In 2024 haben sich die Krisen und Kriege der letzten Jahre verschärft und neue sind hinzu gekommen. Gleichzeitig verstärkt sich in der BRD aber auch der Widerstand dagegen Tag um Tag – und der Staat antwortet zunehmend mit Gewalt, Verfolgung und Inhaftierung.
Inflation, Armut, Aufstieg der faschistischen AfD, Entlassungen bei VW und vielen weiteren Unternehmen, ein Anstieg an patriarchaler Gewalt, die Weiterführung des Kriegs in der Ukraine, des Genozids in Gaza sowie neue Angriffe von faschistischen Milizen auf Rojava. – Damit und mit vielem Bedrohungen wurden die Menschen in Deutschland, wie auch in vielen anderen Ländern der Welt im Jahr 2024 konfrontiert.
Ausgehend von diesen Verhältnissen ist es wenig schockierend, dass 2024 auch ein Jahr des Widerstands war: Der antifaschistische, palästina-solidarische und kurdische Widerstand sind hier besonders hervorzuheben. Mitte des Jahres wurden außerdem an dutzenden Universitäten Palästina-Camps errichtet und Hörsäle besetzt. Zehntausende haben sich in Essen dem AfD-Parteitag in den Weg gestellt und Ende des Jahres wurden das Brandenburger Tor besetzt, sowie Aktionen im EU-Parlament durchgeführt, um für ein freies Syrien zu kämpfen.
Inhaftierung und Verfolgung von Antifaschist:innen
Diesen Widerstand nimmt die deutsche Obrigkeit jedoch nicht einfach so hin: Sie setzt alles daran, diesen zu kriminalisieren und zu zerschlagen. Antifaschist:innen stehen dabei besonders im Fokus der Repressionsbehörden. Ein prominentes Beispiel ist der sogenannte Budapest-Komplex: Im Februar 2023 hatte es eine Massenversammlung von Faschist:innen in der ungarischen Hauptstadt zum „Tag der Ehre“ gegeben. Dabei soll es zu Auseinandersetzungen zwischen militanten Neonazis und den Gegendemonstrant:innen gekommen sein.
Manchen Gegendemonstrant:innen wurden daraufhin die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie Körperverletzung vorgeworfen. Im Zuge dieser Verfahren wurde die antifaschistische Person Maja im September durch sächsische Behörden nach Ungarn ausgeliefert, wo sie jetzt in einem menschenrechtlich äußerst fragwürdigen Knast auf ein juristisch fragwürdiges Verfahren wartet.
Die Antifaschistin Hanna wurde dann im Mai aufgrund ähnlicher Vorwürfe ebenso festgenommen, jedoch bisher noch nicht nach Ungarn ausgeliefert – was jedoch immer noch nicht ausgeschlossen ist. Vielen weitere Antifaschist:innen droht zurzeit die Auslieferung und viele Weitere mussten untertauchen.
In Stuttgart kam es im Spätsommer auch zu einer Inhaftierung des Antifaschisten Nico. Er soll in Stuttgart an den Protesten in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni, der sogenannten „Stuttgarter Krawallnacht“, teilgenommen haben. Der Protest richtete sich hauptsächlich gegen rassistische Polizeigewalt und die Corona-Maßnahmen, die arme Menschen mit kleinen Wohnungen besonders hart trafen. Zusammen mit Vorbestrafungen für die Teilnahme an kurdistan-solidarischen Protesten sowie solchen gegen die Partei Die Rechte wurde Nico im August zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Kriminalisierung des Widerstandes gegen Krieg und Genozid
Auf die große Welle an palästin-asolidarischen Protesten in 2024 reagierte die Polizei mit enormer Gewalt: Schon am zweiten Januar-Wochenende des Jahres wurde der Palästina-Block auf der jährlich in Berlin stattfindenden Lenin-Liebknecht-Luxemburg (LLL)-Demonstration von der Polizei angegriffen. Dabei wurden 16 Personen festgenommen und 15 landeten wegen schwerer Verletzungen durch die Knüppel der Polizei im Krankenhaus.
Im April wurde dann versucht, einen Palästina-Kongress in Berlin abzuhalten, der nach kurzer Zeit von der Polizei geräumt und verboten wurde. In Berlin und Leipzig haben die Universitäten die Polizei gerufen wegen palästina-solidarischer Aktivist:innen, die Hörsäle besetzten – die Anzeigen der Unileitungen folgten auf den Fuß. In Augsburg kam es dann im September zu Hausdurchsuchungen aufgrund von laminierten Ausdrucken, die den Widerstand gegen die koloniale Besatzung Israels als legitim einstuften.
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Auch der Widerstand der Kurd:innen und die Solidarisierung mit ihnen wird in Deutschland rigide verfolgt: Am deutlichsten zeigt sich dies an dem fortdauernden Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Diese gilt seit 2010 als terroristische Vereinigung – trotz ihres konsequenten Kampfes gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) und für die Demokratie und Selbstverwaltung in Kurdistan.
Als Resultat des Verbots werden immer wieder Aktivist:innen festgenommen und verfolgt, weil sie sich in irgendeiner Weise für die Partei oder gegen das Verbot aussprechen. Derzeit befinden sich elf Aktivist:innen in deutscher Haft aufgrund des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der PKK.
Ausbau der Repressionsapparate
Die zu Anfang erwähnten Krisen und Kriege, die diese Widerstände hervorrufen, werden sich in den kommenden Jahren noch weiter zuspitzen. Und der deutsche Staat setzt jetzt alles daran, die Befugnisse und Mittel der Repressionsbehörden noch weiter auszubauen. An vorderster Stelle stehen dabei der erweiterte Einsatz von Überwachung und von KI-Gesichtserkennungssoftware. Ende 2024 wurde dazu in Hessen bereits ein neues Polizeigesetz beschlossen, das den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Videoüberwachung beinhaltet.
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Auch wurde Ende des Jahres ein neues Gesetz zur Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts verabschiedet. Teile davon, wie z.B. die Bespitzelung von Kontaktpersonen, hat das Bundesverfassungsgericht jedoch als verfassungswidrig erklärt. Dennoch gewährt das Gesetz nun die einfachere Durchführung von Hausdurchsuchungen und das Nutzen des Internets zum Abgleich biometrischer Daten. Als Begründung dieser inneren Aufrüstung werden immer wieder die Anschläge in Mannheim, Magdeburg und Solingen angeführt.
An Silvester „Knastmauern und Grenzen sprengen“
Zum Jahresende ist es in vielen Städten in den letzten Jahren Tradition geworden, vor die Gefängnisse und Justizvollzugsanstalten zu ziehen und die Freiheit aller politischen und sozialen Gefangenen zu fordern. Mit dieser Forderung sind in mehreren Städten erneut Hunderte auf die Straße gegangen, zum Beispiel in Heimsheim, Stammheim, Leipzig, Kiel und Freiburg.
Dabei wurde jedoch nicht nur die Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert. Gleichzeitig wird auch in Redebeiträgen darauf aufmerksam gemacht, dass die häufigsten kriminellen Handlungen aus einer materiellen Notlage heraus entstehen, die systemische Ursachen hat und sich nicht mit einer Inhaftierung beseitigen lässt. So wollen beispielsweise Aktivist:innen in Freiburg durch die Solidaritätsbekundungen „Knastmauern und Grenzen sprengen“.