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Zeitung für Solidarität und Widerstand

125 Jahre DFB – 125 Jahre Roter Teppich für das Kapital

Heute feiert der Deutsche Fußball-Bund sein 125-jähriges Bestehen mit einem Festakt. Der Dachverband von rund 24.000 Fußballvereinen in Deutschland steht für die Kommerzialisierung eines Massensports und die Öffnung des Fußballs für die Kapitalisten. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees.

Vor einem Jahr, am 21. März 2024, ging ein kleiner Aufschrei durch Funktionärsriegen und Medien: Der DFB hatte sich entschieden, nach über 70 Jahren Partnerschaft mit dem deutschen Sportausrüster Adidas zum amerikanischen Konkurrenten Nike zu wechseln. Ein DFB ohne Adidas? Das sei skrupellos, das sei hartherzig, das sei ein Zeichen von fehlendem Anstand und Untreue.

Doch tatsächlich ist der Wechsel zu Nike nicht etwa Ausdruck des ganz plötzlich in den Fußball einfallenden Turbo-Kapitalismus. Nein, der deutsche Fußball ist schon seit Jahrzehnten Spekulationsobjekt und Anlagemöglichkeit. Der deutsche Fußball ist Teil des kapitalistischen Systems, in dem er entstanden ist – und der DFB steht seit Jahrzehnten dafür, den Breitensport Fußball für das Kapital zu vermarkten.

Eine Geschichte von Korruption

Der DFB und Adidas – war da nicht mal was? DFB-Vizepräsident Franz Beckenbauer und Adidas-Chef Louis Dreyfuß schmierten gemeinsam im Zuge des Vergabeverfahrens für die WM 2006 FIFA-Funktionäre und ermöglichten so das deutsche Sommermärchen. Vom Sommermärchen profitierte, so wie von vielen Deals und Absprachen, nicht in erster Linie der DFB selbst – der schreibt mittlerweile zwar wieder schwarze Zahlen, wirft aber als Dachverbandsstruktur keine größeren Gewinne ab. Den Gewinn machten andere: vor allem der Bau- und Tourismussektor wird in den Gastgeberländern von Sportgroßveranstaltungen wie einer Fußball-WM massiv angekurbelt. Ideologisch gesehen stellte die WM 2006 außerdem einen Einschnitt dahingehend dar, dass deutscher Nationalstolz wieder „unverkrampft” zur Schau gestellt werden konnte.

Franz Beckenbauer – Kaiser der Fußball-Korruption?!

Der DFB stellt den Herrschenden insgesamt ein mächtiges Instrument zur Verfügung: Zum einen ist der Fußball Business: Mit Stadionbau, Vermarktungsrechten und Sponsoring lassen sich Milliarden verdienen und Investoren finden seit Jahrzehnten immer wieder neue Wege, Profite mit dem Sport zu generieren. Zum anderen ist Fußball auch heute noch eine Organisationsform, mit der Millionen von Menschen bei ihrer Begeisterung für den Sport gepackt und erreicht werden können.

Wie schnell sich der Sport der Politik unterordnet, hat der DFB auch zur Zeit des Nationalsozialismus bewiesen: Die damalige Führung kannte bereitwillig die Auflagen der Faschisten an und versuchte, im Doppelpass mit den Nazis die größten Vorteile für die Vereine herauszuschlagen. Trotzdem wurde der DFB in den 1940ern, nachdem bereits alle Kommunist:innen und Jüd:innen aus den Vereinen entfernt worden waren, von den Nazis komplett verboten.

Kein Platz mehr für selbstorganisierte Fans

Auch in den Auseinandersetzungen mit Fan- und Ultra-Guppen positioniert sich der DFB konsequent auf der Seite des Kapitals: Egal ob Strafen wegen Pyrotechnik oder Fanprotesten – selbstorganisierte Fans, die noch um ihren Sport kämpfen und sich nicht vollständig der Macht des Kapitals hingeben wollen, haben im DFB keinen Verbündeten, sondern einen erbitterten Gegner.

Proteste gegen die Deutsche Fußball Liga (DFL): Ein Sieg, der Hoffnung macht

Zuletzt einigten sich DFB und die DFL beispielsweise darauf, ein bundesweites Register für erteilte Stadionverbote zu erstellen – und öffnen so Tür und Tor für engmaschige Überwachung und mehr Datenweitergabe. Keine Überraschung, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der DFB schon längst und regelmäßig Kollektivstrafen gegen Fan-Gruppierungen verhängt.

In seinen 125 Jahren Existenz hat uns der DFB vor allem eins gezeigt: Sport, genau so wie Kultur allgemein ist kein Ort, der außerhalb des Kapitalismus steht. Wollen wir einen Massensport, in dem tatsächlich das Spiel, der Austausch und der solidarische Wettkampf im Vordergrund stehen, dann geht das nur in einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus.

Mohannad Lamees
Mohannad Lamees
Seit 2022 bei Perspektive Online, Teil der Print-Redaktion. Schwerpunkte sind bürgerliche Doppelmoral sowie Klassenkämpfe in Deutschland und auf der ganzen Welt. Liebt Spaziergänge an der Elbe.

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