Am 9. November veranstaltet die „aktion ./. arbeitsunrecht” in Köln eine Konferenz unter dem Motto „No Slapp! Stop Union Busting!“. Wir haben mit Elmar Wigand darüber gesprochen.
Ihr macht eine Konferenz gegen „SLAPP“ und „Union Busting“ – was ist das denn eigentlich?
Union Busting heißt wörtlich: „Gewerkschaft plattmachen“. Gemeint ist die professionelle Bekämpfung von arbeitgeberunabhängiger Organisierung, also konkret von aktiven Betriebsräten, konfliktbereiten Gewerkschafter:innen und Streiks. Das geschieht durch eine Dienstleister- und Beraterindustrie, oder besser gesagt Fertigmacher-Industrie, die nach US-amerikanischem Vorbild seit Ende der 1990er Jahre in Deutschland gewachsen ist. Dazu gehören an vorderster Front Arbeitsrechtskanzleien oder die Arbeitsrechtsabteilungen großer Wirtschaftskanzleien, aber auch PR-Berater, Detekteien und Überwachungsspezialisten.
Einzelne Personen oder ganze Gremien werden mit Kündigungsversuchen, Abmahnungen und Lohnkürzungen überzogen und durch Mobbing, Psycho-Terror und verschiedene Formen von Druck – Versetzungen, Schikanen – zur Aufgabe gebracht.
Im Kern geht es um kriminelle Handlungen, die so ausgestaltet oder abgebildet werden, dass sie rechtsförmig wirken bzw. eine schläfrige Justiz und untätige Strafverfolgungsbehörden nicht aus ihrem Schlaf der Gerechten wecken.
Mit SLAPP ist etwas Ähnliches gemeint, das sich gegen konzernkritische Veröffentlichungen und Publizist:innen richtet. Du wirst mit Abmahnungen, Unterlassungsaufforderungen und Schadensersatzdrohungen überzogen und somit von deinen eigentlichen Zielen – Aufklärung und öffentlichen Druck zu erzeugen – abgelenkt. Sie wollen dich mürbe machen, finanziell und zeitlich überfordern, einschüchtern.
SLAPP kommt wie Union Busting ebenfalls aus dem US-Amerikanischen. Es steht für strategic lawsuit against public participation – auf deutsch: strategische Prozessführung gegen öffentliche Beteiligung. Häufig sind Konzernkritiker:innen im Fadenkreuz, die zu Umweltschäden, Mafia-Verbindungen, krimineller Ökonomie recherchieren und veröffentlichen.
Wer Betriebsräte stärken will, darf über „Union Busting“ nicht schweigen!
Zwischen Union Busting und SLAPP gibt es eine große Überschneidung, da aktive Betriebsräte und Gewerkschafter:innen grundsätzlich andere Interessen verfolgen als Investoren und Kapitalisten – die einen wollen den Profit mehren, der ja bekanntlich aus geraubtem Lohn und nicht getätigten Investitionen besteht. Aktive Betriebsräte und selbstbewusste Gewerkschafter:innen andererseits haben das Wohlergehen der Beschäftigten und die Nachhaltigkeit der Firma und ihrer Produktionsmethoden im Sinn. Sie müssen daher zwangsläufig immer auch Kritiker:innen des Managements sein. Zudem besitzen sie Einblicke in die Firmenstruktur und deren Verwicklungen, kennen schmutzige Tricks, Leichen im Keller etc. Das macht aktive Betriebsräte so gefürchtet und unbeliebt.
Union Busting ist kriminell und unsympathisch, sodass die Geschäftsleitung meist auch versucht, die Berichterstattung über ihre schmutzigen Methoden gegen Betriebsratsmitglieder und engagierte Beschäftigte zu unterdrücken.
Wie soll die Konferenz dabei helfen, sich gegen diese Vorgehensweisen zur Wehr zu setzen?
