. deutsche Interessen zwar nicht gern gesehen, aber großzügig ignoriert wird. Hingegen hätten solche Angriffe von chinesischer oder russischer Seite schwere diplomatische Konsequenzen zur Folge. Genaueres bleibt jedoch abzuwarten.