Während das Geld für Bildung, Soziales und Gesundheit vorgeblich fehlen soll, fordert Wirtschaftsminister Robert Habeck jetzt ein weiteres Sondervermögen für die Bundeswehr. Die Militarisierung in Deutschland schreitet schnellen Schritts voran. Lassen wir solcherlei Kriegstreiberei nicht unbeantwortet! – Ein Kommentar von Jakob Gori.
Sondervermögen, „neuer Wehrdienst”, Musterungsbögen und jetzt ein erneutes Sondervermögen? Die deutsche Politik hat einen alten Freund wiederentdeckt: den Militarismus. Dieser soll nämlich wieder eine größere Rolle spielen und Deutschland zur „alten Stärke“ verhelfen. Jetzt hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Vorschlag für ein zweites Sondervermögen für die Bundeswehr ins Spiel gebracht.
Sondervermögen 2.0 – Wahlkampf und Geostrategie
Die Idee eines Sondervermögens für die Bundeswehr ist keineswegs neu: Bereits 2022 wurden von heute auf morgen 100 Milliarden Euro für die Wiederaufrüstung der Bundeswehr locker gemacht. Dieses Sondervermögen war letzten Endes logische Konsequenz der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen „Zeitenwende” nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Damit wurde auch gleichzeitig eine neue Phase für den deutschen Imperialismus eingeleitet: Der Wiederaufstieg zu einer „militärischen Führungsmacht“.
100 Milliarden Euro war aber vielen Politiker:innen von Anfang an schon zu wenig. So forderte die aktuelle Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), ein Sondervermögen von 300 Milliarden. Ihr schließt sich nun auch Wirtschaftsminister Habeck an. Er fordert ein zweites Sondervermögen für die Bundeswehr. Immerhin würde das alte bereits 2027 auslaufen und die Bundeswehr ist den Herrschenden noch nicht genügend hochgerüstet.
Die Forderung nach einem erneuten Sondervermögen fällt aber nicht einfach aus heiterem Himmel. Der Zusammenbruch der regierenden Ampelkoalition nach der Kündigung des Finanzministers Christian Lindner (FDP) und die anstehenden Neuwahlen im Februar bringen die deutsche Regierung in eine Zwickmühle: BSW und AfD drohen, genügend Wähler:innen bei den kommenden Wahlen hinter sich zu sammeln, um eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag bei zentralen Gesetzesvorschlägen verhindern zu können. Diese wäre aber zum Beispiel zur Verabschiedung eines Sondervermögens für die Bundeswehr notwendig. Habeck befürchtet also, dass sich nach den Wahlen nicht länger die Gelegenheit bietet, mehr Geld in die weitere Kriegsvorbereitung stecken zu können.
Damit reiht sich Habecks Sondervermögen 2.0 in zahlreiche Maßnahmen der letzten Monate ein, um Deutschland wieder „kriegsfähig” zu machen. Damit erhofft sich Habeck natürlich auch die ein oder andere Wähler:innenstimme bei den nächsten Wahlen. Immerhin sollen die Grünen nicht zu viele Stimmen an die CDU verlieren. Dafür beweisen sie sich gerne einmal mehr als Kriegstreiber erster Klasse.
Der deutsche Staat will wieder Krieg führen
Die Krisen des Kapitalismus spitzen sich gerade zu, und die Zeiten, in denen die politischen und ökonomischen Interessenskonflikte der imperialistischen Mächte durch Diplomatie geklärt werden konnten, scheinen sich dem Ende zuzuneigen. Das haben wir mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 oder dem weltweiten Anstieg für militärische Ausgaben gesehen. Deutschland möchte dabei natürlich ordentlich mitmischen können.
Dafür wird an jeder Ecke so gut und viel, wie es nur geht, gespart. Um Krieg zu führen, braucht man aber nicht nur Panzer, Waffen und Flugzeuge, sondern man braucht auch die Menschen, die damit töten und gegebenenfalls auch getötet werden.
Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) hat es in den letzten Monaten zu seinem persönlichen Ziel erklärt, den Mangel an Kanonenfutter für die kommenden Kriege zu beheben: Nach etlichen Debatten über die Wiedereinführung der Wehrpflicht wurde im November der erste Gesetzesentwurf für einen „neuen Wehrdienst“ vorgelegt. Dieser beinhaltet auch die Wiedereinführung von Massenmusterungen „light“ ab dem 18. Lebensjahr. Nächstes Jahr sollen Musterungsbögen an alle Personen „im wehrdienstfähigen Alter“ verschickt werden. Für Männer ist die Antwort auf einen solchen Musterungsbogen in dem Entwurf gar verpflichtend und soll bei Nichtbeantwortung mit einer Geldstrafe im vierstelligen Bereich geahndet werden.
Aufschrei gegen die Kriegstreiberei
Wie schon gesagt:100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr, ein „neuer Wehrdienst“, Musterungsbögen und jetzt ein Sondervermögen 2.0. Diesen neuen Kriegskurs der deutschen Regierung lassen sich aber nicht alle Jugendlichen gefallen. Stattdessen leisten sie Widerstand.
Deshalb tritt die Bundeswehr auch immer öfter in Schulen und auf Jobmessen auf. An Schulen soll dann vermeintlich „neutral“ über die Auslandseinsätze der Bundeswehr „aufgeklärt“ werden, und auf Berufsmessen soll die Jugend mit tollen Ausbildungschancen gelockt werden. Dass die Bundeswehr keineswegs eine Armee ist, welche in erster Linie die „Demokratie“ und „Freiheit“ verteidigt, sondern im Gegenteil vorrangig deutsche Konzerninteressen im Ausland brutal umsetzt, wird dabei aber verschwiegen.
Je dreister Jugendoffiziere jedoch Schulen betreten, desto mutiger gestaltet sich auch der Protest gegen sie. An der Humboldtschule in Leipzig haben sich zum Beispiel einige Schüler:innen gegen einen solchen Bundeswehrbesuch an ihrer Schule zur Wehr gesetzt. In Form eines Die-Ins auf dem Schulhof, Flugblättern und kritischen Nachfragen wurde der Besuch gestört und konnte nicht wie geplant durchgeführt werden. Auch in anderen Städten wie Berlin und Essen wehrten sich Jugendliche zuletzt vermehrt gegen die Präsenz der Bundeswehr in Schulen und Berufsmessen.
Während des Wahlkampfes für die Landtagswahlen im Osten wurde Kriegsminister Pistorius bei einem Besuch in Leipzig von entschlossenem Protest begleitet. Immer wieder wurden außerhalb und innerhalb der Veranstaltung Parolen gerufen, welche die Kriegshetze des SPD-Politikers anprangerten und störten. „So was habe ich noch nicht erlebt“, musste Pistorius danach eingestehen.
Kein Schritt in Richtung Wehrpflicht oder Krieg darf unwidersprochen bleiben! Jeder Schritt – seien es die Einführung eines „freiwilligen“ Wehrdienstmodells, Musterungsbriefe oder ein neues Sondervermögen: sie alle sind ein direkter Vorstoß in Richtung weiterer Militarisierung und Krieg. Diesem müssen wir entschieden und mit aller Kraft entgegentreten – für eine Welt, in der niemand gezwungen wird, für Interessen der Herrschenden zu kämpfen, zu töten oder zu sterben!
Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 93 vom Dezember 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.