Die sogenannten „fünf Wirtschaftsweisen” rechnen für Deutschland im Jahr 2025 nur mit einem geringen Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt war 2023 und bislang auch 2024 bereits zurückgegangen. Der deutsche Kapitalismus stagniert seit Jahren. Die Sachverständigen fordern mehr Investitionen in Bildung, Infrastruktur – und Rüstung.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) hat sein Jahresgutachten für 2024 vorgestellt. Demnach werde die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,1 Prozent schrumpfen und im kommenden Jahr nur um 0,4 Prozent wachsen. Die „ fünf Wirtschaftsweisen“, wie das Gremium umgangssprachlich auch genannt wird, haben damit den optimistischeren Prognosen der Bundesregierung klar widersprochen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war im Oktober noch von einem Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,1 Prozent im Jahr 2025 ausgegangen.
Deutscher Kapitalismus stagniert seit Jahren
Der deutsche Kapitalismus dürfte damit ins nächste Jahr der schwankenden Stagnation gehen. In 2023 war das Bruttoinlandsprodukt hierzulande bereits um 0,3 Prozent geschrumpft. Noch aussagekräftiger für die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist jedoch die Industrieproduktion. Diese ist bereits seit Jahren rückläufig und liegt noch immer deutlich unter ihrem letzten Höchstwert von November 2017.
Aktuell schlägt hier besonders die Krise der Automobilindustrie ins Kontor. Deren Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahr um fast 5 Prozent gesunken. Der Absatz des Premiumherstellers BMW ist für das dritte Quartal sogar um 30 Prozent eingebrochen. Ford kündigte erst gestern Kurzarbeit für sein Werk in Köln an. Massive Stellenabbauprogramme in der Branche sind neben der Umstellung auf Elektromobilität eine Folge des gesunkenen Absatzes. Nachdem die Bundesregierung beschlossen hatte, kein zusätzliches Steuergeld mehr für neu zugelassene E-PKW bereitzustellen, ist der Absatz von Elektroautos im zweistelligen Prozentbereich zurückgegangen.
Geopolitisches Umfeld und Regierungskrise
Die Lage des deutschen Kapitalismus dürfte im kommenden Jahr auch durch die erneute Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten beeinflusst werden. Trump war schon in seiner ersten Amtszeit unnachgiebig gegenüber deutschen Firmen aufgetreten und droht auch jetzt wieder mit hohen Zöllen. Nicht hilfreich dürfte sich hier auswirken, dass jetzt auch noch die Ampelkoalition zerbrochen ist, so dass es nach den Neuwahlen im Februar noch bis März oder April dauern könnte, bis eine wirklich handlungsfähige neue Regierung in Deutschland bereitsteht.
Sachverständige fordern Investitionsquoten
Der Sachverständigenrat mahnt vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage mehr Investitionen des Staats an. Ihre Empfehlung reicht sogar so weit, verbindliche Quoten für Mindestinvestitionen ins Gesetz zu schreiben. Hierbei geht es konkret um Rüstung, Bildung und Infrastruktur wie Straßen und Schienen. Der Sachverständigenrat plädiert etwa dafür, dass der Staat auch nach Auslaufen des Sondervermögens für die Bundeswehr im Jahr 2027 weiterhin viel in die Rüstung investiert.
Ökonom:innen und internationale Medien kritisieren daneben schon seit langem, dass die deutschen Regierungen mit Verweis auf die Schuldenbremse die Infrastruktur im Land kaputt gespart haben, anstatt die jahrelange Gelegenheit zu nutzen, als sie sich noch zinsfrei verschulden konnten. Eine der Sachverständigen, die Ökonomin Veronica Grimm, sprach sich jedoch gegen feste Investitionsquoten und stattdessen für eine „Austeritätspolitik”, also eine strenge Sparpolitik, aus: Der Staat solle Ausgaben kürzen, so z.B. im Bereich Soziales, und sich aus Unternehmen zurückziehen.