Unser Anwaltsteam Eberhard Reinecke und Sven Tamer Forst (Fachanwälte für Medienrecht / Anwaltsbüro am Ebertplatz ) stellt ihr Konzept der kontrollierten Offensive vor, das sie dem legendären Fußballtrainer Otto Rehhagel entlehnt haben. Es geht darum, sich angesichts von massiven Angriffen nicht im Strafraum einzuigeln, aber auch nicht ins offene Messer zu laufen und sich finanziell zu ruinieren.
Mit Eberhard Reinecke hat die Aktion gegen Arbeitsunrecht in den vergangenen zehn Jahren zahlreiche Prozesse gegen Kanzleien geführt, die kritische Berichterstattung verhindern wollten. Meist sehr erfolgreich.
Was sind Highlights eurer Konferenz?
Wir studieren zwei konkrete Fälle, in denen öffentliche Kritik abgewürgt werden sollte: das Skandal-Klinikum Lippe und das Riesen-Flüchtlingslager des DRK in Berlin-Tegel. Hier herrschen krasse Verhältnisse, die viel über das marode Modell Deutschland aussagen.
Ich selber beleuchte die Methode der Betriebsratsbehinderung mittels gelber Pseudo-Betriebsräte. Ich durfte sie persönlich kennen lernen, als ich in Berlin für den Lieferdienst Flink gefahren bin und versucht habe, dort einen Betriebsrat zu gründen.
Philipp Wissing vom deutschen No-SLAPP-Bündnis berichtet, was sich auf EU-Ebene und in deutschen Ministerien gegen SLAPP tut. Die EU hat im März 2024 eine Richtlinie gegen SLAPP verabschiedet, um zivilgesellschaftliche Akteure und Journalist:innen besser zu schützen.
Mit Falko Blumenthal kommt ein IG-Metall-Haudegen aus München. Falko gründet Betriebsräte in Start-up-Unternehmen und muss sich dort zum Teil gegen massive Widerstände durchsetzen.
Welche Rolle können solche Konferenzen bei der Vernetzung betrieblich Aktiver in Deutschland spielen?
Aufklärung, Recherche und Analyse sind unerlässlich für eine gelungene strategische Konfliktführung. Das ist die Basis. Und die wollen wir hier gezielt verbreitern. Wir wollen Betroffenen die Angst nehmen und Wege aus dem Hamsterrad aufzeigen.
Die wichtigste Erkenntnis ist wohl: Du bist nicht allein. Also: Das, was Dir passiert, hat Methode. Es gibt viele andere in Deutschland, die Ähnliches erlebt haben. Und es gibt auch Leute, die dir mit Rat und Tat zur Seite stehen können, die gegen diese Fertigmacher-Methoden aktiv sind: Anwälte, das No-SLAPP-Bündnis, die Aktion gegen Arbeitsunrecht.
Das Förderlichste bei Konferenzen ist die Möglichkeit der Interaktion: nachfragen, sich kennenlernen, am Rande plaudern. Es ist viel leichter, Solidarität zu üben, wenn man sich kennt und hoffentlich sogar sympathisch findet.
Interview: Flink-Filiale schließt drei Tage vor Betriebsratswahl
Das Gegenmittel gegen SLAPP und Union Busting lautet: Aufklärung, Öffentlichkeit, Vernetzung und Solidarität. Diesen Zweck wollen wir mit der Konferenz erfüllen:
- Aufklärung über kriminelle bzw. aggressive Methoden, kriminogene Milieus und ihre Akteure. Davor haben sie enormen Respekt. Diese Leute agieren lieber im Verborgenen.
- Verstärkte Öffentlichkeit genau für jene Themen, die unterdrückt werden sollen.
- Vernetzung der Betroffenen, Aktiven und Interessierten.
- Solidarität bedeutet gegenseitige Hilfe in ideeller und auch materieller Art und Weise. Know-how, Beistand, Fundraising, Prozessbeobachtung, Proteste …
Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass bösartige Angriffe auf Gewerkschafter:innen und Konzernkritiker:innen zum Bumerang für die Geschäftsführung werden!
Mehr Infos + Anmeldung: ► https://arbeitsunrecht.de/konferenz