Die Regierung des französischen Premierministers Michel Barnier wurde zu Fall gebracht. Zuvor hatte er einen Haushaltsentwurf mit massiven Kürzungen und Steuererhöhungen vorgestellt.
In Frankreich hat die Opposition die erst im Sommer eingesetzte Regierung Michel Barniers durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Auslöser war der neue Haushaltsentwurf des Premierministers für das nächste Jahr 2025, der eine Reihe an Steuererhöhungen und Kürzungen in einer Höhe von fast 60 Milliarden Euro enthielt.
Für ein erfolgreiches Misstrauensvotum in der französischen Nationalversammlung muss mindestens die Hälfte der 577 Abgeordneten sich dafür aussprechen. Das hat die Opposition mit insgesamt 377 Stimmen am Mittwoch erreicht.
Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer gewann die Neue Volksfront (NFP) – ein breites sozialdemokratisches Bündnis – gegen den faschistischen Rassemblement National und das liberale Ensemble-Bündnis von Präsident Macron. Die Regierungsbildung gestaltete sich von Anfang an schwierig, da Koalitionen der großen Parteien in Frankreich eher unüblich sind und keine der Fraktionen eine Mehrheit der Parlamentssitze erringen konnte.
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Während der neue Haushaltsentwurf durch den Sturz der Regierung vorerst auf Eis liegt, setzte die Präsidentin des Regionalrats der im Westen Frankreichs gelegenen Region Pays-de-la-Loire, Christelle Morancais (Les Républicains), massive Kürzungen durch. Betroffen von den Kürzungen sind vor allem die Bereiche Kultur (74 Prozent), Sport (90 Prozent), Gleichstellung (100 Prozent) und Soziales (73 Prozent).
Proteste gegen den Haushaltsentwurf
Gegen die Kürzungen in Pays-de-la-Loire und den Haushaltsentwurf von Barnier sind tausende französische Beamt:innen in den Streik getreten. Gut ein Drittel der Lehrer:innen des Landes war auf der Straße. Der Haushaltsentwurf sah unter anderem vor, die Karenztage im Krankheitsfall von einem auf drei zu erhöhen. Das würde bedeuten, dass Arbeiter:innen, die sich krankmelden, drei Tage lang keinen Lohn erhalten. Darüber hinaus soll die Lohnfortzahlung bei Krankheit um 90 Prozent verringert werden.
Auch in Frankreichs Schulen ist nach dem Selbstmord eines Schülers des Charlemagne-Gymnasiums in Paris eine Protestwelle losgebrochen: An mehreren Schulen rufen Schüler:innen zu Schulstreiks auf und verbarrikadieren die Eingänge ihrer Schule. Sie fordern würdige Unterrichtsbedingungen und einen gleichberechtigten Zugang zu Hochschulen und Universitäten für alle.
Regierungskrisen-Marathon
Auch die deutsche Regierung zerbrach vor etwa einem Monat an den Diskussionen um den Haushaltsentwurf für das Jahr 2025, nachdem der ehemalige Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner wohl Neuwahlen vorschlug und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ihn entließ.
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In Georgien gibt es währenddessen ebenfalls seit Wochen Proteste, die sich mehr und mehr in einen Aufstand auszuweiten scheinen. Schon seit der Wahl im Oktober sind tausende Georgier:innen auf der Straße. Sie werfen der Regierung Wahlbetrug und ein beinahe diktatorisches Vorgehen vor.
Donnerstag letzter Woche kam es zu einem entscheidenden Wendepunkt für die Proteste, als der Premierminister Georgiens, Irakli Kobachidse (Georgischer Traum), bekannt gab, den EU-Beitrittsprozess des Landes bis mindestens 2028 auszusetzen. Mittlerweile sammeln sich jede Nacht Zehntausende auf den Straßen der großen Städte, um zu protestieren.
Immer wieder kommt es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen durch die Polizei, welche die Proteste mit Wasserwerfern und Tränengas angreift. Auch deshalb erscheinen immer mehr Protestierende ausgerüstet mit Gasmasken und Feuerwerk auf der Straße.
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Auch Südkorea befindet sich nach einem versuchten Putsch durch den rechtskonservativen Präsidenten Yoon Suk-yeol in einer Regierungskrise. Der Präsident hatte aufgrund eines Haushaltsstreits mit der Opposition völlig unerwartet das Kriegsrecht ausgerufen. Noch in derselben Nacht demonstrierten Tausende auf den Straßen, und die Nationalversammlung hob das Dekret wieder auf.
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