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Regierungskrise in Südkorea: Versuchter Suizid des Verteidigungsministers

Die südkoreanische Staatskrise geht in die nächste Runde. Nachdem Präsident Yoon vergangene Woche kurzzeitig das Kriegsrecht verhängt hatte, kämpfen Opposition und Gewerkschaften weiter für seine Amtsenthebung. Jetzt durchsuchte die Polizei sein Büro. Der Verteidigungsminister versuchte derweil, sich umzubringen.

Während Präsident Yoon Suk-yeol sich weiter gegen seine Entmachtung stemmt, will die Opposition am Samstag im Parlament ein weiteres Mal über seine Amtsenthebung abstimmen. Yoons konservative Partei Gungminui-him (People Power, Party PP) hatte einen ersten Anlauf hierzu durch Nichtbeteiligung ihrer Abgeordneten sabotiert. Das Parlament erreichte dadurch am vergangenen Samstag nicht das notwendige Quorum für eine Abstimmung.

Südkoreanischer Präsident verhängt spontan Kriegsrecht: Parlament interveniert

Arbeiter:innenbewegung für Yoons Entmachtung und Verhaftung

Inzwischen sehen sich der Präsident und seine Partei mit einer breiten Bewegung zu dessen sofortiger Amtsenthebung konfrontiert: Bereits vergangenen Mittwoch rief der Gewerkschaftsdachverband KCTU (Korean Confederation of Trade Unions) zu einem unbefristeten Streik gegen Yoon auf. Am Donnerstag will der Verband seine Mitglieder in der Hauptstadt Seoul versammeln, um gegen die PP-Partei zu demonstrieren. Auch weitere Sektoren der Bevölkerung wie etwa Beschäftigte der Bank of Korea beteiligten sich an Protesten.

In einer Erklärung auf der Facebook-Seite der KCTU heißt es: „Eine politische Partei, die sich gegen den Willen des Volkes stellt, hat kein Recht zu existieren. Deshalb werden wir von diesem Moment an unsere Kampagne zur Auflösung der People Power Partei beginnen. (…) Kein Gesetz, keine Maßnahme, keine Worte können Yoons Amoklauf stoppen. Die einzige Lösung besteht darin, ihn schnellstens anzuklagen, ihn zu verhaften und ihn in die vorbereitete Einzelzelle im Eastern Detention Center zu sperren.

Yoon hatte das Kriegsrecht ausgerufen

Die südkoreanische Staatskrise begann am vergangenen Dienstag, als Yoon in einem Streit mit der Opposition über den nächsten Haushalt völlig überraschend das Kriegsrecht verhängte. In einer Fernsehansprache erklärte der Präsident die Nationalversammlung des Landes zu einem „Monster“, das die Demokratie zerstören würde. Die Verhängung des Ausnahmezustands sei notwendig, um die Ordnung im Land vor Staatsfeind:innen im Dienste Nordkoreas zu schützen.

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So dramatisch die Aktion Yoons gegen die Opposition auch war, so kläglich endete sie kurz darauf: Nachdem das Parlament von seinem Vetorecht gegen die Maßnahme Gebrauch gemacht hatte, musste Yoon das Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufheben.

Razzia im Präsidentenpalast, Suizidversuch des Verteidigungsministers

Inzwischen ermittelt die Polizei gegen Yoon und führende Mitglieder des Sicherheitsapparates wegen des Vorwurfs des Aufruhrs und hat unter anderem das Präsidentenbüro durchsucht. Yoon darf zudem das Land nicht verlassen. Verteidigungsminister Kim Yong Hyun ist zurückgetreten und in Haft. Dort unternahm er offenbar einen Selbstmordversuch, den er jedoch überlebte.

Auch der Chef der Nationalpolizei sitzt hinter Gittern. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Yonhap hatte dieser die Polizei am 3. Dezember angewiesen, Abgeordnete am Betreten des Parlaments zu hindern.

Die Führung der PP-Partei hat inzwischen erklärt, nach einem geordneten Weg für den Rücktritt des Präsidenten zu suchen. Ob sie die neuerliche Abstimmung über die Amtsenthebung Yoons wieder boykottieren wird, ist zur Stunde nicht bekannt.

Der Gewerkschaftsverband KCTU erklärte vor diesem Hintergrund, er werde „landesweite Anstrengungen zur Zerschlagung der People Power Partei unternehmen. In den Wahlkreisen werden wir mit den Bürgern zusammenarbeiten, um die Wünsche der Wähler deutlich zu machen. Wir werden dafür sorgen, dass ihre Vertreter genau verstehen, was die Wähler wollen.“

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