Säbelrasseln zwischen dem NATO-Block und Russland: Der neu eröffnete Raketenstützpunkt Redzikowo verfügt über Systeme, die sowohl defensiv als auch offensiv eingesetzt werden können. Gleichzeitig sind weitreichende Rüstungserhöhungen geplant.
Redzikowo liegt im Norden Polens ca. 100km westlich von Danzig und 230km östlich von der russischen Grenze. Es ist Teil eines weitreichenden NATO-Raketenabwehrschirms. Das Projekt wurde ursprünglich 2009 angekündigt, aber hat sich immer wieder verzögert. Es geht zurück auf Pläne von US-Präsident George W. Bush und war ursprünglich zur möglichen Abwehr iranischer Raketen auf Europa gedacht. Nun wird es hauptsächlich gegen Russland verwendet.
Redzikowo verfügt über das Aegis-Ashore-System, das ursprünglich für die Marine konzipiert wurde und für seine Landnutzung angepasst wurde. Es kann Raketen aufspüren und vernichten. Weitere Stützpunkte des Raketenabwehrschirms befinden sich in Rumänien, ebenfalls mit Aegis Ashore ausgestattet, Spanien mit einem Navy-Zerstörer und in der Türkei mit einem Frühwarnsystem.
Rutte und Duda diskutieren NATO-Strategie
NATO-Generalsekretär Mark Rutte und der polnische Präsident Andrzej Duda sprachen nach der Eröffnungszeremonie in Redzikowo auf einer Pressekonferenz in Warschau über die Rolle Polens in der NATO allgemein und im Ukraine-Krieg speziell. Polen ist einer der engsten Verbündeten der USA, so sind etwa 10.000 US-Soldat:innen in Polen stationiert.
Rutte lobte zunächst Polen dafür, einer der engsten Verbündeten der Ukraine zu sein und nahm als Beispiel die eine Million ukrainische Geflüchtete, die Polen aufgenommen hatte, und die vier Milliarden Euro militärischer Hilfe an die Ukraine. Der Generalsekretär würdigte außerdem, dass Polen bereits 4 Prozent seines BIP für Aufrüstung ausgibt und nächstes Jahr auf 4,7 Prozent gehen werde.
Um die Ukraine weiter zu unterstützen, wurde auf dem letzten NATO-Gipfel in Washington eine finanzielle Zusage von 40 Milliarden Dollar gemacht. Zum Stützpunkt Redzikowo meinte Rutte, dass er „unsere Fähigkeit, uns gegen die wachsende Bedrohung durch ballistische Raketen von außerhalb des euro-atlantischen Raums zu verteidigen, erheblich [erweitert]“.
NATO-Gipfel in Washington: Aufrüstung und Kriegsrhetorik in Dauerschleife
Mehr als nur Ukraine-Krieg Thema
Doch auch über Entwicklungen jenseits der Ukraine-Front wurde geredet. Rutte habe das Treffen von Duda mit dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol mit Interesse verfolgt. Ihm zufolge verlasse sich Russland immer mehr auf Peking, Pjöngjang und Teheran, weswegen die NATO im Gegenzug seine „Zusammenarbeit mit (seinen) indo-pazifischen Partnern erhöhen“ müsse – „eingeschlossen Südkorea, Japan, Australien und Neuseeland“.
Rutte erwähnte auch das NATO-Kommando in Wiesbaden, von dem aus Waffenlieferungen und Ausbildung ukrainischer Streitkräfte koordiniert werden. Des Weiteren sprach er über die Verstärkung von Luftstreitkräften der NATO-Mitgliedsstaaten und nahm dabei die Flugübung Ramstein Flag als Beispiel, die in Griechenland im Oktober stattfand.
Unklar, wie sich Trump im Ukraine-Krieg verhalten wird
Rutte wurde zudem über seine Beziehung zum künftigen US-Präsidenten Donald Trump befragt. Auf die Frage, was er von der Wahl des „Florida-Man“ Mike Walz zum nationalen Sicherheitsberater und Pete Hegseth als Verteidigungssekretär halte, meinte Rutte, dass er gute Gespräche mit Donald Trump gehabt habe und dass er die Männer für kompetent halte. Dass Donald Trump Amerika an erster Stelle sieht, bedeute für Rutte, dass er auch die Bedeutung der NATO für die USA anerkennen müsse.
Wie sich Donald Trump als Präsident im Ukraine-Krieg verhalten wird, ist noch unklar: So hatte er oft darüber gesprochen, den Krieg zu beenden, sobald er im Amt sei, und keine weitere Unterstützung für die Ukraine leisten zu wollen. Jedoch spricht die Wahl von Marco Rubio zum designierten neuen US-Außenminister für einen anderen Kurs, da Rubio eher als Neo-Konservativer gilt, der für eine aggressive Außenpolitik in alle Richtungen gilt.
Russland kritisierte erwartungsgemäß die Eröffnung Redzikowos: Kremlsprecher Dmitri Peskow meinte, es stelle „einen Vorstoß der US-Militärinfrastruktur in Europa in Richtung unserer Grenzen dar“. Außerdem sei es „nichts anderes als ein Versuch, unser militärisches Potenzial einzudämmen, und natürlich werden wir geeignete Maßnahmen beschließen, um die Parität zu gewährleisten“. Russland hatte oft gegen das Projekt protestiert, da in den Stützpunkten auch die Möglichkeit bestehe, Marschflugkörper atomar auszustatten.