Der Bundesparteitag der AfD in Riesa am vergangenem Wochenende war vor allem durch weitgehendes Ausbleiben von Konflikten geprägt. Die Partei versammelt sich als geschlossener Block hinter Alice Weidel und bereitet sich auf den Wahlkampf vor. – Eine Einschätzung von Felix Zinke.
Der Bundesparteitag der AfD am vergangen Wochenende im sächsischen Riesa war die Einstimmung der Partei auf den Wahlkampf: Bezeichnend für diesen Parteitag war deshalb seine vergleichsweise hohe Konfliktfreiheit. Während es in der Vergangenheit regelmäßig zu Flügelkämpfen zwischen dem libertär-konservativen Flügel der Partei mit dem offen faschistischen kam, sind solche dieses Jahr ausgeblieben.
Widersetzen – Antifaschist:innen verzögern AfD-Parteitag enorm
Junge Alternative wird aufgelöst
Der einzige große Streitgegenstand auf diesem Parteitag betraf die „Auflösung“ der Jugendorganisation Junge Alternative, kurz JA. Da es sich bei ihr jedoch um einen parteiunabhängigen Verein handelt, kann sie nicht vom Bundesparteitag aufgelöst werden. Stattdessen wurde nun die Gründung einer neuen Jugendorganisation innerhalb der Partei beschlossen. Dies ist nach verschiedensten Einschätzungen ein geigneteres Mittel, um die Jugendorganisation besser unter Kontrolle zu bringen.
Zum einen lassen sich somit Disziplinarverfahren anwenden, wenn die jungen Faschist:innen zu früh und zu offen faschistisch auftreten. Zum anderen sorgt das für eine besseren Aufbaug künftiger Kader:innen der Partei. Dies wird auch durch die Aussage von dem Co-Vorsitzendem Tino Chrupalla bestätigt: „Ich denke, dass nach fast zwölf Jahren Partei auch eine Jugendorganisation am Start sein sollte, die professioneller agiert“. Des weiteren lässt sich auf diese Weise auch ein drohendes Verbot der JA abwenden, wenn die neue Jugendorganisation unter dem Schutz der Partei steht.
Neustrukturierung der Jungen Alternative – Regierungsvorbereitungen der AfD
„Remigration“ Teil des offiziellen Programms
Eine weitere Änderung – die sicherlich als Punktgewinn für den offen faschistischen Flügel um Höcke verstanden werden kann – ist die offene Forderung nach „Remigration“ in Form der Aufnahme des Begriffs in das Wahlprogramm der AfD. Als dieses Konzept, das innerhalb der Neuen Rechten schon lange Bestand hatte, durch die Correctiv–Recherche in der Breite öffentlich wurde, fanden noch massenhafte Proteste gegen die AfD im ganzem Land statt. Ein Jahr später hat sich der mediale Diskurs mittlerweile so weit nach rechts verschoben, dass es die neue Kanzlerkandidatin der AfD, Alice Weidel, in ihrer Rede offen einfordern kann. Mit der Remigration als Konzept der Neuen Rechten ist die millionenfache Abschiebung von Migrant:innen mit allen erdenklichen Mitteln über einen lang angelegten Zeitraum gemeint.
Musk und die AfD – eine Hand beschmutzt die andere
In den vergangen Monaten und Wochen konnte vor allem beobachtet werden, wie Multimilliardär Elon Musk sich erst in das Kabinett von Donald Trump einkaufte und jetzt auch in Europa die faschistischen Kräfte mit seinem Geld und Einfluss unterstützt – darunter eben auch die AfD.
Erst wenige Tage vor dem Parteitag haben sich Musk und Weidel auf X (vormals Twitter) einige Stunden unterhalten, um damit der AfD eine noch größere Bühne zu verschaffen, auf der sie ihre faschistischen und neoliberalen Ideen verbreiten kann. Ebenso wurde auf X der Bundesparteitag der AfD von Musk live gestreamt.
Auch wenn sich der reichste Mann der Welt durch diese Unterstützung von Seiten der AfD natürlich bessere Bedingungen für sich in einer möglichen Regierungsbeteiligung erhofft, heißt dies nicht, dass sich die AfD auf einmal dem Pro-NATO-Kurs der meisten anderen bürgerlichen Parteien angepasst hätte. Im Gegenteil bleibt es dabei, dass die AfD eine Eigenständigkeit des deutschen Imperialismus fordert, unabhängig von den Blöcken in Ost und West, und eine Kooperation mit allen und jedem schließt, der ihrer Meinung nach eine Stärkung des deutschen Imperialismus verspricht.
AfD-Parteitag: wie ist die Geostrategie der Faschist:innen zu verstehen?
Die Einigkeit steht über allem
Wie schon gesagt war dieser Bundesparteitag vergleichsweise konfliktarm. Dies spiegelt jedoch weniger eine Auflösung oder gar Abwesenheit von Widersprüchen wider, welche die Partei und die faschistische Bewegung in sich tragen, sondern eher ihre Unterordnung unter ein politisches Ziel – und dieses Ziel ist der Wahlerfolg bei den kommenden Bundestagswahlen. Um diese „Einheit” noch zu bekräftigen, wurde Alice Weidel per „Akklamation“ zur Kanzlerkandidatin gewählt. Das bedeutet, dass jede Person, die sich gegen die einzige zur Verfügung stehende Kandidatin ausspricht, aufstehen muss. Da dies für jede:n einzelne:n Delegierte:n einem politischem Selbstmord gleichgekommen wäre, wurde Weidel so mit 100% der Stimmen zur Kanzlerkandidatin gekürt.
Es kann jedoch erwartet werden, dass die unterdrückten Widersprüche innerhalb der Partei nach den Wahlen wieder aufbrechen und sich die Flügelkämpfe fortsetzen werden. Hierbei dürften die verbliebenen Kräfte, die eine außenpolitische Anbindung an die USA verfolgen, nach der Unterstützung durch Musk und die Wahl Donald Trumps wieder Aufwind bekommen. Bisher brüsten sich AfD-Intellektuelle und -Politiker:innen noch damit, als „einzige europäische Rechtspartei“ nicht diesen Weg der „Melonisierung“ gegangen zu sein.