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„Das ist ja selbstverständlich”: Deutsche Waffenlieferungen in die Türkei

Deutschland liefert wieder in größerem Maße Waffen und Rüstungsgüter an die Türkei. Die militärische Unterstützung ist Teil eines umfänglichen Wandels im Umgang mit dem NATO-Partner.

Im laufenden Jahr hat die deutsche Regierung bereits Rüstungsexporte in Höhe von über 230 Millionen Euro an die Türkei genehmigt. Diese Zahlen gehen aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministerium auf eine Anfrage der BSW-Abgeordneten Sevim Dağdelen hervor. Die Bundesregierung ließ somit Worten Taten folgen. Im Oktober hatte Kanzler Scholz von der SPD bei einem Besuch in Istanbul angekündigt, wieder Waffenlieferungen in die Türkei zu schicken: „Die Türkei ist Mitglied der NATO, und deshalb gibt es von uns immer wieder auch Entscheidungen, dass es zu konkreten Lieferungen kommt”. Diese seien, so Scholz, „selbstverständlich”

Wirtschaftsminister Habeck von den Grünen hatte seinerseits bereits Ende September in Aussicht gestellt, die Türkei mit Torpedos, Lenkflugkörpern und Bauteilen für U-Boote in größerem Umfang beliefern zu wollen. Zwar stellt die Summe von 230 Million Euro angesichts der 12,2 Milliarden Euro an deutschen Waffenexporten in die ganze Welt im Jahr 2023 keinen wesentlichen Anteil dar. Die Summe muss aber vor allem angesichts der seit 2016 auf ein Minimum reduzierten Belieferungen an die Türkei trotzdem klar als Kurswechsel der deutschen Regierung in ihrer Haltung gegenüber der Türkei verstanden werden. 2006 hatte die Bundesregierung zuletzt mehr Waffenexporte an die Türkei genehmigt.

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Imperialistischer Deal

Nach dem Einmarsch türkischer Kräfte auf syrisches Staatsgebiet und massiven Angriffen auf die kurdische Freiheitsbewegung in Rojava und der Südtürkei sowie der laut gewordenen Kritik an der repressiven Innenpolitik der Türkei hatte Deutschland die Rüstungslieferungen ab dem Jahr 2016 deutlich zurückgefahren; sie lagen in den letzten Jahren nur im einstelligen Millionenbereich. Der sich nun in den stark gestiegenen Exporten in diesem Jahr manifestierende Wandel darf dabei nicht darüber hinweg täuschen, dass Deutschland, so wie die ganze Europäische Union, seit Jahren darauf setzt, dass die Türkei Fluchtrouten für Millionen von Geflüchteten aus den Kriegsgebieten in Westasien verriegelt und Migrant:innen den Weg in die reichen europäischen Länder versperrt.

Die deutschen Waffenlieferungen stellen dementsprechend – neben anderen EU-Zahlungen in Milliardenhöhe – sicher, dass Migrant:innen aus Deutschland fernbleiben. Dafür nimmt der deutsche Staat nicht nur bereitwillig in Kauf, dass die Türkei ihre Kriege gegen die kurdische Freiheitsbewegung fortführt. Mit einem neuen, ebenfalls im Herbst verabschiedeten Abschiebungsabkommen stützt die deutsche Politik sogar das repressive türkische System und verpflichtet sich, kontinuierlich vor allem kurdische, aus der Türkei geflüchtete Oppositionelle und Revolutionär:innen zurück in die Hände des türkischen Staates abzuschieben.

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