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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Massiver Anstieg von Gewalt gegen LGBTI+

Im Jahr 2023 ist die Zahl an Straftaten gegen LGBTI+-Personen im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent angestiegen. Diese Zunahme hängt mit dem Rechtsruck in Deutschland, aber auch vielen anderen Ländern zusammen.

Laut der neuen Zahlen des Bundesinnenministeriums und Bundeskriminalamts ist die Zahl an Straftaten gegen LGBTI+-Personen im Jahr 2023 auf 1.785 Fälle gestiegen. Im Vorjahr waren es 1.188 – die Zunahme beträgt also fast 50 Prozent. Die Zahl von direkter queerfeindlicher Gewalt hat sich dabei um knapp 36 Prozent erhöht.

Dieser Trend ist nichts Neues, da die Zahlen seit 2015 fast jedes Jahr zunehmen. Einen so großen quantitativen Anstieg gab es jedoch noch nie – Gewalt und Hass-Kriminalität gegen LGBTI+ befinden sich also auf einem Allzeithoch.

Unterdrückung und Gewalt als Alltag

Vieles an Gewalt und Unterdrückung, die LGBTI+-Personen tagtäglich erfahren, zeigt sich jedoch oft viel subtiler als durch Straftaten. Eine neue Studie aus Berlin ergab zum Beispiel, dass LGBTI+-Menschen viel häufiger von Wohnungs- und Obdachlosigkeit betroffen sind. Allein in Berlin seien dies laut der Studie um die 10.000 LGBTI+-Personen.

Ein Grund für die prekäre Lebenslage ist oftmals die Diskriminierung und Ablehnung in der eigenen Familie. Die Studie zeigt auch, dass LGBTI+-Personen weniger Zugang zu staatlichen Hilfsangeboten haben. Zudem soll es in Massenunterkünften oft zu beleidigendem und grenzüberschreitendem Verhalten oder Gewalt kommen – durch andere Bewohner:innen oder auch durch das Personal.

Besonders trans Personen bekommen in Deutschland nur sehr schwer Zugang zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung wie Hormonen oder geschlechtsangleichenden Operationen. Erst dieses Jahr hat das Bundessozialgericht den Zugang dazu durch ein Urteil verschärft. Doch selbst dann, wenn Personen Hormone oder Pubertätsblocker verschrieben bekommen, kann es sein, dass diese gar nicht erhältlich sind: Der Konzern Bayer hat Ende diesen Jahres zum Beispiel die Produktion für Testosteronblockern aufgrund mangelnden Profits eingestellt.

Diese alltäglichen Diskriminierungen führen bei LGBTI+-Personen zu einer hohen psychischen Belastung, welche es ihnen nicht einfacher macht, aus der prekären Lebenslage herauszukommen.

Rechtsruck in Regierung und Gesellschaft

Ursache für diese besorgniserregende Entwicklung ist der seit Jahren sich vollziehende Rechtsruck in der Regierung und der Gesellschaft. Es gibt immer mehr Hass und Hetze gegen LGBTI+-Menschen, die vor allem von der AfD und der faschistischen Bewegung insgesamt befeuert wird. Ein Beispiel dafür waren die Naziaufmärsche gegen mehrere CSDs dieses Jahr oder der Antrag der AfD gegen eine sogenannte „LGBTI+-Propaganda“.

Bundestag stimmt über Selbstbestimmungsgesetz ab

Diese Entwicklung wird jedoch auch von den anderen Parteien mitgetragen: Das hoch gelobte Selbstbestimmungsgesetz der Regierung kann zum Beispiel im Kriegsfall ausgesetzt werden. Die CDU ist bei dem Kampf gegen LGBTI+-Personen auch ganz vorn mit dabei. Zusammen mit der AfD stimmte sie für ein Gender-Verbot an Schulen in Thüringen. Ebenso wollen CDU und CSU das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen, sollten sie an die nächste Regierung kommen.

Zunahme an LGBTI+-Feindlichkeit in ganz Europa

Die Zunahme an Gewalt gegen LGBTI+-Personen ist jedoch nicht nur auf Deutschland beschränkt, sondern ist ein Trend, der sich auch in vielen anderen europäischen Ländern abzeichnet: Im Vereinigten Königreich wurde z.B. der Zugang zu Pubertätsblockern erschwert, in Italien wurde die „Gender-Theorie“ verboten oder in Ungarn das Informieren über die Existenz von LGBTI+-Menschen und ihr Dasein.

LGBTI+ feindliche Gesetze in Europa nehmen zu

Auch in anderen Ländern wie Polen, Bulgarien und der Slowakei wurden in den letzten Jahren einige LGBTI+-feindliche Gesetzte verabschiedet. Erst kürzlich wurde auch in Georgien ein ähnliches Gesetz erlassen, das neben anderer Empörung auch dazu beigetragen hat, dass es in den letzten Wochen zu massiven Protesten kam.

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