Die Bundesanwaltschaft ordnete Durchsuchungen bei den Mitgliedern einer neofaschistischen Vereinigung an, die offenbar geplant hatte, Teile Sachsens gewaltsam zu kontrollieren und entsprechend ihrer politischen Vorstellungen zu säubern. – Ein Kommentar von Paul Gerber.
Am Morgen des 5. Novembers hat die Bundesanwaltschaft Hausdurchsuchungen an acht verschiedenen Standorten in Ostdeutschland, Polen und Österreich angeordnet. Im Visier: eine faschistische Terrororganisation namens Sächsische Separatisten. Bei der Razzia wurden unter anderem verschiedene Schusswaffen, sowie passende Munition gefunden. Auch Teile und Granaten für Mörser und vollautomatische Kriegswaffen wurden beschlagnahmt. Zudem nahm die Polizei acht Tatverdächtige fest.
Derartige Vorfälle gehören mittlerweile fast schon zur Normalität in der politischen Landschaft. Unverkennbar hat sich ein Normalisierungseffekt eingestellt, und das regelmäßige „Auffliegen“ von Neonazi-Terrorbanden löst längst nicht mehr einen solchen Aufschrei aus wie noch vor einigen Jahren. Ohnehin deutet vieles darauf hin, dass die jetzt Festgenommenen erstens Teil eines weit größeren Netzwerks von bewaffneten Faschist:innen sind und zweitens vermutlich nicht seine gefährlichste Einheit bilden.
Faschistische Netzwerke keine Seltenheit
So ist der Skandal um das – ebenfalls faschistische und um deutsche Elitesoldaten herum aufgebaute – sogenannte Kreuznetzwerk weitestgehend wieder in der Versenkung verschwunden, zusammen mit mutmaßlich unzähligen Schuss gestohlener Munition, die für eine faschistische Machtübernahme gehortet wurden.
Den sehr jungen festgenommenen Sächsischen Separatisten bescheinigt die Bundesanwaltschaft im Gegensatz dazu „nur“ ein stramm faschistisches Weltbild und Pläne, Teile von Sachsen mit Waffengewalt zu befreien und gegebenenfalls ethnisch zu säubern.
Eine wenig überraschende Parallele zu anderen neonazistischen Terrorvereinigungen besteht jedoch in engen personellen Verbindungen zur AfD. Erst 2019 waren die Verstrickungen um den AfD-Politiker Haik J. und Jan-Hendrik H. bekannt geworden. Haik J. ist auch mittlerweile verurteilt worden, allerdings nur, weil in seiner Wohnung 3.000 Schuss Munition gefunden wurden.
Enthüllungen über Verbindungen zwischen rechtsterroristischem „Kreuz-Netzwerk“ und „Combat 18“
Verbindungen zur AfD
Im Fall der Sächsischen Separatisten waren mindestens drei der Beschuldigten in verschiedenen Funktionen für die AfD in Leipzig und der naheliegenden Stadt Grimma tätig. Eine Anfrage von Perspektive zu den genauen Aufgaben und Ämtern der drei in der AfD ließen die entsprechenden Kreisverbände unbeantwortet.
Immerhin: AfD-Bundeschef Tino Chrupalla war bereit, die Vorwürfe anderen Medien gegenüber als „schockierend“ zu bezeichnen und klarzustellen, dass solche Politiker:innen natürlich nichts in der AfD verloren hätten. Der Vorsitzende der Jugendorganisation der AfD (Junge Alternative) von Sachsen, Lennard Scharpe, äußerte sich hingegen gegenüber dem SPIEGEL betont entspannt: „Wir werden erst einmal abwarten, was bei den Ermittlungen herauskommt“. Der AfD-Bundesvorstand schien diese Ansicht allerdings nicht zu teilen: am Mittwoch beschloss er einstimmig, die drei Parteimitglieder auszuschließen.
Leider scheint es nicht nur in der antifaschistischen Bewegung einen trügerischen Gewöhnungseffekt an Skandale um bewaffnete Neonazi-Banden zu geben. Auch Teile der AfD beziehungsweise ihrer Jugend sind offenbar so selbstbewusst, dass sie beginnen, sich maximal uneindeutig von Strukturen wie den Sächsischen Separatisten zu distanzieren oder Presseanfragen gleich ganz unbeantwortet zu lassen.