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Altersarmut – Fast die Hälfte aller Renten in Deutschland unter Existenzminimum

42,1 Prozent aller Altersrenten in Deutschland liegen unter dem sogenannten Existenzminimum von 956 Euro im Monat. Wer ist Schuld daran? Woher kommt die Armut? – Ein Kommentar von Alex Lehmann.

Nach 40 bis 50 Jahren Arbeit nicht genug zum Leben haben, so geht es vielen Rentner:innen in Deutschland. Eine kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten René Springer an die Bundesregierung hat ergeben, dass 42,1 Prozent aller Altersrenten in Deutschland unter dem „Existenzminimum“ liegen. Dieses wurde für 2024 auf 11.472 Euro beziffert – 956 Euro pro Monat.

Besonders betroffen von der Altersarmut sind Migrant:innen: 1,5 Millionen von ihnen beziehen Renten unter dem Existenzminimum, also 73,5 Prozent der migrantischen Rentner:innen. Der „Armutsanteil“ unter deutschen Rentner:innen ist deutlich geringer und liegt bei 38,2 Prozent.

So niedrig waren die Renten für Neurentner:innen im Jahr 2023

Altersarmut durch Migration?

Für den Faschisten René Springer und die AfD ist es scheinbar ein klarer Fall: Die Renten sind zu niedrig, da die Zahl der Migranten zu hoch ist. Da so viel Geld für „Armutsmigration“ ausgegeben wird, bleibt für den deutschen Rentner nichts mehr übrig.

Springer ist seit 2015 AfD-Mitglied und war in den letzten Jahren unter anderem als persönlicher Referent Alexander Gaulands tätig. In Kritik geriet er unter anderem dafür, dass er Jean-Pascal Hohm, den ehemaligen Landesvorsitzenden der Jungen Alternative in Brandenburg, als Mitarbeiter einstellte. Hohm gilt als einer der aktivsten Mitglieder der Identitären Bewegung in Deutschland und wurde nach der Veröffentlichung seiner Verbindungen zur faschistischen Bewegung als Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion in Brandenburg entlassen.

Für René Springer, der selbst gute Verbindungen zum faschistischen Vorfeld der AfD pflegt, kein Problem. 2023 war er unter anderem beim Podcast Lagebesprechung zu Gast. Der Podcast ist ein gemeinsames Projekt des „patriotischen Bürgernetzwerks“ Ein Prozent, des rechten Freilich Magazins, sowie Götz Kubitscheks Verlag Antaios und der Zeitung Sezession, bei der er Chefredakteur ist.

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Dass Altersarmut in Wirklichkeit kaum etwas mit Migration zu tun hat, zeigt zum Beispiel die Statistik zur Armutsgefährdungsquote von Senioren in Deutschland von 2005 bis 2023. Insgesamt stieg die Quote von 11 Prozent im Jahr 2005 auf 18,1 Prozent im Jahr 2023. Eine Steigerung um 7,1 Prozentpunkte.

Bis 2015, für viele Rechte und Faschist:innen das Jahr der „Flüchtlingskatastrophe“, steigt die Armutsgefährdungsquote um 3,6 Prozentpunkte auf 14,6 Prozent. Nach der Logik Springers beginnt hier der wirtschaftliche Abstieg der deutschen Rentner:innen. Da seine „Logik“ allerdings nicht mehr als rassistische Hetze ist, bestätigt sie sich wenig überraschend nicht in der Praxis – die Quote bleibt bis 2018 (14,7 Prozent) stabil.

Woher kommt die Altersarmut wirklich?

Und dann? Wirtschaftskrise, Corona, Ukrainekrieg, Preisexplosionen und Inflation prägen die folgenden Jahre. Die Quote liegt 2023 bei 18,1 Prozent. Eine Steigerung um 3,4 Prozentpunkte in 5 Jahren. Zur Erinnerung: In den 13 Jahren zwischen 2005 und 2018 war es eine Steigerung von 3,7 Prozentpunkte.

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Die rasant wachsende Altersarmut und Renten, von den es sich kaum leben lässt, sind nicht das Ergebnis von Migration oder die Schuld von Arbeitslosen. Sie sind vielmehr ein Symptom des Kapitalismus in der Krise. Durch Inflation und Preisexplosionen lässt sich von der ohnehin schon kleinen Rente noch weniger kaufen. Und am besten fänden es Lindner, Merz, AfD und Co. sowieso, wenn das Rentenalter noch um ein paar Jährchen nach hinten verschoben werden könnte. Schließlich kurbelt das die Wirtschaft an.

Um die Menschen geht es dabei keinem von ihnen, denn ihr oberstes Gebot ist und bleibt der Profit. Und da man sich in den Chefetagen und Parlamenten davor fürchtet, dass die Arbeiter:innen vielleicht auf die Idee kommen könnten, sich dagegen zu wehren, sucht man Sündenböcke.

In einem Punkt aber haben René Springer und Konsorten Recht: Das Geld ist da, aber es wird falsch eingesetzt. Nur fließt es nicht hundertmilliardenfach in die Taschen von Migrant:innen und Arbeitslosen, sondern in die der Bundeswehr, der Aufsichtsräte und Aktionäre.

Alex Lehmann
Alex Lehmann
Perspektive Autor seit 2023. Jugendlicher Arbeiter im Einzelhandel aus Norddeutschland, schreibt gerne Artikel um den deutschen Imperialismus und seine Lügen zu enttarnen. Motto: "Wir sind die Jugend des Hochverrats!"

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