`

Zeitung für Solidarität und Widerstand

Sozialarbeiter:innen protestieren vor dem Berliner Abgeordnetenhaus

Tausende Berliner:innen protestierten mit einer Großkundgebung vor dem Berliner Parlament gegen die geplanten Kürzungen. Der Berliner Senat aus SPD und CDU ruderte zurück. Aufgrund des großen Andrangs musste die Versammlungsfläche spontan vergrößert werden.

Am Donnerstag wurden im Abgeordnetenhaus von Berlin die vom Senat vorgelegten Sparpläne im sozialen und kulturellen Bereich beraten. Die Landesregierung des Stadtstaats aus CDU und SPD will insgesamt 3 Milliarden Euro einsparen. Dabei entfallen 70 Millionen auf den Sozialetat und 130 Millionen auf das Kulturbudget.

Gegen die Sparmaßnahmen in Berlin formiert sich Widerstand!

Dagegen regt sich in der Stadtgesellschaft erheblicher Widerstand – und das, obwohl der Senat am Mittwochabend bewusst zurückruderte, indem Zugeständnisse gemacht wurden: Knapp 48 Millionen Euro für die freien Träger werden nun doch wieder in den Haushalt eingestellt.
Das bestätigten CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sowie die SPD-Vorsitzenden Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel gegenüber dem rbb. Die größten Teile der Summe gehen an die Bezirke, in die Bildungs- und die Kulturverwaltung.

Austrocknung des Sozialgefüges droht

Bei der Kundgebung unter der Losung #unkürzbar, die am Donnerstagnachmittag während der Tagung des Berliner Parlaments stattfand, nahmen etwa 5.000 Personen teil. Organisiert wurde die Aktion vom Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege, der LIGA Berlin, dem DGB sowie dem Landesjugendring. In dem Aufruf zur Veranstaltung hieß es unter anderem, dass „eine stille Austrocknung des Berliner Sozialgefüges“ drohe und, dass sich der anfängliche Schock bei den Mitarbeiter:innen in eine riesige Enttäuschung und Unzufriedenheit gewandelt habe.

Dieser Empörung sollte durch diese Aktion Luft gemacht werden. So machte der Geschäftsführer der AWO Berlin, Oliver Bürgel, in seinem Redebeitrag klar, dass die Kürzungen ein „sozialer Kahlschlag auf Raten“ sei. Das Unverständnis über die Kurzsichtigkeit der Kürzungen im sozialen Bereich wurde durch viele Schilder und Plakate mehr als deutlich.

Unter den Teilnehmer:innen waren die Mitarbeiter:innen verschiedener freier sozialer Träger und Gewerkschaften vertreten, z.B. die AWO, Pfefferwerk, Gangway, ver.di, GEW und viele weitere. Auch viele unorganisierte Personen und Unterstützer:innen äußerten ihren Unmut über die Kürzungen.

Organisator:innen von Kampfbereitschaft überfordert

Die Organisator:innen hatten jedoch sowohl die Anzahl als auch die aufgeheizte Stimmung der Berliner:innen unterschätzt: Das äußerte sich zum einen darin, dass die Versammlungsfläche in der Niederkirchner Straße vergrößert werden musste. Zum anderen fand die Losung „Wir zeigen den Kürzungen die rote Karte!“, die immer wieder von den Veranstalter:innen bemüht wurde, kaum Anklang in der Menge. Parolen wie „100 Milliarden für Gesundheit und Soziales!“ wurden lediglich von der Gruppe Betriebskampf angestimmt.

Gegenüber Perspektive-Online äußerten viele, dass sie sich viel klarere Forderungen und eine mehr kämpferische Stimmung gewünscht hätten. Trotzdem würde die große Zahl an Leuten, die gekommen seien, ein positives Zeichen setzen: „Nur mit unserer Präsenz können wir zeigen, was wir von den Kürzungen halten: Nichts!“, gab uns eine Teilnehmerin mit.

Eine andere Protestierende betonte, dass durch die Kürzungen wichtige Angebote für die Personen wegfallen würden, die sie z.B. betreue. Dadurch würden diese noch mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Eine beteiligte Mutter teilte mit uns, dass ihr Kind oft hungrig nach Hause käme, weil das Schulessen so schlecht sei. Außerdem sei die Klassenfahrt dieses Jahr ausgefallen, was eine große Enttäuschung für ihren Sohn gewesen sei. Ihr Sohn und ein Klassenkamerad forderten folgerichtig auf ihren selbstgemachten Plakaten: „Mehr Geld für Klassenfahrten“ und „Mehr Geld für besseres Schulessen“.

Perspektive Online
Perspektive Onlinehttp://www.perspektive-online.net
Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

Mehr lesen

Perspektive Online
direkt auf dein Handy!