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Was bringt die neue Regierung in Frankreich?

Wenige Wochen nach dem Sturz der französischen Regierung unter Premierminister Michel Barnier durch ein Misstrauensvotum hat sich in Frankreich eine neue Regierung formiert. Doch die Probleme bleiben dieselben. – Ein Kommentar von Alex Lehmann.

Lange hatte sie nicht gehalten: Anfang des Monats wurde die erst im Sommer eingesetzte Mitte-rechts-Regierung Michel Barniers durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Auslöser war der neue Haushaltsentwurf des Premierministers für das kommende Jahr, der eine Reihe an Steuererhöhungen und Kürzungen in Höhe von fast 60 Milliarden Euro enthielt.

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Insgesamt 377 der 577 Abgeordneten der französischen Nationalversammlung hatten sich für das Misstrauensvotum ausgesprochen und so die für das Votum nötige Stimmenanzahl locker überschritten. Kein besonders überraschendes Ergebnis, denn keine der großen Fraktionen hat im Parlament eine Mehrheit.

Was ist los in der Nationalversammlung?

Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer gewann die Neue Volksfront (NFP) – ein breites sozialdemokratisches Bündnis – gegen den faschistischen Rassemblement National und das liberale Ensemble-Bündnis von Präsident Macron. Die Regierungsbildung gestaltete sich von Anfang an schwierig, da Koalitionen der großen Parteien in Frankreich eher unüblich sind und keine der großen Parteien mit den jeweils andern beiden zusammenarbeiten will.

Die aktuelle Regierung setzt sich aus dem Ensemble-Bündnis Macrons, der konservativen Partei Les Républicans, der kleineren, aber auch konservativen Horizons-Partei und dem Mouvement démocrate (MoDem). Letztere ist auch die Partei des Nachfolgers von Barnier, Premierminister François Bayrou.

Neben einigen personellen Veränderungen, durch die sich die politische Zusammensetzung der Regierung etwas zugunsten von Präsident Macron wandelt, ändert sich für die französische Regierung aber erst einmal nicht viel. Denn Bayrou steht vor denselben Problemen wie seine Vorgänger: die fehlende Mehrheit im Parlament, die hohe Staatsverschuldung Frankreichs und der immer noch nicht verabschiedete Haushaltsplan für 2025.

Das Problem mit dem Haushalt

Die Oppositionsparteien, sowohl rechts als auch links der Regierung, fordern von Bayrous Regierung unter anderem, dass die umstrittene Rentenreform zumindest teilweise zurückgenommen wird. Im April 2023 hatte Macrons Regierung die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre beschlossen. Zudem gilt der volle Rentenanspruch, unabhängig von der Dauer der Einzahlung, erst ab 67.

Schon nachdem Macron diese Pläne im Januar letzten Jahres ankündigt hatte, riefen Gewerkschaften und andere fortschrittliche Organisationen zu massenhaften Protesten und Streiks auf. Am 7. März beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaft CGT landesweit 3,5 Millionen Menschen an verschiedenen Protesten und Streiks.

Frankreich: Anhaltende Proteste gegen die Rentenreform

Schlussendlich konnte die Reform trotzdem nicht abgewendet werden. Macron erhielt seine Quittung dafür zum Teil bei den vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung, die das breite sozialdemokratische Bündnis NFP gewann. Dabei ist die Rentenreform bei weitem nicht der einzige Angriff, den die Regierung Frankreichs in den letzten Jahren auf die Arbeiter:innenklasse vorgenommen hat.

Zu nennen sind hier beispielsweise die Projekte zur Wasserprivatisierung in Westfrankreich, die massiven Aufrüstungsvorhaben der Regierung, Kürzungspakete im Westen des Landes, aber auch der Mord am 17-jährigen Nahel M., sowie die brutale Niederschlagung der immer wieder aufflammenden spontanen Bewegungen in Land.

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Der größte Angriff steht dabei aber noch aus: der neue Haushaltsplan. Auch wenn der erste Vorschlag mit Kürzungen und Steuererhöhungen im Umfang von 60 Milliarden Euro durch den Sturz der Regierung gescheitert ist, bleibt es weiter abzuwarten, was die Regierung Bayrous bringt.

Diesem muss man zumindest Ehrlichkeit zugestehen. Auf die Forderungen zur Rücknahme der Rentenreform antwortete er: „In welcher Welt leben die eigentlich? Wissen sie nicht, dass Frankreich von den Rating-Agenturen genau beobachtet wird?“ Denn seiner Regierung geht es, wie immer, um niedrige Zinssätze und Profite – nicht um das Wohl Frankreichs.

Alex Lehmann
Alex Lehmann
Perspektive Autor seit 2023. Jugendlicher Arbeiter im Einzelhandel aus Norddeutschland, schreibt gerne Artikel um den deutschen Imperialismus und seine Lügen zu enttarnen. Motto: "Wir sind die Jugend des Hochverrats!"

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